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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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kennen lehren. Wo sie in grosser Zahl vorhanden sind, können
sie allein genügen, die chronologischen Grundlagen, die Sonderung
verschiedener Richtungen und Schulen festzustellen. Bei der grie-
chischen Kunst ist dies leider nur selten und in geringem Umfange
der Fall. Um so mehr sind wir darauf angewiesen, bei den Schrift-
stellern der Alten uns Rath zu erholen, indem dieselben theils aus-
drücklich zum Zwecke einer umfangsreicheren Betrachtung der
Denkmäler Nachrichten über die Kunst zusammengestellt, theils
ihrer beiläufig Erwähnung gethan haben. Zur Angabe des
Thatsächlichen gesellen sich aber bei ihnen häufig noch Ur-
theile oder Winke über den Werth, das Verdienst der Künst-
ler, über die Geschichte der inneren Entwickelung der Kunst.
Wo uns nun die Anschauung von Originalwerken fehlt, da
werden diese Urtheile die Hauptquelle unserer Erkenntniss,
und selbst, wenn Copien der Originale vorhanden sind, kön-
nen sie sich häufig mit diesen an Bedeutung messen.

Die Geschichtschreibung der griechischen Kunst muss
durch diese Doppelartigkeit ihrer Quellen in ihrer Methode we-
sentlich bedingt werden. In ihrer Vollendung wird sie aller-
dings Beides, Denkmäler und schriftliche Ueberlieferung, in
ganz gleicher Weise in Betracht ziehen. Vorher aber ist es
ihre Pflicht, auf jedem der beiden Gebiete einzeln die That-
sachen so weit festzustellen, als es nach der Natur des vor-
handenen Materials möglich ist. Erst dann kann ohne Gefahr
der Verwirrung die eine durch die andere erklärt, näher be-
stimmt, richtiger gewürdigt und schliesslich zu einer höhern
Einheit verarbeitet werden.

Dass das tiefere und feinere Verständniss der Kunst und
ihrer Geschichte uns vorzugsweise durch die Betrachtung der
Denkmäler selbst erschlossen wird, ist bereits anerkannt wor-
den. Aber gerade darum erscheint es vortheilhafter, mit der
Erforschung des an sich Geringeren, den schriftlichen Nach-
richten über die Künstler und ihre Werke, zu beginnen, und
vor der Geschichte der Kunst eine Geschichte der Künstler
aus diesen Quellen zu schreiben. Eine blosse Zusammenstel-
lung des Materials jedoch darf selbst bei der besten Anord-
nung und kritischen Sichtung des Einzelnen auf den Namen
einer Geschichte noch keinen Anspruch machen. Eben so we-

kennen lehren. Wo sie in grosser Zahl vorhanden sind, können
sie allein genügen, die chronologischen Grundlagen, die Sonderung
verschiedener Richtungen und Schulen festzustellen. Bei der grie-
chischen Kunst ist dies leider nur selten und in geringem Umfange
der Fall. Um so mehr sind wir darauf angewiesen, bei den Schrift-
stellern der Alten uns Rath zu erholen, indem dieselben theils aus-
drücklich zum Zwecke einer umfangsreicheren Betrachtung der
Denkmäler Nachrichten über die Kunst zusammengestellt, theils
ihrer beiläufig Erwähnung gethan haben. Zur Angabe des
Thatsächlichen gesellen sich aber bei ihnen häufig noch Ur-
theile oder Winke über den Werth, das Verdienst der Künst-
ler, über die Geschichte der inneren Entwickelung der Kunst.
Wo uns nun die Anschauung von Originalwerken fehlt, da
werden diese Urtheile die Hauptquelle unserer Erkenntniss,
und selbst, wenn Copien der Originale vorhanden sind, kön-
nen sie sich häufig mit diesen an Bedeutung messen.

Die Geschichtschreibung der griechischen Kunst muss
durch diese Doppelartigkeit ihrer Quellen in ihrer Methode we-
sentlich bedingt werden. In ihrer Vollendung wird sie aller-
dings Beides, Denkmäler und schriftliche Ueberlieferung, in
ganz gleicher Weise in Betracht ziehen. Vorher aber ist es
ihre Pflicht, auf jedem der beiden Gebiete einzeln die That-
sachen so weit festzustellen, als es nach der Natur des vor-
handenen Materials möglich ist. Erst dann kann ohne Gefahr
der Verwirrung die eine durch die andere erklärt, näher be-
stimmt, richtiger gewürdigt und schliesslich zu einer höhern
Einheit verarbeitet werden.

Dass das tiefere und feinere Verständniss der Kunst und
ihrer Geschichte uns vorzugsweise durch die Betrachtung der
Denkmäler selbst erschlossen wird, ist bereits anerkannt wor-
den. Aber gerade darum erscheint es vortheilhafter, mit der
Erforschung des an sich Geringeren, den schriftlichen Nach-
richten über die Künstler und ihre Werke, zu beginnen, und
vor der Geschichte der Kunst eine Geschichte der Künstler
aus diesen Quellen zu schreiben. Eine blosse Zusammenstel-
lung des Materials jedoch darf selbst bei der besten Anord-
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einer Geschichte noch keinen Anspruch machen. Eben so we-

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[2/0015] kennen lehren. Wo sie in grosser Zahl vorhanden sind, können sie allein genügen, die chronologischen Grundlagen, die Sonderung verschiedener Richtungen und Schulen festzustellen. Bei der grie- chischen Kunst ist dies leider nur selten und in geringem Umfange der Fall. Um so mehr sind wir darauf angewiesen, bei den Schrift- stellern der Alten uns Rath zu erholen, indem dieselben theils aus- drücklich zum Zwecke einer umfangsreicheren Betrachtung der Denkmäler Nachrichten über die Kunst zusammengestellt, theils ihrer beiläufig Erwähnung gethan haben. Zur Angabe des Thatsächlichen gesellen sich aber bei ihnen häufig noch Ur- theile oder Winke über den Werth, das Verdienst der Künst- ler, über die Geschichte der inneren Entwickelung der Kunst. Wo uns nun die Anschauung von Originalwerken fehlt, da werden diese Urtheile die Hauptquelle unserer Erkenntniss, und selbst, wenn Copien der Originale vorhanden sind, kön- nen sie sich häufig mit diesen an Bedeutung messen. Die Geschichtschreibung der griechischen Kunst muss durch diese Doppelartigkeit ihrer Quellen in ihrer Methode we- sentlich bedingt werden. In ihrer Vollendung wird sie aller- dings Beides, Denkmäler und schriftliche Ueberlieferung, in ganz gleicher Weise in Betracht ziehen. Vorher aber ist es ihre Pflicht, auf jedem der beiden Gebiete einzeln die That- sachen so weit festzustellen, als es nach der Natur des vor- handenen Materials möglich ist. Erst dann kann ohne Gefahr der Verwirrung die eine durch die andere erklärt, näher be- stimmt, richtiger gewürdigt und schliesslich zu einer höhern Einheit verarbeitet werden. Dass das tiefere und feinere Verständniss der Kunst und ihrer Geschichte uns vorzugsweise durch die Betrachtung der Denkmäler selbst erschlossen wird, ist bereits anerkannt wor- den. Aber gerade darum erscheint es vortheilhafter, mit der Erforschung des an sich Geringeren, den schriftlichen Nach- richten über die Künstler und ihre Werke, zu beginnen, und vor der Geschichte der Kunst eine Geschichte der Künstler aus diesen Quellen zu schreiben. Eine blosse Zusammenstel- lung des Materials jedoch darf selbst bei der besten Anord- nung und kritischen Sichtung des Einzelnen auf den Namen einer Geschichte noch keinen Anspruch machen. Eben so we-

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/15>, abgerufen am 24.11.2024.