Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 7. 6. Aufl. Leipzig, 1913.
Wich Oskar von Gogh und der KatharinaTherese Wichers, wurde am 8. Mai 1855 in Hamburg geboren und im Hamburger Pestalozzi-Stift erzogen. Seine Kindheit war eine ziemlich freudlose. Um seinen Drang, die Welt kennen zu lernen, befriedigen zu kön- nen, wurde er Seemann, bis ihn ein unglücklicher Sturz aus beträchtlicher Höhe diesem Berufe entzog und er sich nach seiner Genesung der Bühne zu- wandte. Hierbei hatte er auf seinen Jrrfahrten die beste Gelegenheit, die Menschen u. ihre Verhältnisse kennen zu lernen, und, die Unhaltbarkeit der heutigen Zustände einsehend, wurde er bald sozialer Führer des Volkes. Von Hamburg, wo er zuletzt mehrere Jahre geweilt, begab er sich 1890 nach Zürich, wo er die "Züricher Stadt- zeitung" redigierte. Aus Anlaß einer politischen Rede, in welcher er die schamlosen Zustände der armen Kin- der in den Schwefelgruben Siziliens schilderte, und welche leider zu Aus- schreitungen vor dem italienischen Konsulat in Zürich führte, wurde er auf Drängen der italienischen Regie- rung im Febr. 1894 aus der Schweiz ausgewiesen. Er ging zuerst nach Paris, dann nach London, wo er achtzehn Monate weilte, von hier nach Neuyork, Chicago und endlich nach Neuorleans, wo er seit 1899 in der Redaktion der "Neuorleans Deutschen Zeitung" tätig war. Bei dem großen Erdbeben in Kalifornien fand er mit seiner Tochter in Oakland am 18. April 1906 den Tod. S: Die beiden Wich dichte für christliche Juden u. jüdischeChristen, 1893. *Wichert, Ernst Alexander Au- gust George, wurde am 11. März 1831 S: Unser * 27*
Wich Oskar von Gogh und der KatharinaThereſe Wichers, wurde am 8. Mai 1855 in Hamburg geboren und im Hamburger Peſtalozzi-Stift erzogen. Seine Kindheit war eine ziemlich freudloſe. Um ſeinen Drang, die Welt kennen zu lernen, befriedigen zu kön- nen, wurde er Seemann, bis ihn ein unglücklicher Sturz aus beträchtlicher Höhe dieſem Berufe entzog und er ſich nach ſeiner Geneſung der Bühne zu- wandte. Hierbei hatte er auf ſeinen Jrrfahrten die beſte Gelegenheit, die Menſchen u. ihre Verhältniſſe kennen zu lernen, und, die Unhaltbarkeit der heutigen Zuſtände einſehend, wurde er bald ſozialer Führer des Volkes. Von Hamburg, wo er zuletzt mehrere Jahre geweilt, begab er ſich 1890 nach Zürich, wo er die „Züricher Stadt- zeitung“ redigierte. Aus Anlaß einer politiſchen Rede, in welcher er die ſchamloſen Zuſtände der armen Kin- der in den Schwefelgruben Siziliens ſchilderte, und welche leider zu Aus- ſchreitungen vor dem italieniſchen Konſulat in Zürich führte, wurde er auf Drängen der italieniſchen Regie- rung im Febr. 1894 aus der Schweiz ausgewieſen. Er ging zuerſt nach Paris, dann nach London, wo er achtzehn Monate weilte, von hier nach Neuyork, Chicago und endlich nach Neuorleans, wo er ſeit 1899 in der Redaktion der „Neuorleans Deutſchen Zeitung“ tätig war. Bei dem großen Erdbeben in Kalifornien fand er mit ſeiner Tochter in Oakland am 18. April 1906 den Tod. S: Die beiden Wich dichte für chriſtliche Juden u. jüdiſcheChriſten, 1893. *Wichert, Ernſt Alexander Au- guſt George, wurde am 11. März 1831 S: Unſer * 27*
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Wich
Wich
Oskar von Gogh und der Katharina
Thereſe Wichers, wurde am 8. Mai
1855 in Hamburg geboren und im
Hamburger Peſtalozzi-Stift erzogen.
Seine Kindheit war eine ziemlich
freudloſe. Um ſeinen Drang, die Welt
kennen zu lernen, befriedigen zu kön-
nen, wurde er Seemann, bis ihn ein
unglücklicher Sturz aus beträchtlicher
Höhe dieſem Berufe entzog und er ſich
nach ſeiner Geneſung der Bühne zu-
wandte. Hierbei hatte er auf ſeinen
Jrrfahrten die beſte Gelegenheit, die
Menſchen u. ihre Verhältniſſe kennen
zu lernen, und, die Unhaltbarkeit der
heutigen Zuſtände einſehend, wurde
er bald ſozialer Führer des Volkes.
Von Hamburg, wo er zuletzt mehrere
Jahre geweilt, begab er ſich 1890 nach
Zürich, wo er die „Züricher Stadt-
zeitung“ redigierte. Aus Anlaß einer
politiſchen Rede, in welcher er die
ſchamloſen Zuſtände der armen Kin-
der in den Schwefelgruben Siziliens
ſchilderte, und welche leider zu Aus-
ſchreitungen vor dem italieniſchen
Konſulat in Zürich führte, wurde er
auf Drängen der italieniſchen Regie-
rung im Febr. 1894 aus der Schweiz
ausgewieſen. Er ging zuerſt nach
Paris, dann nach London, wo er
achtzehn Monate weilte, von hier nach
Neuyork, Chicago und endlich nach
Neuorleans, wo er ſeit 1899 in der
Redaktion der „Neuorleans Deutſchen
Zeitung“ tätig war. Bei dem großen
Erdbeben in Kalifornien fand er mit
ſeiner Tochter in Oakland am 18.
April 1906 den Tod.
S: Die beiden
Alexander (Schſp.), 1887. – Sieger
und Beſiegte (Schſp.), 1887. – Mein
Zürich (Volksſt.), 1887. – Zwiſchen
zwei Welten (Schſp.), 1888. – Ver-
loren und gewonnen (Schſp.), 1889.
– Bruderliebe (Schſp.), 1889. – Der
Renegat (Schauſp.), 1891. – Flügel-
ſchläge des neuen Jahrhunderts (Ge.),
1891. – Krieg dem Kriege (Dram. Zu-
kunftsbild), 1893. – Das Elend der
deutſchen Schauſpieler, 1893. – Ge-
dichte für chriſtliche Juden u. jüdiſche
Chriſten, 1893.
*Wichert, Ernſt Alexander Au-
guſt George, wurde am 11. März 1831
zu Jnſterburg in Oſtpreußen geboren,
wo ſein Vater vorübergehend als
Aſſeſſor beim Oberlandesgericht fun-
gierte. Seinen erſten Unterricht er-
hielt er in Königsberg und auf der
Realſchule zu Pillau, beſuchte dann
das Gymnaſium in Königsberg und
ſtudierte von 1850–53 auf der dorti-
gen Univerſität zuerſt Geſchichte, dann
die Rechte. Nachdem er 1858 in Berlin
das Staatsexamen abſolviert hatte,
erhielt er 1860 ſeine erſte Anſtellung
als Kreisrichter in dem drei Meilen
von Memel entfernten, nahe der ruſ-
ſiſchen Grenze belegenen litauiſchen
Marktflecken Prökuls, von wo er 1863
an das Stadtgericht zu Königsberg
verſetzt wurde. Hier ward er ſpäter
zum Stadtgerichtsrat, 1877 zum Rat
des oſtpreußiſchen Obertribunals be-
fördert und bei der Juſtizreorgani-
ſation zum Oberlandesgerichtsrat er-
nannt (1879). Jm Jahre 1887 wurde
er als Rat beim Kammergericht nach
Berlin verſetzt. Am 1. April 1896 trat
er mit dem Titel eines Geh. Juſtiz-
rats in den Ruheſtand und widmete
ſeitdem ſeine Muße literariſcher Be-
ſchäftigung. Die Univerſität Königs-
bergs ernannte ihn 1901 zum Ehren-
doktor der Rechte. Am 21. Januar
1902 ſtarb er in Berlin. W. gab mit
Rud. Reicke die „Altpreußiſche Mo-
natsſchrift“ heraus und war auch
Mitbegründer der deutſchen Genoſſen-
ſchaft dramatiſcher Autoren u. Kom-
poniſten zu Leipzig und Vorſtand des
Vereins „Berliner Preſſe“.
S: Unſer
General York (Vaterl. Schſp.), 1858.
– Hinterm Rücken (Lſp.), 1859. – Der
Withing v. Samland (Tr.), 1860. –
Licht und Schatten (Schſp.), 1861. –
Aus anſtändiger Familie (E.); II,
1866. – Jhr Taufſchein (Lſp.), 1867.
– Ein häßlicher Menſch (R.); II, 1868.
– Kleine Romane; III, 1871 [Jnhalt:
* 27*
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