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Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 5. 6. Aufl. Leipzig, 1913.

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Nie
reichten, trotz sichtlicher Begabung
mit 14 Jahren seinen Bildungsgang
abbrechen. Sein Lehrer im Deutschen
wertete aber des Knaben Talent hoch
genug, ihm auch später noch mit sei-
nem Rat beizustehen. Jn der Schule
hatte N. das Vorrecht, Aufsatzstoffe
in Versen behandeln zu dürfen. Seine
Begabung für die Form war aber
nicht auf die Sprache beschränkt, sie
zeigte sich auch auf dem Gebiet der
Kunst. Da aber an den Besuch einer
Malerakademie nicht zu denken war,
so wandte er sich dem Holzschnitt zu,
arbeitete in Leipzig, Berlin, Paris,
St. Petersburg, bis ihm 1869 das
Mechanische seines Berufes zuwider
wurde. Das Dichten hatte er in all
der Zeit nie ausgesetzt, u. nun wollte
er Schriftsteller werden. Gottfried
Kinkels Rat bewahrte ihn vor solchem
Broterwerb. So ging denn N. zur
Malerei über, und wenn er auch hier-
bei durch Geschrei und Streit der
neuen, gewaltsam auftretenden Stre-
bungen vielfach gehemmt wurde, so
fand er doch in seiner schriftstelleri-
schen Tätigkeit wieder einen schönen
Ausgleich. Seine Doppeltätigkeit
hatte ihm bald gezeigt, daß Leben u.
Empfinden des Künstlers, besonders
des Malers, selten in Erzählungen
mit genügender Kenntnis dessen, was
man heute "Milieu" nennt, verbun-
den und geschildert werden. Daher
schuf er eine Reihe von Künstler-
novellen, worin viele eine Nachah-
mung K. F. Meyers erkennen wollen,
obwohl N. genug des Eigenen zu bie-
ten hat. Er lebt seit 1877 als Maler
und Dichter in München.

S:

Künst-
lernovellen; III [Jnhalt: I. Dione
Peutinger, die Ärztin von Jngolstadt
(Eine Hexengesch. a. d. Schwedenzeit),
1897. - II. Der Marienmaler (N. a.
d. 16. Jahrhundert), 1902. - III. Um
den Druidenbrunn, 1905]. - Renward
Schönau (N.), 1905.

Niedermann, Wilhelm
Fürchtegott,

älterer Bruder des Vo-
[Spaltenumbruch]

Nie
rigen, wurde 1841 in Zürich geboren
und studierte Theologie. Jn Basel
entsagte er diesem Studium, da er
der Orthodoxie nicht folgen zu kön-
nen vermeinte, gab überhaupt das
Studium auf und wurde Schauspie-
ler. Obwohl er zwanzig Jahre in
diesem Berufe tätig war und respek-
table Erfolge aufweisen konnte, fand
er doch keine rechte Befriedigung
darin; er verließ also die Bühne und
wurde Journalist. Als Berichterstat-
ter für auswärtige Blätter erfreute
er sich wegen seiner feinen Beobach-
tungsgabe und angeborenen Wahr-
heitsliebe eines entschiedenen An-
sehens. Er gründete in Zürich ein
publizistisches Organ für die Welt
der Geschäftsreisenden, den "Mer-
kur", den er bis Ende 1905 leitete.
Er ist auch der geistige Vater und
eifrigste Förderer der Gratis-Volks-
konzerte der Züricher Pestalozzi-Ge-
sellschaft gewesen. Er widmete ihnen
nicht nur als Organisator, sondern
auch als ausübender Künstler seine
besten Kräfte. Er starb am 26. Jan.
1906.

S:

Züritüütsch (Dramat. Le-
bensbild in Züricher Mdt.), 1902. -
Vereins- und Haustheater (Einaktige
Lsp., liecht ufz'führe i Vereine u. Fa-
milie), 1905 (Jnhalt: Ferieversorgig.
- Terzett mit Hindernisse. - Us em
Welschland. - Züritüütsch).

*Niedlich, Traugott Karl Joa-
chim Kurd,

pseudon. Jörg Joa-
chim,
wurde am 5. Juli 1884 in
Baudach (Mark Brandenburg) als
Sohn des Predigers Karl N. geboren,
der 1887 als Schloßprediger nach
Sorau versetzt ward, besuchte hier
erst die Bürgerschule, dann die Volks-
schule und schließlich das Gymnasium,
das er Ostern 1904 absolvierte. Er
studierte nun bis Ostern 1907 in
Straßburg, Berlin und Greifswald
Theologie u. nahm dann eine Haus-
lehrerstelle in der Familie von Klit-
zing in Schirokau (Oberschlesien) an.
Von hier aus erwarb er sich im Juli

* 9*


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Nie
reichten, trotz ſichtlicher Begabung
mit 14 Jahren ſeinen Bildungsgang
abbrechen. Sein Lehrer im Deutſchen
wertete aber des Knaben Talent hoch
genug, ihm auch ſpäter noch mit ſei-
nem Rat beizuſtehen. Jn der Schule
hatte N. das Vorrecht, Aufſatzſtoffe
in Verſen behandeln zu dürfen. Seine
Begabung für die Form war aber
nicht auf die Sprache beſchränkt, ſie
zeigte ſich auch auf dem Gebiet der
Kunſt. Da aber an den Beſuch einer
Malerakademie nicht zu denken war,
ſo wandte er ſich dem Holzſchnitt zu,
arbeitete in Leipzig, Berlin, Paris,
St. Petersburg, bis ihm 1869 das
Mechaniſche ſeines Berufes zuwider
wurde. Das Dichten hatte er in all
der Zeit nie ausgeſetzt, u. nun wollte
er Schriftſteller werden. Gottfried
Kinkels Rat bewahrte ihn vor ſolchem
Broterwerb. So ging denn N. zur
Malerei über, und wenn er auch hier-
bei durch Geſchrei und Streit der
neuen, gewaltſam auftretenden Stre-
bungen vielfach gehemmt wurde, ſo
fand er doch in ſeiner ſchriftſtelleri-
ſchen Tätigkeit wieder einen ſchönen
Ausgleich. Seine Doppeltätigkeit
hatte ihm bald gezeigt, daß Leben u.
Empfinden des Künſtlers, beſonders
des Malers, ſelten in Erzählungen
mit genügender Kenntnis deſſen, was
man heute „Milieu“ nennt, verbun-
den und geſchildert werden. Daher
ſchuf er eine Reihe von Künſtler-
novellen, worin viele eine Nachah-
mung K. F. Meyers erkennen wollen,
obwohl N. genug des Eigenen zu bie-
ten hat. Er lebt ſeit 1877 als Maler
und Dichter in München.

S:

Künſt-
lernovellen; III [Jnhalt: I. Dione
Peutinger, die Ärztin von Jngolſtadt
(Eine Hexengeſch. a. d. Schwedenzeit),
1897. ‒ II. Der Marienmaler (N. a.
d. 16. Jahrhundert), 1902. ‒ III. Um
den Druidenbrunn, 1905]. ‒ Renward
Schönau (N.), 1905.

Niedermann, Wilhelm
Fürchtegott,

älterer Bruder des Vo-
[Spaltenumbruch]

Nie
rigen, wurde 1841 in Zürich geboren
und ſtudierte Theologie. Jn Baſel
entſagte er dieſem Studium, da er
der Orthodoxie nicht folgen zu kön-
nen vermeinte, gab überhaupt das
Studium auf und wurde Schauſpie-
ler. Obwohl er zwanzig Jahre in
dieſem Berufe tätig war und reſpek-
table Erfolge aufweiſen konnte, fand
er doch keine rechte Befriedigung
darin; er verließ alſo die Bühne und
wurde Journaliſt. Als Berichterſtat-
ter für auswärtige Blätter erfreute
er ſich wegen ſeiner feinen Beobach-
tungsgabe und angeborenen Wahr-
heitsliebe eines entſchiedenen An-
ſehens. Er gründete in Zürich ein
publiziſtiſches Organ für die Welt
der Geſchäftsreiſenden, den „Mer-
kur“, den er bis Ende 1905 leitete.
Er iſt auch der geiſtige Vater und
eifrigſte Förderer der Gratis-Volks-
konzerte der Züricher Peſtalozzi-Ge-
ſellſchaft geweſen. Er widmete ihnen
nicht nur als Organiſator, ſondern
auch als ausübender Künſtler ſeine
beſten Kräfte. Er ſtarb am 26. Jan.
1906.

S:

Züritüütſch (Dramat. Le-
bensbild in Züricher Mdt.), 1902. ‒
Vereins- und Haustheater (Einaktige
Lſp., liecht ufz’führe i Vereine u. Fa-
milie), 1905 (Jnhalt: Ferieverſorgig.
‒ Terzett mit Hinderniſſe. ‒ Us em
Welſchland. ‒ Züritüütſch).

*Niedlich, Traugott Karl Joa-
chim Kurd,

pſeudon. Jörg Joa-
chim,
wurde am 5. Juli 1884 in
Baudach (Mark Brandenburg) als
Sohn des Predigers Karl N. geboren,
der 1887 als Schloßprediger nach
Sorau verſetzt ward, beſuchte hier
erſt die Bürgerſchule, dann die Volks-
ſchule und ſchließlich das Gymnaſium,
das er Oſtern 1904 abſolvierte. Er
ſtudierte nun bis Oſtern 1907 in
Straßburg, Berlin und Greifswald
Theologie u. nahm dann eine Haus-
lehrerſtelle in der Familie von Klit-
zing in Schirokau (Oberſchleſien) an.
Von hier aus erwarb er ſich im Juli

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[131/0135] Nie Nie reichten, trotz ſichtlicher Begabung mit 14 Jahren ſeinen Bildungsgang abbrechen. Sein Lehrer im Deutſchen wertete aber des Knaben Talent hoch genug, ihm auch ſpäter noch mit ſei- nem Rat beizuſtehen. Jn der Schule hatte N. das Vorrecht, Aufſatzſtoffe in Verſen behandeln zu dürfen. Seine Begabung für die Form war aber nicht auf die Sprache beſchränkt, ſie zeigte ſich auch auf dem Gebiet der Kunſt. Da aber an den Beſuch einer Malerakademie nicht zu denken war, ſo wandte er ſich dem Holzſchnitt zu, arbeitete in Leipzig, Berlin, Paris, St. Petersburg, bis ihm 1869 das Mechaniſche ſeines Berufes zuwider wurde. Das Dichten hatte er in all der Zeit nie ausgeſetzt, u. nun wollte er Schriftſteller werden. Gottfried Kinkels Rat bewahrte ihn vor ſolchem Broterwerb. So ging denn N. zur Malerei über, und wenn er auch hier- bei durch Geſchrei und Streit der neuen, gewaltſam auftretenden Stre- bungen vielfach gehemmt wurde, ſo fand er doch in ſeiner ſchriftſtelleri- ſchen Tätigkeit wieder einen ſchönen Ausgleich. Seine Doppeltätigkeit hatte ihm bald gezeigt, daß Leben u. Empfinden des Künſtlers, beſonders des Malers, ſelten in Erzählungen mit genügender Kenntnis deſſen, was man heute „Milieu“ nennt, verbun- den und geſchildert werden. Daher ſchuf er eine Reihe von Künſtler- novellen, worin viele eine Nachah- mung K. F. Meyers erkennen wollen, obwohl N. genug des Eigenen zu bie- ten hat. Er lebt ſeit 1877 als Maler und Dichter in München. S: Künſt- lernovellen; III [Jnhalt: I. Dione Peutinger, die Ärztin von Jngolſtadt (Eine Hexengeſch. a. d. Schwedenzeit), 1897. ‒ II. Der Marienmaler (N. a. d. 16. Jahrhundert), 1902. ‒ III. Um den Druidenbrunn, 1905]. ‒ Renward Schönau (N.), 1905. Niedermann, Wilhelm Fürchtegott, älterer Bruder des Vo- rigen, wurde 1841 in Zürich geboren und ſtudierte Theologie. Jn Baſel entſagte er dieſem Studium, da er der Orthodoxie nicht folgen zu kön- nen vermeinte, gab überhaupt das Studium auf und wurde Schauſpie- ler. Obwohl er zwanzig Jahre in dieſem Berufe tätig war und reſpek- table Erfolge aufweiſen konnte, fand er doch keine rechte Befriedigung darin; er verließ alſo die Bühne und wurde Journaliſt. Als Berichterſtat- ter für auswärtige Blätter erfreute er ſich wegen ſeiner feinen Beobach- tungsgabe und angeborenen Wahr- heitsliebe eines entſchiedenen An- ſehens. Er gründete in Zürich ein publiziſtiſches Organ für die Welt der Geſchäftsreiſenden, den „Mer- kur“, den er bis Ende 1905 leitete. Er iſt auch der geiſtige Vater und eifrigſte Förderer der Gratis-Volks- konzerte der Züricher Peſtalozzi-Ge- ſellſchaft geweſen. Er widmete ihnen nicht nur als Organiſator, ſondern auch als ausübender Künſtler ſeine beſten Kräfte. Er ſtarb am 26. Jan. 1906. S: Züritüütſch (Dramat. Le- bensbild in Züricher Mdt.), 1902. ‒ Vereins- und Haustheater (Einaktige Lſp., liecht ufz’führe i Vereine u. Fa- milie), 1905 (Jnhalt: Ferieverſorgig. ‒ Terzett mit Hinderniſſe. ‒ Us em Welſchland. ‒ Züritüütſch). *Niedlich, Traugott Karl Joa- chim Kurd, pſeudon. Jörg Joa- chim, wurde am 5. Juli 1884 in Baudach (Mark Brandenburg) als Sohn des Predigers Karl N. geboren, der 1887 als Schloßprediger nach Sorau verſetzt ward, beſuchte hier erſt die Bürgerſchule, dann die Volks- ſchule und ſchließlich das Gymnaſium, das er Oſtern 1904 abſolvierte. Er ſtudierte nun bis Oſtern 1907 in Straßburg, Berlin und Greifswald Theologie u. nahm dann eine Haus- lehrerſtelle in der Familie von Klit- zing in Schirokau (Oberſchleſien) an. Von hier aus erwarb er ſich im Juli * 9*

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Zitationshilfe: Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 5. 6. Aufl. Leipzig, 1913, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon05_1913/135>, abgerufen am 24.11.2024.