sein Haus nahm, der ihn dazu brauchte, daß er Ge- backenes auf den Straßen herum tragen mußte. Da er eine gute Stimme hatte, so sang er auch allerley Lieder, wodurch er so bekannt geworden war, daß er in aller Vornehmen Häuser kommen durfte. Der Czar sollte einmal bey einem Bojaren oder großen Herrn zu Mittage speisen, und da Menzikof von un- gefähr in die Küche kam, so bemerkte er, daß der Bo- jar seinem Koche zu einem Gerichte Anweisung gab, von dem er sagte, daß es der Czar gern esse, und selbst ein Pulver, als eine Art von Gewürze, daran that. Der Knabe merkte sich genau, woraus dieses Gericht bestand, gieng darauf fort, sang seine Lieder, und hielt sich in der Straße so lange auf, bis der Czar ankam, worauf er seine Stimme erhob. Der Czar bemerkte ihn, schickte ihm nach, und fragte ihn, ob er seinen Korb mit Pasteten verkaufen wollte. Der Knabe antwortete, daß er nur die Pasteten verkaufen dürfe, was den Korb beträfe, so müsse er erst seinen Herrn um Erlaubniß fragen; da aber seiner Majestät alles zugehöre, so brauche er ihm nur zu befehlen. Diese Antwort gefiel dem Czar so sehr, daß er ihm befahl, bey ihm zu bleiben, und ihm aufzuwarten, welches er mit vieler Freude that. Menzikof stand bey der Mahlzeit hinter des Czars Stuhle, und als er sahe, daß das vorerwähnte Gericht aufgetragen und ihm vorgesetzet wurde, so lispelte er seiner Majestät ins Ohr, und bat, daß er nicht davon essen sollte. Der Czar gieng sogleich mit dem Knaben in ein an- deres Zimmer, und fragte nach der Ursache, warum er ihm dieß zugelispelt habe, da er denn sagte, was er in der Küche gesehen, und daß der Bojar selbst
Pulver
ſein Haus nahm, der ihn dazu brauchte, daß er Ge- backenes auf den Straßen herum tragen mußte. Da er eine gute Stimme hatte, ſo ſang er auch allerley Lieder, wodurch er ſo bekannt geworden war, daß er in aller Vornehmen Haͤuſer kommen durfte. Der Czar ſollte einmal bey einem Bojaren oder großen Herrn zu Mittage ſpeiſen, und da Menzikof von un- gefaͤhr in die Kuͤche kam, ſo bemerkte er, daß der Bo- jar ſeinem Koche zu einem Gerichte Anweiſung gab, von dem er ſagte, daß es der Czar gern eſſe, und ſelbſt ein Pulver, als eine Art von Gewuͤrze, daran that. Der Knabe merkte ſich genau, woraus dieſes Gericht beſtand, gieng darauf fort, ſang ſeine Lieder, und hielt ſich in der Straße ſo lange auf, bis der Czar ankam, worauf er ſeine Stimme erhob. Der Czar bemerkte ihn, ſchickte ihm nach, und fragte ihn, ob er ſeinen Korb mit Paſteten verkaufen wollte. Der Knabe antwortete, daß er nur die Paſteten verkaufen duͤrfe, was den Korb betraͤfe, ſo muͤſſe er erſt ſeinen Herrn um Erlaubniß fragen; da aber ſeiner Majeſtaͤt alles zugehoͤre, ſo brauche er ihm nur zu befehlen. Dieſe Antwort gefiel dem Czar ſo ſehr, daß er ihm befahl, bey ihm zu bleiben, und ihm aufzuwarten, welches er mit vieler Freude that. Menzikof ſtand bey der Mahlzeit hinter des Czars Stuhle, und als er ſahe, daß das vorerwaͤhnte Gericht aufgetragen und ihm vorgeſetzet wurde, ſo lispelte er ſeiner Majeſtaͤt ins Ohr, und bat, daß er nicht davon eſſen ſollte. Der Czar gieng ſogleich mit dem Knaben in ein an- deres Zimmer, und fragte nach der Urſache, warum er ihm dieß zugelispelt habe, da er denn ſagte, was er in der Kuͤche geſehen, und daß der Bojar ſelbſt
Pulver
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ſein Haus nahm, der ihn dazu brauchte, daß er Ge-
backenes auf den Straßen herum tragen mußte. Da
er eine gute Stimme hatte, ſo ſang er auch allerley
Lieder, wodurch er ſo bekannt geworden war, daß er
in aller Vornehmen Haͤuſer kommen durfte. Der
Czar ſollte einmal bey einem Bojaren oder großen
Herrn zu Mittage ſpeiſen, und da Menzikof von un-
gefaͤhr in die Kuͤche kam, ſo bemerkte er, daß der Bo-
jar ſeinem Koche zu einem Gerichte Anweiſung gab,
von dem er ſagte, daß es der Czar gern eſſe, und
ſelbſt ein Pulver, als eine Art von Gewuͤrze, daran
that. Der Knabe merkte ſich genau, woraus dieſes
Gericht beſtand, gieng darauf fort, ſang ſeine Lieder,
und hielt ſich in der Straße ſo lange auf, bis der Czar
ankam, worauf er ſeine Stimme erhob. Der Czar
bemerkte ihn, ſchickte ihm nach, und fragte ihn, ob
er ſeinen Korb mit Paſteten verkaufen wollte. Der
Knabe antwortete, daß er nur die Paſteten verkaufen
duͤrfe, was den Korb betraͤfe, ſo muͤſſe er erſt ſeinen
Herrn um Erlaubniß fragen; da aber ſeiner Majeſtaͤt
alles zugehoͤre, ſo brauche er ihm nur zu befehlen.
Dieſe Antwort gefiel dem Czar ſo ſehr, daß er ihm
befahl, bey ihm zu bleiben, und ihm aufzuwarten,
welches er mit vieler Freude that. Menzikof ſtand
bey der Mahlzeit hinter des Czars Stuhle, und als er
ſahe, daß das vorerwaͤhnte Gericht aufgetragen und
ihm vorgeſetzet wurde, ſo lispelte er ſeiner Majeſtaͤt
ins Ohr, und bat, daß er nicht davon eſſen ſollte.
Der Czar gieng ſogleich mit dem Knaben in ein an-
deres Zimmer, und fragte nach der Urſache, warum
er ihm dieß zugelispelt habe, da er denn ſagte, was
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/98>, abgerufen am 24.11.2024.
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