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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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daß der König von Schweden das Türkische Gebiethe
verlassen sollte. Da aber der König keine Lust zur
Abreise bewies, so hielten wir auch Azof über die für
uns zur Uebergabe desselben bestimmte Zeit zurück,
und dieses verursachte eine zweyte Kriegserklärung,
welche desto weniger Schwierigkeiten fand, da der
Vezier, der mit uns unterhandelt hatte, war abgese-
tzet worden, und ihm ein anderer folgte, der gänzlich
Schwedisch gesinnet war. Als aber der Sultan er-
fuhr, daß dieser Minister durch Geschenke sey gewon-
nen worden, so setzte er ihn ab, und es wurde durch
die Vermittelung des Herrn Robert Sutton und Graf
Colyar, der Brittischen und Holländischen Gesandten
an diesem Hofe, den 16 April 1712 abermals ein1712.
Neuer Frie-
de.

Friede geschlossen, welchen der Großherr dem Könige
von Schweden meldete, und ihn ersuchte zur Rückkehr
in seine Länder Anstalt zu machen.

Dieser Friede war von keiner langen Dauer, dennUnterbre-
chung dessel-
ben.

die Schweden unterbrachen ihn in Pohlen, wo der
Starost Gruzinski, der mit dem Könige von Schwe-
den in der Türkey gewesen war, mit 4000 Walla-
chen, Kosaken etc. einen Einfall that und in Groß-
Pohlen eindrang, wo er ein ganzes Regiment Russen
überfiel und wegführte, die keinen Feind vermuthet
hatten. Eine andere Parthey gieng über Posen,
wo sie ein Magazin und 300 Russen wegnahm.
Als der General Bauer erfuhr, was sich zugetragen
hatte, so begab er sich in aller Eil nach Posen und
zog ein Corps von 4000 Russen zusammen, mit
welchem er den Gruzinski überfiel und angriff, der
dieses so wenig vermuthete, und so wenig auf seiner
Hut war, daß er sich nicht einen Augenblick widersetz-

te,

daß der Koͤnig von Schweden das Tuͤrkiſche Gebiethe
verlaſſen ſollte. Da aber der Koͤnig keine Luſt zur
Abreiſe bewies, ſo hielten wir auch Azof uͤber die fuͤr
uns zur Uebergabe deſſelben beſtimmte Zeit zuruͤck,
und dieſes verurſachte eine zweyte Kriegserklaͤrung,
welche deſto weniger Schwierigkeiten fand, da der
Vezier, der mit uns unterhandelt hatte, war abgeſe-
tzet worden, und ihm ein anderer folgte, der gaͤnzlich
Schwediſch geſinnet war. Als aber der Sultan er-
fuhr, daß dieſer Miniſter durch Geſchenke ſey gewon-
nen worden, ſo ſetzte er ihn ab, und es wurde durch
die Vermittelung des Herrn Robert Sutton und Graf
Colyar, der Brittiſchen und Hollaͤndiſchen Geſandten
an dieſem Hofe, den 16 April 1712 abermals ein1712.
Neuer Frie-
de.

Friede geſchloſſen, welchen der Großherr dem Koͤnige
von Schweden meldete, und ihn erſuchte zur Ruͤckkehr
in ſeine Laͤnder Anſtalt zu machen.

Dieſer Friede war von keiner langen Dauer, dennUnterbre-
chung deſſel-
ben.

die Schweden unterbrachen ihn in Pohlen, wo der
Staroſt Gruzinski, der mit dem Koͤnige von Schwe-
den in der Tuͤrkey geweſen war, mit 4000 Walla-
chen, Koſaken ꝛc. einen Einfall that und in Groß-
Pohlen eindrang, wo er ein ganzes Regiment Ruſſen
uͤberfiel und wegfuͤhrte, die keinen Feind vermuthet
hatten. Eine andere Parthey gieng uͤber Poſen,
wo ſie ein Magazin und 300 Ruſſen wegnahm.
Als der General Bauer erfuhr, was ſich zugetragen
hatte, ſo begab er ſich in aller Eil nach Poſen und
zog ein Corps von 4000 Ruſſen zuſammen, mit
welchem er den Gruzinski uͤberfiel und angriff, der
dieſes ſo wenig vermuthete, und ſo wenig auf ſeiner
Hut war, daß er ſich nicht einen Augenblick widerſetz-

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[75/0085] daß der Koͤnig von Schweden das Tuͤrkiſche Gebiethe verlaſſen ſollte. Da aber der Koͤnig keine Luſt zur Abreiſe bewies, ſo hielten wir auch Azof uͤber die fuͤr uns zur Uebergabe deſſelben beſtimmte Zeit zuruͤck, und dieſes verurſachte eine zweyte Kriegserklaͤrung, welche deſto weniger Schwierigkeiten fand, da der Vezier, der mit uns unterhandelt hatte, war abgeſe- tzet worden, und ihm ein anderer folgte, der gaͤnzlich Schwediſch geſinnet war. Als aber der Sultan er- fuhr, daß dieſer Miniſter durch Geſchenke ſey gewon- nen worden, ſo ſetzte er ihn ab, und es wurde durch die Vermittelung des Herrn Robert Sutton und Graf Colyar, der Brittiſchen und Hollaͤndiſchen Geſandten an dieſem Hofe, den 16 April 1712 abermals ein Friede geſchloſſen, welchen der Großherr dem Koͤnige von Schweden meldete, und ihn erſuchte zur Ruͤckkehr in ſeine Laͤnder Anſtalt zu machen. 1712. Neuer Frie- de. Dieſer Friede war von keiner langen Dauer, denn die Schweden unterbrachen ihn in Pohlen, wo der Staroſt Gruzinski, der mit dem Koͤnige von Schwe- den in der Tuͤrkey geweſen war, mit 4000 Walla- chen, Koſaken ꝛc. einen Einfall that und in Groß- Pohlen eindrang, wo er ein ganzes Regiment Ruſſen uͤberfiel und wegfuͤhrte, die keinen Feind vermuthet hatten. Eine andere Parthey gieng uͤber Poſen, wo ſie ein Magazin und 300 Ruſſen wegnahm. Als der General Bauer erfuhr, was ſich zugetragen hatte, ſo begab er ſich in aller Eil nach Poſen und zog ein Corps von 4000 Ruſſen zuſammen, mit welchem er den Gruzinski uͤberfiel und angriff, der dieſes ſo wenig vermuthete, und ſo wenig auf ſeiner Hut war, daß er ſich nicht einen Augenblick widerſetz- te, Unterbre- chung deſſel- ben.

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/85>, abgerufen am 24.11.2024.