bewerkstelliget haben, wenn sie nicht zu hitzig gewesen wären, uns anzugreifen, welches sie drey Tage und drey Nächte hindurch thaten. Allein zum Glück für uns griffen sie immer nur eine Seite unsers Viereckes auf einmal an, welches uns denn in den Stand setzte, unsere abgematteten Truppen, so wie sie es bedurften, abzulösen, und unsere zahlreiche Artillerie zu gebrau- chen, welche eine große Niederlage unter ihnen an- richtete, und zum Glücke war ihr Geschütz noch nicht bey ihnen angekommen.
Die Czarinn rettet die Ar- mee.
Den vierten Tag, da der Czar erfuhr, daß wir nur noch drey Patronen sowohl für das grobe Ge- schütz, als auch für das kleine Gewehr hatten, gab der Czar Befehl, daß alle Officiers bey der ganzen Ar- mee nebst einer gewissen Anzahl auserlesener Leute auf- sitzen, und ihm folgen sollten. Seine Absicht war, sich in der Nacht durch die Türkische Armee zu schla- gen, und durch Siebenbürgen nach Ungarn zu gehen. Allein als die Czarinn von diesem verwegenen Ent- schlusse Nachricht bekam, und sowohl die Gefahr vor- aus sahe, in welche sich ihr Gemahl stürzen wollte, als auch das Unglück, welches die ganze Armee be- treffen mußte, so fiel sie glücklicher Weise auf ein bes- seres Mittel, welches uns alle von dem Untergange rettete. Sie sammelte alles Geld, Silbergeschirr und Geschmeide, welches sich bey der ganzen Armee befand, und stellte dafür eine Obligation von sich, daß sie es den Eigenthümern wieder bezahlen wollte. Mit diesem ansehnlichen Geschenke bewegte sie den Groß- Vezier, daß er sich zum Frieden willig finden ließ. Die Sache ward auch sehr bald von dem Feldmar- schalle zu Stande gebracht, ohne daß der Czar das ge-
ringste
bewerkſtelliget haben, wenn ſie nicht zu hitzig geweſen waͤren, uns anzugreifen, welches ſie drey Tage und drey Naͤchte hindurch thaten. Allein zum Gluͤck fuͤr uns griffen ſie immer nur eine Seite unſers Viereckes auf einmal an, welches uns denn in den Stand ſetzte, unſere abgematteten Truppen, ſo wie ſie es bedurften, abzuloͤſen, und unſere zahlreiche Artillerie zu gebrau- chen, welche eine große Niederlage unter ihnen an- richtete, und zum Gluͤcke war ihr Geſchuͤtz noch nicht bey ihnen angekommen.
Die Czarinn rettet die Ar- mee.
Den vierten Tag, da der Czar erfuhr, daß wir nur noch drey Patronen ſowohl fuͤr das grobe Ge- ſchuͤtz, als auch fuͤr das kleine Gewehr hatten, gab der Czar Befehl, daß alle Officiers bey der ganzen Ar- mee nebſt einer gewiſſen Anzahl auserleſener Leute auf- ſitzen, und ihm folgen ſollten. Seine Abſicht war, ſich in der Nacht durch die Tuͤrkiſche Armee zu ſchla- gen, und durch Siebenbuͤrgen nach Ungarn zu gehen. Allein als die Czarinn von dieſem verwegenen Ent- ſchluſſe Nachricht bekam, und ſowohl die Gefahr vor- aus ſahe, in welche ſich ihr Gemahl ſtuͤrzen wollte, als auch das Ungluͤck, welches die ganze Armee be- treffen mußte, ſo fiel ſie gluͤcklicher Weiſe auf ein beſ- ſeres Mittel, welches uns alle von dem Untergange rettete. Sie ſammelte alles Geld, Silbergeſchirr und Geſchmeide, welches ſich bey der ganzen Armee befand, und ſtellte dafuͤr eine Obligation von ſich, daß ſie es den Eigenthuͤmern wieder bezahlen wollte. Mit dieſem anſehnlichen Geſchenke bewegte ſie den Groß- Vezier, daß er ſich zum Frieden willig finden ließ. Die Sache ward auch ſehr bald von dem Feldmar- ſchalle zu Stande gebracht, ohne daß der Czar das ge-
ringſte
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0060"n="50"/>
bewerkſtelliget haben, wenn ſie nicht zu hitzig geweſen<lb/>
waͤren, uns anzugreifen, welches ſie drey Tage und<lb/>
drey Naͤchte hindurch thaten. Allein zum Gluͤck fuͤr<lb/>
uns griffen ſie immer nur eine Seite unſers Viereckes<lb/>
auf einmal an, welches uns denn in den Stand ſetzte,<lb/>
unſere abgematteten Truppen, ſo wie ſie es bedurften,<lb/>
abzuloͤſen, und unſere zahlreiche Artillerie zu gebrau-<lb/>
chen, welche eine große Niederlage unter ihnen an-<lb/>
richtete, und zum Gluͤcke war ihr Geſchuͤtz noch nicht<lb/>
bey ihnen angekommen.</p><lb/><noteplace="left">Die Czarinn<lb/>
rettet die Ar-<lb/>
mee.</note><p>Den vierten Tag, da der Czar erfuhr, daß wir<lb/>
nur noch drey Patronen ſowohl fuͤr das grobe Ge-<lb/>ſchuͤtz, als auch fuͤr das kleine Gewehr hatten, gab der<lb/>
Czar Befehl, daß alle Officiers bey der ganzen Ar-<lb/>
mee nebſt einer gewiſſen Anzahl auserleſener Leute auf-<lb/>ſitzen, und ihm folgen ſollten. Seine Abſicht war,<lb/>ſich in der Nacht durch die Tuͤrkiſche Armee zu ſchla-<lb/>
gen, und durch Siebenbuͤrgen nach Ungarn zu gehen.<lb/>
Allein als die Czarinn von dieſem verwegenen Ent-<lb/>ſchluſſe Nachricht bekam, und ſowohl die Gefahr vor-<lb/>
aus ſahe, in welche ſich ihr Gemahl ſtuͤrzen wollte,<lb/>
als auch das Ungluͤck, welches die ganze Armee be-<lb/>
treffen mußte, ſo fiel ſie gluͤcklicher Weiſe auf ein beſ-<lb/>ſeres Mittel, welches uns alle von dem Untergange<lb/>
rettete. Sie ſammelte alles Geld, Silbergeſchirr<lb/>
und Geſchmeide, welches ſich bey der ganzen Armee<lb/>
befand, und ſtellte dafuͤr eine Obligation von ſich, daß<lb/>ſie es den Eigenthuͤmern wieder bezahlen wollte. Mit<lb/>
dieſem anſehnlichen Geſchenke bewegte ſie den Groß-<lb/>
Vezier, daß er ſich zum Frieden willig finden ließ.<lb/>
Die Sache ward auch ſehr bald von dem Feldmar-<lb/>ſchalle zu Stande gebracht, ohne daß der Czar das ge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ringſte</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[50/0060]
bewerkſtelliget haben, wenn ſie nicht zu hitzig geweſen
waͤren, uns anzugreifen, welches ſie drey Tage und
drey Naͤchte hindurch thaten. Allein zum Gluͤck fuͤr
uns griffen ſie immer nur eine Seite unſers Viereckes
auf einmal an, welches uns denn in den Stand ſetzte,
unſere abgematteten Truppen, ſo wie ſie es bedurften,
abzuloͤſen, und unſere zahlreiche Artillerie zu gebrau-
chen, welche eine große Niederlage unter ihnen an-
richtete, und zum Gluͤcke war ihr Geſchuͤtz noch nicht
bey ihnen angekommen.
Den vierten Tag, da der Czar erfuhr, daß wir
nur noch drey Patronen ſowohl fuͤr das grobe Ge-
ſchuͤtz, als auch fuͤr das kleine Gewehr hatten, gab der
Czar Befehl, daß alle Officiers bey der ganzen Ar-
mee nebſt einer gewiſſen Anzahl auserleſener Leute auf-
ſitzen, und ihm folgen ſollten. Seine Abſicht war,
ſich in der Nacht durch die Tuͤrkiſche Armee zu ſchla-
gen, und durch Siebenbuͤrgen nach Ungarn zu gehen.
Allein als die Czarinn von dieſem verwegenen Ent-
ſchluſſe Nachricht bekam, und ſowohl die Gefahr vor-
aus ſahe, in welche ſich ihr Gemahl ſtuͤrzen wollte,
als auch das Ungluͤck, welches die ganze Armee be-
treffen mußte, ſo fiel ſie gluͤcklicher Weiſe auf ein beſ-
ſeres Mittel, welches uns alle von dem Untergange
rettete. Sie ſammelte alles Geld, Silbergeſchirr
und Geſchmeide, welches ſich bey der ganzen Armee
befand, und ſtellte dafuͤr eine Obligation von ſich, daß
ſie es den Eigenthuͤmern wieder bezahlen wollte. Mit
dieſem anſehnlichen Geſchenke bewegte ſie den Groß-
Vezier, daß er ſich zum Frieden willig finden ließ.
Die Sache ward auch ſehr bald von dem Feldmar-
ſchalle zu Stande gebracht, ohne daß der Czar das ge-
ringſte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/60>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.