in Providence verkauft wurden, und zwar, wie man mich hernach durch einen Brief gewiß versichert hat, an die Spanier. Wir hatten schönes Wetter und eine angenehme Fahrt, und wurden täglich von einer Men- ge Seehunde begleitet. Der Capitain Cox, ein ge- bohrner Bermudianer, die für die geschicktesten Fi- scher in der Welt gehalten werden, fieng deren an ei- nem Tage beynahe auf zwanzig. Seine Methode war, daß er ein Seil heraushieng, an dessen Ende eine Schlinge war, durch welche er ein Stück Fleisch hieng. Wenn sich der Seehund dem Fleische näherte, so wur- de es durch die Schlinge vorwärts gezogen, so daß der Seehund, wenn er es verfolgte, am Schwanze, der groß und breit ist, davon umschlungen, und auf diese Art auf das Schiff gezogen wurde. Einige von den Seehunden waren so groß, daß, wenn ihr Schwanz dem Laufe der Kanone gleich war, die Hälf- te des Körpers noch unter dem Wasser steckte. Wir schnitten die allzugroßen in der Mitte durch, und lies- sen die Hälften wieder ins Wasser fallen, da sie denn von ihren gefräßigen Brüdern sogleich in Stücke zer- rissen wurden, welches uns einen angenehmen Zeit- vertreib machte. Da aber die jungen gut zu essen sind, so brachten wir sie auf das Verdeck, und hieben sie für die Mannschaft ein, die dadurch zum Ueberflusse mit frischen Lebensmitteln verforget wurden, welches ein glücklicher Umstand war, indem wir nicht hin- länglich für so viele mit Proviant versehen waren. Es ist ein gemeines Sprüchwort, daß ein Bermudianer zur See niemals Hungers stirbt, wenn er nur mit Geräthe zum Fischen versehen ist.
Den
in Providence verkauft wurden, und zwar, wie man mich hernach durch einen Brief gewiß verſichert hat, an die Spanier. Wir hatten ſchoͤnes Wetter und eine angenehme Fahrt, und wurden taͤglich von einer Men- ge Seehunde begleitet. Der Capitain Cox, ein ge- bohrner Bermudianer, die fuͤr die geſchickteſten Fi- ſcher in der Welt gehalten werden, fieng deren an ei- nem Tage beynahe auf zwanzig. Seine Methode war, daß er ein Seil heraushieng, an deſſen Ende eine Schlinge war, durch welche er ein Stuͤck Fleiſch hieng. Wenn ſich der Seehund dem Fleiſche naͤherte, ſo wur- de es durch die Schlinge vorwaͤrts gezogen, ſo daß der Seehund, wenn er es verfolgte, am Schwanze, der groß und breit iſt, davon umſchlungen, und auf dieſe Art auf das Schiff gezogen wurde. Einige von den Seehunden waren ſo groß, daß, wenn ihr Schwanz dem Laufe der Kanone gleich war, die Haͤlf- te des Koͤrpers noch unter dem Waſſer ſteckte. Wir ſchnitten die allzugroßen in der Mitte durch, und lieſ- ſen die Haͤlften wieder ins Waſſer fallen, da ſie denn von ihren gefraͤßigen Bruͤdern ſogleich in Stuͤcke zer- riſſen wurden, welches uns einen angenehmen Zeit- vertreib machte. Da aber die jungen gut zu eſſen ſind, ſo brachten wir ſie auf das Verdeck, und hieben ſie fuͤr die Mannſchaft ein, die dadurch zum Ueberfluſſe mit friſchen Lebensmitteln verforget wurden, welches ein gluͤcklicher Umſtand war, indem wir nicht hin- laͤnglich fuͤr ſo viele mit Proviant verſehen waren. Es iſt ein gemeines Spruͤchwort, daß ein Bermudianer zur See niemals Hungers ſtirbt, wenn er nur mit Geraͤthe zum Fiſchen verſehen iſt.
Den
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0519"n="509"/>
in Providence verkauft wurden, und zwar, wie man<lb/>
mich hernach durch einen Brief gewiß verſichert hat,<lb/>
an die Spanier. Wir hatten ſchoͤnes Wetter und eine<lb/>
angenehme Fahrt, und wurden taͤglich von einer Men-<lb/>
ge Seehunde begleitet. Der Capitain Cox, ein ge-<lb/>
bohrner Bermudianer, die fuͤr die geſchickteſten Fi-<lb/>ſcher in der Welt gehalten werden, fieng deren an ei-<lb/>
nem Tage beynahe auf zwanzig. Seine Methode war,<lb/>
daß er ein Seil heraushieng, an deſſen Ende eine<lb/>
Schlinge war, durch welche er ein Stuͤck Fleiſch hieng.<lb/>
Wenn ſich der Seehund dem Fleiſche naͤherte, ſo wur-<lb/>
de es durch die Schlinge vorwaͤrts gezogen, ſo daß<lb/>
der Seehund, wenn er es verfolgte, am Schwanze,<lb/>
der groß und breit iſt, davon umſchlungen, und auf<lb/>
dieſe Art auf das Schiff gezogen wurde. Einige von<lb/>
den Seehunden waren ſo groß, daß, wenn ihr<lb/>
Schwanz dem Laufe der Kanone gleich war, die Haͤlf-<lb/>
te des Koͤrpers noch unter dem Waſſer ſteckte. Wir<lb/>ſchnitten die allzugroßen in der Mitte durch, und lieſ-<lb/>ſen die Haͤlften wieder ins Waſſer fallen, da ſie denn<lb/>
von ihren gefraͤßigen Bruͤdern ſogleich in Stuͤcke zer-<lb/>
riſſen wurden, welches uns einen angenehmen Zeit-<lb/>
vertreib machte. Da aber die jungen gut zu eſſen ſind,<lb/>ſo brachten wir ſie auf das Verdeck, und hieben ſie<lb/>
fuͤr die Mannſchaft ein, die dadurch zum Ueberfluſſe<lb/>
mit friſchen Lebensmitteln verforget wurden, welches<lb/>
ein gluͤcklicher Umſtand war, indem wir nicht hin-<lb/>
laͤnglich fuͤr ſo viele mit Proviant verſehen waren. Es<lb/>
iſt ein gemeines Spruͤchwort, daß ein Bermudianer<lb/>
zur See niemals Hungers ſtirbt, wenn er nur mit<lb/>
Geraͤthe zum Fiſchen verſehen iſt.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Den</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[509/0519]
in Providence verkauft wurden, und zwar, wie man
mich hernach durch einen Brief gewiß verſichert hat,
an die Spanier. Wir hatten ſchoͤnes Wetter und eine
angenehme Fahrt, und wurden taͤglich von einer Men-
ge Seehunde begleitet. Der Capitain Cox, ein ge-
bohrner Bermudianer, die fuͤr die geſchickteſten Fi-
ſcher in der Welt gehalten werden, fieng deren an ei-
nem Tage beynahe auf zwanzig. Seine Methode war,
daß er ein Seil heraushieng, an deſſen Ende eine
Schlinge war, durch welche er ein Stuͤck Fleiſch hieng.
Wenn ſich der Seehund dem Fleiſche naͤherte, ſo wur-
de es durch die Schlinge vorwaͤrts gezogen, ſo daß
der Seehund, wenn er es verfolgte, am Schwanze,
der groß und breit iſt, davon umſchlungen, und auf
dieſe Art auf das Schiff gezogen wurde. Einige von
den Seehunden waren ſo groß, daß, wenn ihr
Schwanz dem Laufe der Kanone gleich war, die Haͤlf-
te des Koͤrpers noch unter dem Waſſer ſteckte. Wir
ſchnitten die allzugroßen in der Mitte durch, und lieſ-
ſen die Haͤlften wieder ins Waſſer fallen, da ſie denn
von ihren gefraͤßigen Bruͤdern ſogleich in Stuͤcke zer-
riſſen wurden, welches uns einen angenehmen Zeit-
vertreib machte. Da aber die jungen gut zu eſſen ſind,
ſo brachten wir ſie auf das Verdeck, und hieben ſie
fuͤr die Mannſchaft ein, die dadurch zum Ueberfluſſe
mit friſchen Lebensmitteln verforget wurden, welches
ein gluͤcklicher Umſtand war, indem wir nicht hin-
laͤnglich fuͤr ſo viele mit Proviant verſehen waren. Es
iſt ein gemeines Spruͤchwort, daß ein Bermudianer
zur See niemals Hungers ſtirbt, wenn er nur mit
Geraͤthe zum Fiſchen verſehen iſt.
Den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/519>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.