Der Oberste führte mich in die Cathedralkirche und zeigte mir ein Zeichen an der Mauer, welches fünfthalb Fuß hoch war, und sagte, daß im vorigen Jahre, bey dem Aufbruche des Eises auf der Dwina, das Wasser so hoch gegangen sey und die ganze Stadt überschwemmet habe. Da nun eben zu derselben Zeit in einem hölzernen Hause außer der Stadt nahe am Flusse eine Hochzeit gewesen sey, und das Haus folglich von Menschen war, so sey selbiges durch das plötzliche Steigen des Wassers, eben da sie am lustig- sten waren, eingestürzet, und die sämmtlichen Gäste mußten ertrinken.
Anecdote von Carls XII. Tode.
Als ich einmal mit verschiedenen von meinen Bekannten in einem Wirthshause speisete, fügte sichs, daß ein schwedischer Oberster und ein Oberstlieutenant, der stumm gebohren war, und bey dem verstorbenen Könige von Schweden in großen Gnaden gestanden hatte, am Tische waren. Jndem wir aßen, trat des Gouverneurs Adjutant herein, gieng auf den Schwedischen Obersten zu, und befahl ihm im Nah- men des Kaisers, sich sogleich von Riga weg zu bege- ben, sonst würde er als ein Verräther behandelt wer- den. Der Schwede stand sogleich vom Tische auf, und gieng blaß und zitternd aus dem Zimmer. Als wir nach der Ursache des plötzlichen Befehls an den Obersten fragten, so wurde uns gesagt, daß er im Verdacht sey, den König von Schweden in den Tran- scheen bey Friedrichshall erschossen zu haben. Es scheint, daß einige von der Gesellschaft dem stummen Oberstlieutenant die Sache durch Zeichen zu verstehen gegeben hatten; denn er lief sogleich mit bloßem De- gen fort, und würde den Obersten, wenn ihn nicht der
Adju-
Der Oberſte fuͤhrte mich in die Cathedralkirche und zeigte mir ein Zeichen an der Mauer, welches fuͤnfthalb Fuß hoch war, und ſagte, daß im vorigen Jahre, bey dem Aufbruche des Eiſes auf der Dwina, das Waſſer ſo hoch gegangen ſey und die ganze Stadt uͤberſchwemmet habe. Da nun eben zu derſelben Zeit in einem hoͤlzernen Hauſe außer der Stadt nahe am Fluſſe eine Hochzeit geweſen ſey, und das Haus folglich von Menſchen war, ſo ſey ſelbiges durch das ploͤtzliche Steigen des Waſſers, eben da ſie am luſtig- ſten waren, eingeſtuͤrzet, und die ſaͤmmtlichen Gaͤſte mußten ertrinken.
Anecdote von Carls XII. Tode.
Als ich einmal mit verſchiedenen von meinen Bekannten in einem Wirthshauſe ſpeiſete, fuͤgte ſichs, daß ein ſchwediſcher Oberſter und ein Oberſtlieutenant, der ſtumm gebohren war, und bey dem verſtorbenen Koͤnige von Schweden in großen Gnaden geſtanden hatte, am Tiſche waren. Jndem wir aßen, trat des Gouverneurs Adjutant herein, gieng auf den Schwediſchen Oberſten zu, und befahl ihm im Nah- men des Kaiſers, ſich ſogleich von Riga weg zu bege- ben, ſonſt wuͤrde er als ein Verraͤther behandelt wer- den. Der Schwede ſtand ſogleich vom Tiſche auf, und gieng blaß und zitternd aus dem Zimmer. Als wir nach der Urſache des ploͤtzlichen Befehls an den Oberſten fragten, ſo wurde uns geſagt, daß er im Verdacht ſey, den Koͤnig von Schweden in den Tran- ſcheen bey Friedrichshall erſchoſſen zu haben. Es ſcheint, daß einige von der Geſellſchaft dem ſtummen Oberſtlieutenant die Sache durch Zeichen zu verſtehen gegeben hatten; denn er lief ſogleich mit bloßem De- gen fort, und wuͤrde den Oberſten, wenn ihn nicht der
Adju-
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Der Oberſte fuͤhrte mich in die Cathedralkirche
und zeigte mir ein Zeichen an der Mauer, welches
fuͤnfthalb Fuß hoch war, und ſagte, daß im vorigen
Jahre, bey dem Aufbruche des Eiſes auf der Dwina,
das Waſſer ſo hoch gegangen ſey und die ganze Stadt
uͤberſchwemmet habe. Da nun eben zu derſelben
Zeit in einem hoͤlzernen Hauſe außer der Stadt nahe
am Fluſſe eine Hochzeit geweſen ſey, und das Haus
folglich von Menſchen war, ſo ſey ſelbiges durch das
ploͤtzliche Steigen des Waſſers, eben da ſie am luſtig-
ſten waren, eingeſtuͤrzet, und die ſaͤmmtlichen Gaͤſte
mußten ertrinken.
Als ich einmal mit verſchiedenen von meinen
Bekannten in einem Wirthshauſe ſpeiſete, fuͤgte ſichs,
daß ein ſchwediſcher Oberſter und ein Oberſtlieutenant,
der ſtumm gebohren war, und bey dem verſtorbenen
Koͤnige von Schweden in großen Gnaden geſtanden
hatte, am Tiſche waren. Jndem wir aßen, trat
des Gouverneurs Adjutant herein, gieng auf den
Schwediſchen Oberſten zu, und befahl ihm im Nah-
men des Kaiſers, ſich ſogleich von Riga weg zu bege-
ben, ſonſt wuͤrde er als ein Verraͤther behandelt wer-
den. Der Schwede ſtand ſogleich vom Tiſche auf,
und gieng blaß und zitternd aus dem Zimmer. Als
wir nach der Urſache des ploͤtzlichen Befehls an den
Oberſten fragten, ſo wurde uns geſagt, daß er im
Verdacht ſey, den Koͤnig von Schweden in den Tran-
ſcheen bey Friedrichshall erſchoſſen zu haben. Es
ſcheint, daß einige von der Geſellſchaft dem ſtummen
Oberſtlieutenant die Sache durch Zeichen zu verſtehen
gegeben hatten; denn er lief ſogleich mit bloßem De-
gen fort, und wuͤrde den Oberſten, wenn ihn nicht der
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/440>, abgerufen am 25.11.2024.
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