Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

giengen bis an den Fuß des Altars, und von da in
ihre gewöhnlichen Stühle. Während des Gottes-
dienstes nahm die Kaiserinn die Krone ab und über-
gab sie dem Cabinetssecretair; und nachdem die Ge-
bete und Gesänge geendiget waren, führte der Kaiser
die Kaiserinn, die ihre Krone auf dem Haupte und
den Kaiserlichen Mantel umhatte, auf einem mit ro-
them Sammet und mit goldgestickten Teppichen be-
deckten Gange zum Allerheiligsten, wo sie auf ein mit
Gold gesticktes Küssen niederkniete, und der Erzbi-
schof, neben welchem zwey Bischöfe mit dem heiligen
Oel standen, ihr die Stirn, Brust und Hände im
Nahmen des Vaters, des Sohnes und des heil. Gei-
stes salbte. Die andern Erzbischöfe wischten das
Oel mit Baumwolle ab, und der Archidiaconus, der
sie mit dem heil. Sacramente erwartete, sagte laut:
"Nähere dich mit Andacht und Glauben." Hier-
auf empfieng sie das gesegnete Brot von dem Erzbi-
schofe und ein wenig warmen Wein. Die zwey
Oberpriester an dieser Kirche trugen ein goldenes Be-
cken, ein Abt hielt eine goldene Kanne ins Wasser
zum Waschen, und zwey andere Aebte hielten das
Handtuch, woran sich die Kaiserinn die Hände trock-
nete. Nachdem dieses geschehen war, begaben sich
beyde Majestäten wiederum in ihre Stühle, und die
Kanonen wurden zum zweyten Mahle gelöset und die
Glocken geläutet. Bey dem Schlusse des Gottes-
dienstes hielt der Erzbischof von Pleskow eine Rede,
worinn er die seltenen Tugenden der Kaiserinn er-
wähnte, und zeigte, wie sehr sie die Krone verdiente,
die sie jetzt von Gott und ihrem Gemahl erhalten hätte;

und

giengen bis an den Fuß des Altars, und von da in
ihre gewoͤhnlichen Stuͤhle. Waͤhrend des Gottes-
dienſtes nahm die Kaiſerinn die Krone ab und uͤber-
gab ſie dem Cabinetsſecretair; und nachdem die Ge-
bete und Geſaͤnge geendiget waren, fuͤhrte der Kaiſer
die Kaiſerinn, die ihre Krone auf dem Haupte und
den Kaiſerlichen Mantel umhatte, auf einem mit ro-
them Sammet und mit goldgeſtickten Teppichen be-
deckten Gange zum Allerheiligſten, wo ſie auf ein mit
Gold geſticktes Kuͤſſen niederkniete, und der Erzbi-
ſchof, neben welchem zwey Biſchoͤfe mit dem heiligen
Oel ſtanden, ihr die Stirn, Bruſt und Haͤnde im
Nahmen des Vaters, des Sohnes und des heil. Gei-
ſtes ſalbte. Die andern Erzbiſchoͤfe wiſchten das
Oel mit Baumwolle ab, und der Archidiaconus, der
ſie mit dem heil. Sacramente erwartete, ſagte laut:
„Naͤhere dich mit Andacht und Glauben.“ Hier-
auf empfieng ſie das geſegnete Brot von dem Erzbi-
ſchofe und ein wenig warmen Wein. Die zwey
Oberprieſter an dieſer Kirche trugen ein goldenes Be-
cken, ein Abt hielt eine goldene Kanne ins Waſſer
zum Waſchen, und zwey andere Aebte hielten das
Handtuch, woran ſich die Kaiſerinn die Haͤnde trock-
nete. Nachdem dieſes geſchehen war, begaben ſich
beyde Majeſtaͤten wiederum in ihre Stuͤhle, und die
Kanonen wurden zum zweyten Mahle geloͤſet und die
Glocken gelaͤutet. Bey dem Schluſſe des Gottes-
dienſtes hielt der Erzbiſchof von Pleskow eine Rede,
worinn er die ſeltenen Tugenden der Kaiſerinn er-
waͤhnte, und zeigte, wie ſehr ſie die Krone verdiente,
die ſie jetzt von Gott und ihrem Gemahl erhalten haͤtte;

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0430" n="420"/>
giengen bis an den Fuß des Altars, und von da in<lb/>
ihre gewo&#x0364;hnlichen Stu&#x0364;hle. Wa&#x0364;hrend des Gottes-<lb/>
dien&#x017F;tes nahm die Kai&#x017F;erinn die Krone ab und u&#x0364;ber-<lb/>
gab &#x017F;ie dem Cabinets&#x017F;ecretair; und nachdem die Ge-<lb/>
bete und Ge&#x017F;a&#x0364;nge geendiget waren, fu&#x0364;hrte der Kai&#x017F;er<lb/>
die Kai&#x017F;erinn, die ihre Krone auf dem Haupte und<lb/>
den Kai&#x017F;erlichen Mantel umhatte, auf einem mit ro-<lb/>
them Sammet und mit goldge&#x017F;tickten Teppichen be-<lb/>
deckten Gange zum Allerheilig&#x017F;ten, wo &#x017F;ie auf ein mit<lb/>
Gold ge&#x017F;ticktes Ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;en niederkniete, und der Erzbi-<lb/>
&#x017F;chof, neben welchem zwey Bi&#x017F;cho&#x0364;fe mit dem heiligen<lb/>
Oel &#x017F;tanden, ihr die Stirn, Bru&#x017F;t und Ha&#x0364;nde im<lb/>
Nahmen des Vaters, des Sohnes und des heil. Gei-<lb/>
&#x017F;tes &#x017F;albte. Die andern Erzbi&#x017F;cho&#x0364;fe wi&#x017F;chten das<lb/>
Oel mit Baumwolle ab, und der Archidiaconus, der<lb/>
&#x017F;ie mit dem heil. Sacramente erwartete, &#x017F;agte laut:<lb/>
&#x201E;Na&#x0364;here dich mit Andacht und Glauben.&#x201C; Hier-<lb/>
auf empfieng &#x017F;ie das ge&#x017F;egnete Brot von dem Erzbi-<lb/>
&#x017F;chofe und ein wenig warmen Wein. Die zwey<lb/>
Oberprie&#x017F;ter an die&#x017F;er Kirche trugen ein goldenes Be-<lb/>
cken, ein Abt hielt eine goldene Kanne ins Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
zum Wa&#x017F;chen, und zwey andere Aebte hielten das<lb/>
Handtuch, woran &#x017F;ich die Kai&#x017F;erinn die Ha&#x0364;nde trock-<lb/>
nete. Nachdem die&#x017F;es ge&#x017F;chehen war, begaben &#x017F;ich<lb/>
beyde Maje&#x017F;ta&#x0364;ten wiederum in ihre Stu&#x0364;hle, und die<lb/>
Kanonen wurden zum zweyten Mahle gelo&#x0364;&#x017F;et und die<lb/>
Glocken gela&#x0364;utet. Bey dem Schlu&#x017F;&#x017F;e des Gottes-<lb/>
dien&#x017F;tes hielt der Erzbi&#x017F;chof von Pleskow eine Rede,<lb/>
worinn er die &#x017F;eltenen Tugenden der Kai&#x017F;erinn er-<lb/>
wa&#x0364;hnte, und zeigte, wie &#x017F;ehr &#x017F;ie die Krone verdiente,<lb/>
die &#x017F;ie jetzt von Gott und ihrem Gemahl erhalten ha&#x0364;tte;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[420/0430] giengen bis an den Fuß des Altars, und von da in ihre gewoͤhnlichen Stuͤhle. Waͤhrend des Gottes- dienſtes nahm die Kaiſerinn die Krone ab und uͤber- gab ſie dem Cabinetsſecretair; und nachdem die Ge- bete und Geſaͤnge geendiget waren, fuͤhrte der Kaiſer die Kaiſerinn, die ihre Krone auf dem Haupte und den Kaiſerlichen Mantel umhatte, auf einem mit ro- them Sammet und mit goldgeſtickten Teppichen be- deckten Gange zum Allerheiligſten, wo ſie auf ein mit Gold geſticktes Kuͤſſen niederkniete, und der Erzbi- ſchof, neben welchem zwey Biſchoͤfe mit dem heiligen Oel ſtanden, ihr die Stirn, Bruſt und Haͤnde im Nahmen des Vaters, des Sohnes und des heil. Gei- ſtes ſalbte. Die andern Erzbiſchoͤfe wiſchten das Oel mit Baumwolle ab, und der Archidiaconus, der ſie mit dem heil. Sacramente erwartete, ſagte laut: „Naͤhere dich mit Andacht und Glauben.“ Hier- auf empfieng ſie das geſegnete Brot von dem Erzbi- ſchofe und ein wenig warmen Wein. Die zwey Oberprieſter an dieſer Kirche trugen ein goldenes Be- cken, ein Abt hielt eine goldene Kanne ins Waſſer zum Waſchen, und zwey andere Aebte hielten das Handtuch, woran ſich die Kaiſerinn die Haͤnde trock- nete. Nachdem dieſes geſchehen war, begaben ſich beyde Majeſtaͤten wiederum in ihre Stuͤhle, und die Kanonen wurden zum zweyten Mahle geloͤſet und die Glocken gelaͤutet. Bey dem Schluſſe des Gottes- dienſtes hielt der Erzbiſchof von Pleskow eine Rede, worinn er die ſeltenen Tugenden der Kaiſerinn er- waͤhnte, und zeigte, wie ſehr ſie die Krone verdiente, die ſie jetzt von Gott und ihrem Gemahl erhalten haͤtte; und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/430
Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/430>, abgerufen am 22.11.2024.