wehre, indem die Kalmucken uns mit Erstaunen an- sahen. Jhr Myrza, oder Oberster, kam zu mir, gab mir die Hand, und sagte in gebrochener Russi- scher Sprache zu mir, daß er mich seit der Action mit dem Schurundunduck kenne. Wir gaben ihm einen Trunk Branntwein, und er begab sich mit sei- ner Parthey wieder weg. Man darf ihnen nicht trauen, denn die Tartarn rauben, wo sie es ohne Ge- fahr thun können. Dieser Zufall machte, daß wir uns entschlossen, niemals auf unserer Reise ohne Ge- wehr zu seyn. Wir reiseten diesen Tag 40 Werste, wagten uns aber wegen der Kalmucken, die in dieser Gegend standen, die ganze Nacht nicht ans Ufer. Den 15ten legten wir 40 Werste zurück, erreichten Zornayar und ruheten den 16ten daselbst aus. Da uns unsere Pferde nunmehr, ohne daß sie waren ab- gewechselt worden, weil wir den ganzen Weg keine be- kommen können, 300 Werste gebracht hatten, so versahen sich die Knechte mit Lebensmitteln und Fou- rage auf den Weg, sponnen das Heu, damit sie es besser fortbringen könnten, und wir schickten sie mit einer Bescheinigung an den Gouverneur wegen des Verlustes der zwey Pferde, die der Regierung gehö- ret hatten, nach Astrakan zurück.
Wir fuhren den 17ten, nachdem wir frische Pfer- de erhalten, und uns mit Seilen versehen hatten, unsere Schlitten und Pferde, im Fall sie einbrechen sollten, heraus zu ziehen, von hier ab; und da diesen Tag Regenwetter war, so brachen viele von unsern Pferden ein, die aber gerettet wurden, weil jedes an einem Seile befestiget war. Wir kamen des Nachts nach Stupingar, nachdem wir 60 Werste zurück ge-
leget
wehre, indem die Kalmucken uns mit Erſtaunen an- ſahen. Jhr Myrza, oder Oberſter, kam zu mir, gab mir die Hand, und ſagte in gebrochener Ruſſi- ſcher Sprache zu mir, daß er mich ſeit der Action mit dem Schurundunduck kenne. Wir gaben ihm einen Trunk Branntwein, und er begab ſich mit ſei- ner Parthey wieder weg. Man darf ihnen nicht trauen, denn die Tartarn rauben, wo ſie es ohne Ge- fahr thun koͤnnen. Dieſer Zufall machte, daß wir uns entſchloſſen, niemals auf unſerer Reiſe ohne Ge- wehr zu ſeyn. Wir reiſeten dieſen Tag 40 Werſte, wagten uns aber wegen der Kalmucken, die in dieſer Gegend ſtanden, die ganze Nacht nicht ans Ufer. Den 15ten legten wir 40 Werſte zuruͤck, erreichten Zornayar und ruheten den 16ten daſelbſt aus. Da uns unſere Pferde nunmehr, ohne daß ſie waren ab- gewechſelt worden, weil wir den ganzen Weg keine be- kommen koͤnnen, 300 Werſte gebracht hatten, ſo verſahen ſich die Knechte mit Lebensmitteln und Fou- rage auf den Weg, ſponnen das Heu, damit ſie es beſſer fortbringen koͤnnten, und wir ſchickten ſie mit einer Beſcheinigung an den Gouverneur wegen des Verluſtes der zwey Pferde, die der Regierung gehoͤ- ret hatten, nach Aſtrakan zuruͤck.
Wir fuhren den 17ten, nachdem wir friſche Pfer- de erhalten, und uns mit Seilen verſehen hatten, unſere Schlitten und Pferde, im Fall ſie einbrechen ſollten, heraus zu ziehen, von hier ab; und da dieſen Tag Regenwetter war, ſo brachen viele von unſern Pferden ein, die aber gerettet wurden, weil jedes an einem Seile befeſtiget war. Wir kamen des Nachts nach Stupingar, nachdem wir 60 Werſte zuruͤck ge-
leget
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0407"n="397"/>
wehre, indem die Kalmucken uns mit Erſtaunen an-<lb/>ſahen. Jhr Myrza, oder Oberſter, kam zu mir,<lb/>
gab mir die Hand, und ſagte in gebrochener Ruſſi-<lb/>ſcher Sprache zu mir, daß er mich ſeit der Action<lb/>
mit dem Schurundunduck kenne. Wir gaben ihm<lb/>
einen Trunk Branntwein, und er begab ſich mit ſei-<lb/>
ner Parthey wieder weg. Man darf ihnen nicht<lb/>
trauen, denn die Tartarn rauben, wo ſie es ohne Ge-<lb/>
fahr thun koͤnnen. Dieſer Zufall machte, daß wir<lb/>
uns entſchloſſen, niemals auf unſerer Reiſe ohne Ge-<lb/>
wehr zu ſeyn. Wir reiſeten dieſen Tag 40 Werſte,<lb/>
wagten uns aber wegen der Kalmucken, die in dieſer<lb/>
Gegend ſtanden, die ganze Nacht nicht ans Ufer.<lb/>
Den 15ten legten wir 40 Werſte zuruͤck, erreichten<lb/>
Zornayar und ruheten den 16ten daſelbſt aus. Da<lb/>
uns unſere Pferde nunmehr, ohne daß ſie waren ab-<lb/>
gewechſelt worden, weil wir den ganzen Weg keine be-<lb/>
kommen koͤnnen, 300 Werſte gebracht hatten, ſo<lb/>
verſahen ſich die Knechte mit Lebensmitteln und Fou-<lb/>
rage auf den Weg, ſponnen das Heu, damit ſie es<lb/>
beſſer fortbringen koͤnnten, und wir ſchickten ſie mit<lb/>
einer Beſcheinigung an den Gouverneur wegen des<lb/>
Verluſtes der zwey Pferde, die der Regierung gehoͤ-<lb/>
ret hatten, nach Aſtrakan zuruͤck.</p><lb/><p>Wir fuhren den 17ten, nachdem wir friſche Pfer-<lb/>
de erhalten, und uns mit Seilen verſehen hatten,<lb/>
unſere Schlitten und Pferde, im Fall ſie einbrechen<lb/>ſollten, heraus zu ziehen, von hier ab; und da dieſen<lb/>
Tag Regenwetter war, ſo brachen viele von unſern<lb/>
Pferden ein, die aber gerettet wurden, weil jedes an<lb/>
einem Seile befeſtiget war. Wir kamen des Nachts<lb/>
nach Stupingar, nachdem wir 60 Werſte zuruͤck ge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">leget</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[397/0407]
wehre, indem die Kalmucken uns mit Erſtaunen an-
ſahen. Jhr Myrza, oder Oberſter, kam zu mir,
gab mir die Hand, und ſagte in gebrochener Ruſſi-
ſcher Sprache zu mir, daß er mich ſeit der Action
mit dem Schurundunduck kenne. Wir gaben ihm
einen Trunk Branntwein, und er begab ſich mit ſei-
ner Parthey wieder weg. Man darf ihnen nicht
trauen, denn die Tartarn rauben, wo ſie es ohne Ge-
fahr thun koͤnnen. Dieſer Zufall machte, daß wir
uns entſchloſſen, niemals auf unſerer Reiſe ohne Ge-
wehr zu ſeyn. Wir reiſeten dieſen Tag 40 Werſte,
wagten uns aber wegen der Kalmucken, die in dieſer
Gegend ſtanden, die ganze Nacht nicht ans Ufer.
Den 15ten legten wir 40 Werſte zuruͤck, erreichten
Zornayar und ruheten den 16ten daſelbſt aus. Da
uns unſere Pferde nunmehr, ohne daß ſie waren ab-
gewechſelt worden, weil wir den ganzen Weg keine be-
kommen koͤnnen, 300 Werſte gebracht hatten, ſo
verſahen ſich die Knechte mit Lebensmitteln und Fou-
rage auf den Weg, ſponnen das Heu, damit ſie es
beſſer fortbringen koͤnnten, und wir ſchickten ſie mit
einer Beſcheinigung an den Gouverneur wegen des
Verluſtes der zwey Pferde, die der Regierung gehoͤ-
ret hatten, nach Aſtrakan zuruͤck.
Wir fuhren den 17ten, nachdem wir friſche Pfer-
de erhalten, und uns mit Seilen verſehen hatten,
unſere Schlitten und Pferde, im Fall ſie einbrechen
ſollten, heraus zu ziehen, von hier ab; und da dieſen
Tag Regenwetter war, ſo brachen viele von unſern
Pferden ein, die aber gerettet wurden, weil jedes an
einem Seile befeſtiget war. Wir kamen des Nachts
nach Stupingar, nachdem wir 60 Werſte zuruͤck ge-
leget
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/407>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.