Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

wir abermal zwey Gefangene bekamen, aber wieder-
um die ganze Nacht unter Gewehr bleiben mußten,
ohne daß wir unsere Zelte aufschlagen oder Feuer ma-
chen konnten, wodurch die Officiers und Gemeinen
durch immerwährendes Marschiren, schlaflose Nächte
und Kälte so abgemattet wurden, daß unsere Armee
sehr schwach und zum Dienste unfähig geworden war.
Wir marschirten den 15ten, unserer Schwäche un-
geachtet, dennoch 25 Werste bis nach Tarku, da sich
denn die Feinde, ehe wir noch dahin kamen, verloh-
ren. Hier wurden zwey Trompeter mit zwey Kosa-
ken, dem Schafkal unsere Annäherung bekannt zu
machen, abgeschickt, die wir aber, indem wir an die
Stadt anrückten, auf der Straße todt fanden. Jh-
re Kleider und Pferde wurden bey sieben Dagestani-
schen nach Tarku gehörigen Tartarn gefunden, die
wir gefangen nahmen, und in Gegenwart des
Schafkals und der Einwohner der Stadt viertheilten,
und die Stücke andern zum Beyspiele an den erhaben-
sten Orten aufhiengen. Der Kaiser machte dem
Schafkal harte Vorwürfe, sowohl wegen des Mor-
des seiner Abgeschickten, als auch wegen seiner be-
trüglichen Verbindung mit seinen Feinden zum Nach-
theil seiner Armee. Der Schafkal versicherte dem
Kaiser, daß er in Ansehung dessen, was geschehen
sey, unschuldig wäre, und daß sich sein Bruder und
zwey von seinen Söhnen an die Spitze eines übelge-
sinnten Corps von seinem Volke gestellet, und wider
ihn rebelliret hätten. Da er sie nunmehr eingezogen
habe, so ersuche er den Kaiser, sie und die übrigen
Mißvergnügten zu nehmen, und mit ihnen zu thun,
was ihm gefällig sey. Sie wurden uns also alle

überge-

wir abermal zwey Gefangene bekamen, aber wieder-
um die ganze Nacht unter Gewehr bleiben mußten,
ohne daß wir unſere Zelte aufſchlagen oder Feuer ma-
chen konnten, wodurch die Officiers und Gemeinen
durch immerwaͤhrendes Marſchiren, ſchlafloſe Naͤchte
und Kaͤlte ſo abgemattet wurden, daß unſere Armee
ſehr ſchwach und zum Dienſte unfaͤhig geworden war.
Wir marſchirten den 15ten, unſerer Schwaͤche un-
geachtet, dennoch 25 Werſte bis nach Tarku, da ſich
denn die Feinde, ehe wir noch dahin kamen, verloh-
ren. Hier wurden zwey Trompeter mit zwey Koſa-
ken, dem Schafkal unſere Annaͤherung bekannt zu
machen, abgeſchickt, die wir aber, indem wir an die
Stadt anruͤckten, auf der Straße todt fanden. Jh-
re Kleider und Pferde wurden bey ſieben Dageſtani-
ſchen nach Tarku gehoͤrigen Tartarn gefunden, die
wir gefangen nahmen, und in Gegenwart des
Schafkals und der Einwohner der Stadt viertheilten,
und die Stuͤcke andern zum Beyſpiele an den erhaben-
ſten Orten aufhiengen. Der Kaiſer machte dem
Schafkal harte Vorwuͤrfe, ſowohl wegen des Mor-
des ſeiner Abgeſchickten, als auch wegen ſeiner be-
truͤglichen Verbindung mit ſeinen Feinden zum Nach-
theil ſeiner Armee. Der Schafkal verſicherte dem
Kaiſer, daß er in Anſehung deſſen, was geſchehen
ſey, unſchuldig waͤre, und daß ſich ſein Bruder und
zwey von ſeinen Soͤhnen an die Spitze eines uͤbelge-
ſinnten Corps von ſeinem Volke geſtellet, und wider
ihn rebelliret haͤtten. Da er ſie nunmehr eingezogen
habe, ſo erſuche er den Kaiſer, ſie und die uͤbrigen
Mißvergnuͤgten zu nehmen, und mit ihnen zu thun,
was ihm gefaͤllig ſey. Sie wurden uns alſo alle

uͤberge-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0354" n="344"/>
wir abermal zwey Gefangene bekamen, aber wieder-<lb/>
um die ganze Nacht unter Gewehr bleiben mußten,<lb/>
ohne daß wir un&#x017F;ere Zelte auf&#x017F;chlagen oder Feuer ma-<lb/>
chen konnten, wodurch die Officiers und Gemeinen<lb/>
durch immerwa&#x0364;hrendes Mar&#x017F;chiren, &#x017F;chlaflo&#x017F;e Na&#x0364;chte<lb/>
und Ka&#x0364;lte &#x017F;o abgemattet wurden, daß un&#x017F;ere Armee<lb/>
&#x017F;ehr &#x017F;chwach und zum Dien&#x017F;te unfa&#x0364;hig geworden war.<lb/>
Wir mar&#x017F;chirten den 15ten, un&#x017F;erer Schwa&#x0364;che un-<lb/>
geachtet, dennoch 25 Wer&#x017F;te bis nach Tarku, da &#x017F;ich<lb/>
denn die Feinde, ehe wir noch dahin kamen, verloh-<lb/>
ren. Hier wurden zwey Trompeter mit zwey Ko&#x017F;a-<lb/>
ken, dem Schafkal un&#x017F;ere Anna&#x0364;herung bekannt zu<lb/>
machen, abge&#x017F;chickt, die wir aber, indem wir an die<lb/>
Stadt anru&#x0364;ckten, auf der Straße todt fanden. Jh-<lb/>
re Kleider und Pferde wurden bey &#x017F;ieben Dage&#x017F;tani-<lb/>
&#x017F;chen nach Tarku geho&#x0364;rigen Tartarn gefunden, die<lb/>
wir gefangen nahmen, und in Gegenwart des<lb/>
Schafkals und der Einwohner der Stadt viertheilten,<lb/>
und die Stu&#x0364;cke andern zum Bey&#x017F;piele an den erhaben-<lb/>
&#x017F;ten Orten aufhiengen. Der Kai&#x017F;er machte dem<lb/>
Schafkal harte Vorwu&#x0364;rfe, &#x017F;owohl wegen des Mor-<lb/>
des &#x017F;einer Abge&#x017F;chickten, als auch wegen &#x017F;einer be-<lb/>
tru&#x0364;glichen Verbindung mit &#x017F;einen Feinden zum Nach-<lb/>
theil &#x017F;einer Armee. Der Schafkal ver&#x017F;icherte dem<lb/>
Kai&#x017F;er, daß er in An&#x017F;ehung de&#x017F;&#x017F;en, was ge&#x017F;chehen<lb/>
&#x017F;ey, un&#x017F;chuldig wa&#x0364;re, und daß &#x017F;ich &#x017F;ein Bruder und<lb/>
zwey von &#x017F;einen So&#x0364;hnen an die Spitze eines u&#x0364;belge-<lb/>
&#x017F;innten Corps von &#x017F;einem Volke ge&#x017F;tellet, und wider<lb/>
ihn rebelliret ha&#x0364;tten. Da er &#x017F;ie nunmehr eingezogen<lb/>
habe, &#x017F;o er&#x017F;uche er den Kai&#x017F;er, &#x017F;ie und die u&#x0364;brigen<lb/>
Mißvergnu&#x0364;gten zu nehmen, und mit ihnen zu thun,<lb/>
was ihm gefa&#x0364;llig &#x017F;ey. Sie wurden uns al&#x017F;o alle<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">u&#x0364;berge-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0354] wir abermal zwey Gefangene bekamen, aber wieder- um die ganze Nacht unter Gewehr bleiben mußten, ohne daß wir unſere Zelte aufſchlagen oder Feuer ma- chen konnten, wodurch die Officiers und Gemeinen durch immerwaͤhrendes Marſchiren, ſchlafloſe Naͤchte und Kaͤlte ſo abgemattet wurden, daß unſere Armee ſehr ſchwach und zum Dienſte unfaͤhig geworden war. Wir marſchirten den 15ten, unſerer Schwaͤche un- geachtet, dennoch 25 Werſte bis nach Tarku, da ſich denn die Feinde, ehe wir noch dahin kamen, verloh- ren. Hier wurden zwey Trompeter mit zwey Koſa- ken, dem Schafkal unſere Annaͤherung bekannt zu machen, abgeſchickt, die wir aber, indem wir an die Stadt anruͤckten, auf der Straße todt fanden. Jh- re Kleider und Pferde wurden bey ſieben Dageſtani- ſchen nach Tarku gehoͤrigen Tartarn gefunden, die wir gefangen nahmen, und in Gegenwart des Schafkals und der Einwohner der Stadt viertheilten, und die Stuͤcke andern zum Beyſpiele an den erhaben- ſten Orten aufhiengen. Der Kaiſer machte dem Schafkal harte Vorwuͤrfe, ſowohl wegen des Mor- des ſeiner Abgeſchickten, als auch wegen ſeiner be- truͤglichen Verbindung mit ſeinen Feinden zum Nach- theil ſeiner Armee. Der Schafkal verſicherte dem Kaiſer, daß er in Anſehung deſſen, was geſchehen ſey, unſchuldig waͤre, und daß ſich ſein Bruder und zwey von ſeinen Soͤhnen an die Spitze eines uͤbelge- ſinnten Corps von ſeinem Volke geſtellet, und wider ihn rebelliret haͤtten. Da er ſie nunmehr eingezogen habe, ſo erſuche er den Kaiſer, ſie und die uͤbrigen Mißvergnuͤgten zu nehmen, und mit ihnen zu thun, was ihm gefaͤllig ſey. Sie wurden uns alſo alle uͤberge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/354
Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/354>, abgerufen am 22.11.2024.