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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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und dem Kaiser die Nachricht brachte, daß die Tür-
ken diese Stadt besetzet hätten, und er auf Befehl
des Großherrn seines Herrn käme, Seiner Majestät
den Argwohn anzuzeigen, den die Pforte über seine in
diesen Gegenden gemachten Progressen habe, und ihn
zugleich zu ersuchen, seine Truppen zurück zu ziehen;
wenn er sich aber dessen weigern sollte, so habe er Be-
fehl, sogleich den Krieg wider Rußland zu erklären.
Nach genauer Ueberlegung fand der Kaiser nicht für
gut, weiter zu gehen, weil er in dieser Verfassung
nicht mit den Türken brechen wollte; vornehmlich
aber deswegen, weil er mit seinen besten Truppen so
weit von seinem Lande entfernt war. Er entschloß
sich daher, sogleich zurück zu gehen, so daß dieses für
jetzt die äußerste Gränze von unserm Zuge nach Per-
sien war, und die Provinzen, die jetzt so eifrig un-
fern Beystand gesucht hatten, sich nach diesem unter
den Schutz der Türken begeben mußten.

Veranlas-
sung der Per-
sischen Unru-
hen.

Die damals in Persien entstandenen Unruhen
waren durch die Trägheit und Nachläßigkeit des
Schah Hußein, ihres Königes, verursacht worden,
der sich weiter um nichts, als um die Ergötzlichkeiten
seines Harans (oder Seraglios) bekümmerte, und sei-
ne Verschnittenen nach ihrem Gefallen regieren ließ.
Dieses bewegte die Tartarn, Moguls und Araber,
verschiedene Einfälle in seine Provinzen zu thun, die
bloß durch Bestechungen mit Gelde wieder daraus
gebracht wurden. Georgi-Chan, der Fürst von
Georgien, war Gouverneur der Stadt Candahar, an
der Gränze von Jndien; da dieser erfuhr oder besorg-
te, daß Myr Weis, der Schatzmeister, Willens
sey, eine Empörung unter den Aghvans zu erregen, so

berichtete

und dem Kaiſer die Nachricht brachte, daß die Tuͤr-
ken dieſe Stadt beſetzet haͤtten, und er auf Befehl
des Großherrn ſeines Herrn kaͤme, Seiner Majeſtaͤt
den Argwohn anzuzeigen, den die Pforte uͤber ſeine in
dieſen Gegenden gemachten Progreſſen habe, und ihn
zugleich zu erſuchen, ſeine Truppen zuruͤck zu ziehen;
wenn er ſich aber deſſen weigern ſollte, ſo habe er Be-
fehl, ſogleich den Krieg wider Rußland zu erklaͤren.
Nach genauer Ueberlegung fand der Kaiſer nicht fuͤr
gut, weiter zu gehen, weil er in dieſer Verfaſſung
nicht mit den Tuͤrken brechen wollte; vornehmlich
aber deswegen, weil er mit ſeinen beſten Truppen ſo
weit von ſeinem Lande entfernt war. Er entſchloß
ſich daher, ſogleich zuruͤck zu gehen, ſo daß dieſes fuͤr
jetzt die aͤußerſte Graͤnze von unſerm Zuge nach Per-
ſien war, und die Provinzen, die jetzt ſo eifrig un-
fern Beyſtand geſucht hatten, ſich nach dieſem unter
den Schutz der Tuͤrken begeben mußten.

Veranlaſ-
ſung der Per-
ſiſchen Unru-
hen.

Die damals in Perſien entſtandenen Unruhen
waren durch die Traͤgheit und Nachlaͤßigkeit des
Schah Hußein, ihres Koͤniges, verurſacht worden,
der ſich weiter um nichts, als um die Ergoͤtzlichkeiten
ſeines Harans (oder Seraglios) bekuͤmmerte, und ſei-
ne Verſchnittenen nach ihrem Gefallen regieren ließ.
Dieſes bewegte die Tartarn, Moguls und Araber,
verſchiedene Einfaͤlle in ſeine Provinzen zu thun, die
bloß durch Beſtechungen mit Gelde wieder daraus
gebracht wurden. Georgi-Chan, der Fuͤrſt von
Georgien, war Gouverneur der Stadt Candahar, an
der Graͤnze von Jndien; da dieſer erfuhr oder beſorg-
te, daß Myr Weis, der Schatzmeiſter, Willens
ſey, eine Empoͤrung unter den Aghvans zu erregen, ſo

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[340/0350] und dem Kaiſer die Nachricht brachte, daß die Tuͤr- ken dieſe Stadt beſetzet haͤtten, und er auf Befehl des Großherrn ſeines Herrn kaͤme, Seiner Majeſtaͤt den Argwohn anzuzeigen, den die Pforte uͤber ſeine in dieſen Gegenden gemachten Progreſſen habe, und ihn zugleich zu erſuchen, ſeine Truppen zuruͤck zu ziehen; wenn er ſich aber deſſen weigern ſollte, ſo habe er Be- fehl, ſogleich den Krieg wider Rußland zu erklaͤren. Nach genauer Ueberlegung fand der Kaiſer nicht fuͤr gut, weiter zu gehen, weil er in dieſer Verfaſſung nicht mit den Tuͤrken brechen wollte; vornehmlich aber deswegen, weil er mit ſeinen beſten Truppen ſo weit von ſeinem Lande entfernt war. Er entſchloß ſich daher, ſogleich zuruͤck zu gehen, ſo daß dieſes fuͤr jetzt die aͤußerſte Graͤnze von unſerm Zuge nach Per- ſien war, und die Provinzen, die jetzt ſo eifrig un- fern Beyſtand geſucht hatten, ſich nach dieſem unter den Schutz der Tuͤrken begeben mußten. Die damals in Perſien entſtandenen Unruhen waren durch die Traͤgheit und Nachlaͤßigkeit des Schah Hußein, ihres Koͤniges, verurſacht worden, der ſich weiter um nichts, als um die Ergoͤtzlichkeiten ſeines Harans (oder Seraglios) bekuͤmmerte, und ſei- ne Verſchnittenen nach ihrem Gefallen regieren ließ. Dieſes bewegte die Tartarn, Moguls und Araber, verſchiedene Einfaͤlle in ſeine Provinzen zu thun, die bloß durch Beſtechungen mit Gelde wieder daraus gebracht wurden. Georgi-Chan, der Fuͤrſt von Georgien, war Gouverneur der Stadt Candahar, an der Graͤnze von Jndien; da dieſer erfuhr oder beſorg- te, daß Myr Weis, der Schatzmeiſter, Willens ſey, eine Empoͤrung unter den Aghvans zu erregen, ſo berichtete

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/350>, abgerufen am 25.11.2024.