der fouragieren waren, so konnten sie diesen Tag nicht zu uns stoßen, und beyde Armeen fiengen an, einan- der zu canonieren, welches bis in die späte Nacht dauerte, und den folgenden Morgen erneuert ward. Da wir noch 23 Bataillons aus Dornick erwarteten, so hielten wir es nicht für rathsam, uns diesen Tag mit dem Feinde einzulassen. Jch wäre an diesem Tage von einem unserer eigenen Soldaten beynahe er- schossen worden, denn da er aus seinem Gliede getre- ten war, und ich ihm befahl, sich wieder zu stellen, er aber nicht gehorchen wollte, so schlug ich ihn über die Schulter und stieß ihn in die Linie, worauf er zurück sprang und mir sein Gewehr mit aufgezogenem Hahne auf die Brust setzte. Jch parierte es so gleich unter- wärts, da denn die Kugel zwischen meinen Füßen in die Erde fuhr. Der Kerl warf sogleich sein Gewehr weg und lief davon, ward aber sogleich von dem Adju- tanten zu Pferde verfolgt, und da er ein starker Mensch war, so ergriff er den Adjutanten bey dem Fuße, warf ihn aus dem Sattel und war eben im Begriffe, sich auf sein Pferd zu schwingen, als der Major dazu kam und sich seiner bemächtigte. Doch wieder zur Sache.
Unser Verzug verschaffte dem Feinde Zeit, das Gehölz niederzuhauen und sich zu verschanzen. Den Abend unterredeten wir uns mit den Französischen Of- ficiers, und bewirtheten einander mit dem, was jeder hatte, auf das freundschaftlichste. Wir wurden dazu um so viel mehr bewogen, weil wir auf beyden Sei- ten glaubten, daß ein Waffenstillstand als der Vor- läufer des Friedens vor der Thür sey. Allein um Mitternacht erfuhren wir ein anderes, indem jeder Befehl erhielt, auf seinem Posten zu erscheinen und
sich
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der fouragieren waren, ſo konnten ſie dieſen Tag nicht zu uns ſtoßen, und beyde Armeen fiengen an, einan- der zu canonieren, welches bis in die ſpaͤte Nacht dauerte, und den folgenden Morgen erneuert ward. Da wir noch 23 Bataillons aus Dornick erwarteten, ſo hielten wir es nicht fuͤr rathſam, uns dieſen Tag mit dem Feinde einzulaſſen. Jch waͤre an dieſem Tage von einem unſerer eigenen Soldaten beynahe er- ſchoſſen worden, denn da er aus ſeinem Gliede getre- ten war, und ich ihm befahl, ſich wieder zu ſtellen, er aber nicht gehorchen wollte, ſo ſchlug ich ihn uͤber die Schulter und ſtieß ihn in die Linie, worauf er zuruͤck ſprang und mir ſein Gewehr mit aufgezogenem Hahne auf die Bruſt ſetzte. Jch parierte es ſo gleich unter- waͤrts, da denn die Kugel zwiſchen meinen Fuͤßen in die Erde fuhr. Der Kerl warf ſogleich ſein Gewehr weg und lief davon, ward aber ſogleich von dem Adju- tanten zu Pferde verfolgt, und da er ein ſtarker Menſch war, ſo ergriff er den Adjutanten bey dem Fuße, warf ihn aus dem Sattel und war eben im Begriffe, ſich auf ſein Pferd zu ſchwingen, als der Major dazu kam und ſich ſeiner bemaͤchtigte. Doch wieder zur Sache.
Unſer Verzug verſchaffte dem Feinde Zeit, das Gehoͤlz niederzuhauen und ſich zu verſchanzen. Den Abend unterredeten wir uns mit den Franzoͤſiſchen Of- ficiers, und bewirtheten einander mit dem, was jeder hatte, auf das freundſchaftlichſte. Wir wurden dazu um ſo viel mehr bewogen, weil wir auf beyden Sei- ten glaubten, daß ein Waffenſtillſtand als der Vor- laͤufer des Friedens vor der Thuͤr ſey. Allein um Mitternacht erfuhren wir ein anderes, indem jeder Befehl erhielt, auf ſeinem Poſten zu erſcheinen und
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der fouragieren waren, ſo konnten ſie dieſen Tag nicht
zu uns ſtoßen, und beyde Armeen fiengen an, einan-
der zu canonieren, welches bis in die ſpaͤte Nacht
dauerte, und den folgenden Morgen erneuert ward.
Da wir noch 23 Bataillons aus Dornick erwarteten,
ſo hielten wir es nicht fuͤr rathſam, uns dieſen Tag
mit dem Feinde einzulaſſen. Jch waͤre an dieſem
Tage von einem unſerer eigenen Soldaten beynahe er-
ſchoſſen worden, denn da er aus ſeinem Gliede getre-
ten war, und ich ihm befahl, ſich wieder zu ſtellen, er
aber nicht gehorchen wollte, ſo ſchlug ich ihn uͤber die
Schulter und ſtieß ihn in die Linie, worauf er zuruͤck
ſprang und mir ſein Gewehr mit aufgezogenem Hahne
auf die Bruſt ſetzte. Jch parierte es ſo gleich unter-
waͤrts, da denn die Kugel zwiſchen meinen Fuͤßen in
die Erde fuhr. Der Kerl warf ſogleich ſein Gewehr
weg und lief davon, ward aber ſogleich von dem Adju-
tanten zu Pferde verfolgt, und da er ein ſtarker Menſch
war, ſo ergriff er den Adjutanten bey dem Fuße, warf
ihn aus dem Sattel und war eben im Begriffe, ſich
auf ſein Pferd zu ſchwingen, als der Major dazu kam
und ſich ſeiner bemaͤchtigte. Doch wieder zur Sache.
Unſer Verzug verſchaffte dem Feinde Zeit, das
Gehoͤlz niederzuhauen und ſich zu verſchanzen. Den
Abend unterredeten wir uns mit den Franzoͤſiſchen Of-
ficiers, und bewirtheten einander mit dem, was jeder
hatte, auf das freundſchaftlichſte. Wir wurden dazu
um ſo viel mehr bewogen, weil wir auf beyden Sei-
ten glaubten, daß ein Waffenſtillſtand als der Vor-
laͤufer des Friedens vor der Thuͤr ſey. Allein um
Mitternacht erfuhren wir ein anderes, indem jeder
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/33>, abgerufen am 21.11.2024.
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