die sie hernach mit Muße verzehren. Es giebt noch eine andere Art Gänse, die Löffelgans genannt; ihre Schnäbel sind lang und rund und am Ende flach, wie ein breit geschlagener Löffel. Wenn dieser Vogel seinen Schnabel ins Wasser steckt, so macht er ein schreckliches Geschrey, das fast dem Geschrey eines Esels beykommt. Von noch einer andern Art, die von einigen die Rothgans genannt wird, giebt es große Heerden an den Caspischen Ufern. Sie gehen ihrem Anführer in sehr regelmäßiger Ordnung nach, und scheinen von weitem einem Regimente Soldaten, die ihrem Befehlshaber folgen, nicht ungleich zu seyn. Sie haben sehr lange scharlachrothe Füße, lange Häl- se, und vielfarbige Federn; ihre Köpfe sehen aber wie Scharlach aus. Der Leib hat vielerley Farben, die schön gemischt sind; ihre Flügel sind scharlachroth. Es ist ein auf alle Art schöner Vogel. Sie über- treffen an der Höhe einen großen Grenadier, wenn er seine Mütze auf hat, und dennoch ist ihr Körper nicht viel stärker als ein Schwan. Man findet daselbst auch schwarze Gänse von gewöhnlicher Größe; diese Art trifft man sonst nirgends an, und sie ist am Ge- schmack allen vorzuziehen. Was die wilden Aenten betrifft, so giebt es deren eine unglaubliche Menge, und ihre Verschiedenheit ist fast unbeschreiblich. Zwey Arten kann ich aber doch nicht unberührt lassen, weil ich sie für die außerordentlichsten gehalten habe. Die eine wird wegen der Farbe ihrer Federn, die durch andere schönfarbige Federn schattiret sind, die Scharlachänte genannt; sie hat einen großen Busch Federn auf dem Kopfe, der wie eine Krone aus- siehet, und mit allen Farben des Regenbogens ver-
mischt
U
die ſie hernach mit Muße verzehren. Es giebt noch eine andere Art Gaͤnſe, die Loͤffelgans genannt; ihre Schnaͤbel ſind lang und rund und am Ende flach, wie ein breit geſchlagener Loͤffel. Wenn dieſer Vogel ſeinen Schnabel ins Waſſer ſteckt, ſo macht er ein ſchreckliches Geſchrey, das faſt dem Geſchrey eines Eſels beykommt. Von noch einer andern Art, die von einigen die Rothgans genannt wird, giebt es große Heerden an den Caspiſchen Ufern. Sie gehen ihrem Anfuͤhrer in ſehr regelmaͤßiger Ordnung nach, und ſcheinen von weitem einem Regimente Soldaten, die ihrem Befehlshaber folgen, nicht ungleich zu ſeyn. Sie haben ſehr lange ſcharlachrothe Fuͤße, lange Haͤl- ſe, und vielfarbige Federn; ihre Koͤpfe ſehen aber wie Scharlach aus. Der Leib hat vielerley Farben, die ſchoͤn gemiſcht ſind; ihre Fluͤgel ſind ſcharlachroth. Es iſt ein auf alle Art ſchoͤner Vogel. Sie uͤber- treffen an der Hoͤhe einen großen Grenadier, wenn er ſeine Muͤtze auf hat, und dennoch iſt ihr Koͤrper nicht viel ſtaͤrker als ein Schwan. Man findet daſelbſt auch ſchwarze Gaͤnſe von gewoͤhnlicher Groͤße; dieſe Art trifft man ſonſt nirgends an, und ſie iſt am Ge- ſchmack allen vorzuziehen. Was die wilden Aenten betrifft, ſo giebt es deren eine unglaubliche Menge, und ihre Verſchiedenheit iſt faſt unbeſchreiblich. Zwey Arten kann ich aber doch nicht unberuͤhrt laſſen, weil ich ſie fuͤr die außerordentlichſten gehalten habe. Die eine wird wegen der Farbe ihrer Federn, die durch andere ſchoͤnfarbige Federn ſchattiret ſind, die Scharlachaͤnte genannt; ſie hat einen großen Buſch Federn auf dem Kopfe, der wie eine Krone aus- ſiehet, und mit allen Farben des Regenbogens ver-
miſcht
U
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0315"n="305"/>
die ſie hernach mit Muße verzehren. Es giebt noch<lb/>
eine andere Art Gaͤnſe, die <hirendition="#fr">Loͤffelgans</hi> genannt;<lb/>
ihre Schnaͤbel ſind lang und rund und am Ende flach,<lb/>
wie ein breit geſchlagener Loͤffel. Wenn dieſer Vogel<lb/>ſeinen Schnabel ins Waſſer ſteckt, ſo macht er ein<lb/>ſchreckliches Geſchrey, das faſt dem Geſchrey eines<lb/>
Eſels beykommt. Von noch einer andern Art, die<lb/>
von einigen die <hirendition="#fr">Rothgans</hi> genannt wird, giebt es<lb/>
große Heerden an den Caspiſchen Ufern. Sie gehen<lb/>
ihrem Anfuͤhrer in ſehr regelmaͤßiger Ordnung nach,<lb/>
und ſcheinen von weitem einem Regimente Soldaten,<lb/>
die ihrem Befehlshaber folgen, nicht ungleich zu ſeyn.<lb/>
Sie haben ſehr lange ſcharlachrothe Fuͤße, lange Haͤl-<lb/>ſe, und vielfarbige Federn; ihre Koͤpfe ſehen aber<lb/>
wie Scharlach aus. Der Leib hat vielerley Farben,<lb/>
die ſchoͤn gemiſcht ſind; ihre Fluͤgel ſind ſcharlachroth.<lb/>
Es iſt ein auf alle Art ſchoͤner Vogel. Sie uͤber-<lb/>
treffen an der Hoͤhe einen großen Grenadier, wenn er<lb/>ſeine Muͤtze auf hat, und dennoch iſt ihr Koͤrper nicht<lb/>
viel ſtaͤrker als ein Schwan. Man findet daſelbſt<lb/>
auch ſchwarze Gaͤnſe von gewoͤhnlicher Groͤße; dieſe<lb/>
Art trifft man ſonſt nirgends an, und ſie iſt am Ge-<lb/>ſchmack allen vorzuziehen. Was die wilden Aenten<lb/>
betrifft, ſo giebt es deren eine unglaubliche Menge,<lb/>
und ihre Verſchiedenheit iſt faſt unbeſchreiblich.<lb/>
Zwey Arten kann ich aber doch nicht unberuͤhrt laſſen,<lb/>
weil ich ſie fuͤr die außerordentlichſten gehalten habe.<lb/>
Die eine wird wegen der Farbe ihrer Federn, die<lb/>
durch andere ſchoͤnfarbige Federn ſchattiret ſind, die<lb/><hirendition="#fr">Scharlachaͤnte</hi> genannt; ſie hat einen großen<lb/>
Buſch Federn auf dem Kopfe, der wie eine Krone aus-<lb/>ſiehet, und mit allen Farben des Regenbogens ver-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">U</fw><fwplace="bottom"type="catch">miſcht</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[305/0315]
die ſie hernach mit Muße verzehren. Es giebt noch
eine andere Art Gaͤnſe, die Loͤffelgans genannt;
ihre Schnaͤbel ſind lang und rund und am Ende flach,
wie ein breit geſchlagener Loͤffel. Wenn dieſer Vogel
ſeinen Schnabel ins Waſſer ſteckt, ſo macht er ein
ſchreckliches Geſchrey, das faſt dem Geſchrey eines
Eſels beykommt. Von noch einer andern Art, die
von einigen die Rothgans genannt wird, giebt es
große Heerden an den Caspiſchen Ufern. Sie gehen
ihrem Anfuͤhrer in ſehr regelmaͤßiger Ordnung nach,
und ſcheinen von weitem einem Regimente Soldaten,
die ihrem Befehlshaber folgen, nicht ungleich zu ſeyn.
Sie haben ſehr lange ſcharlachrothe Fuͤße, lange Haͤl-
ſe, und vielfarbige Federn; ihre Koͤpfe ſehen aber
wie Scharlach aus. Der Leib hat vielerley Farben,
die ſchoͤn gemiſcht ſind; ihre Fluͤgel ſind ſcharlachroth.
Es iſt ein auf alle Art ſchoͤner Vogel. Sie uͤber-
treffen an der Hoͤhe einen großen Grenadier, wenn er
ſeine Muͤtze auf hat, und dennoch iſt ihr Koͤrper nicht
viel ſtaͤrker als ein Schwan. Man findet daſelbſt
auch ſchwarze Gaͤnſe von gewoͤhnlicher Groͤße; dieſe
Art trifft man ſonſt nirgends an, und ſie iſt am Ge-
ſchmack allen vorzuziehen. Was die wilden Aenten
betrifft, ſo giebt es deren eine unglaubliche Menge,
und ihre Verſchiedenheit iſt faſt unbeſchreiblich.
Zwey Arten kann ich aber doch nicht unberuͤhrt laſſen,
weil ich ſie fuͤr die außerordentlichſten gehalten habe.
Die eine wird wegen der Farbe ihrer Federn, die
durch andere ſchoͤnfarbige Federn ſchattiret ſind, die
Scharlachaͤnte genannt; ſie hat einen großen
Buſch Federn auf dem Kopfe, der wie eine Krone aus-
ſiehet, und mit allen Farben des Regenbogens ver-
miſcht
U
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/315>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.