sie hier gehabt hat, ohne eine Mitbuhlerinn, genießen wird. Sie betrachten also diese Art des Todes als einen Uebergang, durch den sie zu dem Genusse der- jenigen Ergötzlichkeiten, woran sie nur einen kleinen Antheil in dieser Welt hatten, gelangen werden. Diese Gewohnheit ist nur bey den Banyanen, und nicht in ganz Jndien üblich.
Jndien wird von drey verschiedenen Völkern be- wohnet: das erste sind die Jndostaner, welches die alten Eingebohrnen dieses Landes sind, eine träge und schmutzige Nation; das zweyte die Moguln, die aus der großen Tartarey gekommen sind, ein kriegerisches und zu den Waffen sehr geneigtes Volk; diese sind alle Mahometaner. Das dritte sind die Banyanen, die ursprünglich aus China herrühren, alle Heiden sind, und sich einzig und allein auf Manufacturen und den Handel legen. Die Banyanen sind verstän- diger, listiger und höflicher, als alle andere Jndia- ner. Es giebt keine Art von Handlung in Persien oder dem Türkischen Gebiete, die nicht größtentheils von ihnen getrieben wird, wie es denn auch in ganz Jndien keine Waaren giebt, womit sie nicht handeln. Die Banyanen unterscheiden sich durch ihre KleidungBanyanen. von den Türkischen Glaubensgenossen, denn sie tragen kein langes Haar, scheren auch ihre Köpfe nicht, wie denn auch die Weiber ihre Angesichter nicht, wie die Mahometaner, bedecken. Schwarze Zähne werden bey ihnen so hoch geschätzt, daß sie die Europäer mit weißen Zähnen nur Bondra oder Affen nennen. Sie tragen auch keine Beinkleider, wie die andern Jndia- ner, sondern nur ein Stück seidnen Zeug, welches sie um sich wickeln, und welches bis auf die dicken Beine
herunter
ſie hier gehabt hat, ohne eine Mitbuhlerinn, genießen wird. Sie betrachten alſo dieſe Art des Todes als einen Uebergang, durch den ſie zu dem Genuſſe der- jenigen Ergoͤtzlichkeiten, woran ſie nur einen kleinen Antheil in dieſer Welt hatten, gelangen werden. Dieſe Gewohnheit iſt nur bey den Banyanen, und nicht in ganz Jndien uͤblich.
Jndien wird von drey verſchiedenen Voͤlkern be- wohnet: das erſte ſind die Jndoſtaner, welches die alten Eingebohrnen dieſes Landes ſind, eine traͤge und ſchmutzige Nation; das zweyte die Moguln, die aus der großen Tartarey gekommen ſind, ein kriegeriſches und zu den Waffen ſehr geneigtes Volk; dieſe ſind alle Mahometaner. Das dritte ſind die Banyanen, die urſpruͤnglich aus China herruͤhren, alle Heiden ſind, und ſich einzig und allein auf Manufacturen und den Handel legen. Die Banyanen ſind verſtaͤn- diger, liſtiger und hoͤflicher, als alle andere Jndia- ner. Es giebt keine Art von Handlung in Perſien oder dem Tuͤrkiſchen Gebiete, die nicht groͤßtentheils von ihnen getrieben wird, wie es denn auch in ganz Jndien keine Waaren giebt, womit ſie nicht handeln. Die Banyanen unterſcheiden ſich durch ihre KleidungBanyanen. von den Tuͤrkiſchen Glaubensgenoſſen, denn ſie tragen kein langes Haar, ſcheren auch ihre Koͤpfe nicht, wie denn auch die Weiber ihre Angeſichter nicht, wie die Mahometaner, bedecken. Schwarze Zaͤhne werden bey ihnen ſo hoch geſchaͤtzt, daß ſie die Europaͤer mit weißen Zaͤhnen nur Bondra oder Affen nennen. Sie tragen auch keine Beinkleider, wie die andern Jndia- ner, ſondern nur ein Stuͤck ſeidnen Zeug, welches ſie um ſich wickeln, und welches bis auf die dicken Beine
herunter
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0309"n="299"/>ſie hier gehabt hat, ohne eine Mitbuhlerinn, genießen<lb/>
wird. Sie betrachten alſo dieſe Art des Todes als<lb/>
einen Uebergang, durch den ſie zu dem Genuſſe der-<lb/>
jenigen Ergoͤtzlichkeiten, woran ſie nur einen kleinen<lb/>
Antheil in dieſer Welt hatten, gelangen werden.<lb/>
Dieſe Gewohnheit iſt nur bey den Banyanen, und<lb/>
nicht in ganz Jndien uͤblich.</p><lb/><p>Jndien wird von drey verſchiedenen Voͤlkern be-<lb/>
wohnet: das erſte ſind die Jndoſtaner, welches die<lb/>
alten Eingebohrnen dieſes Landes ſind, eine traͤge und<lb/>ſchmutzige Nation; das zweyte die Moguln, die aus<lb/>
der großen Tartarey gekommen ſind, ein kriegeriſches<lb/>
und zu den Waffen ſehr geneigtes Volk; dieſe ſind<lb/>
alle Mahometaner. Das dritte ſind die Banyanen,<lb/>
die urſpruͤnglich aus China herruͤhren, alle Heiden<lb/>ſind, und ſich einzig und allein auf Manufacturen<lb/>
und den Handel legen. Die Banyanen ſind verſtaͤn-<lb/>
diger, liſtiger und hoͤflicher, als alle andere Jndia-<lb/>
ner. Es giebt keine Art von Handlung in Perſien<lb/>
oder dem Tuͤrkiſchen Gebiete, die nicht groͤßtentheils<lb/>
von ihnen getrieben wird, wie es denn auch in ganz<lb/>
Jndien keine Waaren giebt, womit ſie nicht handeln.<lb/>
Die Banyanen unterſcheiden ſich durch ihre Kleidung<noteplace="right">Banyanen.</note><lb/>
von den Tuͤrkiſchen Glaubensgenoſſen, denn ſie tragen<lb/>
kein langes Haar, ſcheren auch ihre Koͤpfe nicht, wie<lb/>
denn auch die Weiber ihre Angeſichter nicht, wie die<lb/>
Mahometaner, bedecken. Schwarze Zaͤhne werden<lb/>
bey ihnen ſo hoch geſchaͤtzt, daß ſie die Europaͤer mit<lb/>
weißen Zaͤhnen nur Bondra oder Affen nennen. Sie<lb/>
tragen auch keine Beinkleider, wie die andern Jndia-<lb/>
ner, ſondern nur ein Stuͤck ſeidnen Zeug, welches ſie<lb/>
um ſich wickeln, und welches bis auf die dicken Beine<lb/><fwplace="bottom"type="catch">herunter</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[299/0309]
ſie hier gehabt hat, ohne eine Mitbuhlerinn, genießen
wird. Sie betrachten alſo dieſe Art des Todes als
einen Uebergang, durch den ſie zu dem Genuſſe der-
jenigen Ergoͤtzlichkeiten, woran ſie nur einen kleinen
Antheil in dieſer Welt hatten, gelangen werden.
Dieſe Gewohnheit iſt nur bey den Banyanen, und
nicht in ganz Jndien uͤblich.
Jndien wird von drey verſchiedenen Voͤlkern be-
wohnet: das erſte ſind die Jndoſtaner, welches die
alten Eingebohrnen dieſes Landes ſind, eine traͤge und
ſchmutzige Nation; das zweyte die Moguln, die aus
der großen Tartarey gekommen ſind, ein kriegeriſches
und zu den Waffen ſehr geneigtes Volk; dieſe ſind
alle Mahometaner. Das dritte ſind die Banyanen,
die urſpruͤnglich aus China herruͤhren, alle Heiden
ſind, und ſich einzig und allein auf Manufacturen
und den Handel legen. Die Banyanen ſind verſtaͤn-
diger, liſtiger und hoͤflicher, als alle andere Jndia-
ner. Es giebt keine Art von Handlung in Perſien
oder dem Tuͤrkiſchen Gebiete, die nicht groͤßtentheils
von ihnen getrieben wird, wie es denn auch in ganz
Jndien keine Waaren giebt, womit ſie nicht handeln.
Die Banyanen unterſcheiden ſich durch ihre Kleidung
von den Tuͤrkiſchen Glaubensgenoſſen, denn ſie tragen
kein langes Haar, ſcheren auch ihre Koͤpfe nicht, wie
denn auch die Weiber ihre Angeſichter nicht, wie die
Mahometaner, bedecken. Schwarze Zaͤhne werden
bey ihnen ſo hoch geſchaͤtzt, daß ſie die Europaͤer mit
weißen Zaͤhnen nur Bondra oder Affen nennen. Sie
tragen auch keine Beinkleider, wie die andern Jndia-
ner, ſondern nur ein Stuͤck ſeidnen Zeug, welches ſie
um ſich wickeln, und welches bis auf die dicken Beine
herunter
Banyanen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/309>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.