Kalmucken.die als eine Wache wider die Streifereyen der Kalmu- ckischen Tartarn hierher verlegt sind, welche Tartarn ein großes Stück Land, zwischen der Wolga und dem Flusse Jaick nach dem Caspischen Meere zu, bewohnen, und die linke Seite der Wolga von hier fast bis nach Astrakan besitzen, wo man in diesem un- geheuern Strich Landes nicht ein einziges Haus sie- het, weil sie alle in Zelten wohnen, und sich von ei- nem Orte zum andern begeben, wo sie Weide für ihre großen Heerden Vieh suchen, die aus Pferden, Ka- meelen, Kühen und Schaafen bestehen. Sie säen und ärnten nicht, wie sie denn auch kein Heu für ihr Vieh machen, so daß sie ohne Brot oder andere Ar- ten von Früchten leben. Jm Winter sucht sich ihr Vieh wie andere wilde Thiere zu nähren. Jhre Speise ist Fleisch (besonders das von Pferden), Fi- sche, wilde Vögel und Wildbret, wie sie denn auch einen großen Vorrath an Milch, Butter und Käse haben. Sie ziehen die Milch von Pferden aller an- dern vor, und machen einen starken Branntwein dar- aus, den sie überaus gern trinken; er siehet so hell aus wie Wasser, ich habe aber dessen Zubereitung niemals erfahren können. Die Kalmucken sind in unendlich viele Horden und Clans vertheilet, davon jede unter ihrem eigenen besondern Chan stehet, die aber alle die Oberherrschaft eines Haupt-Chans er- kennen, der Otchicurti-Chan, oder der König der Könige genennet wird, und sein Geschlecht von dem großen Tamerlan herleitet. Er ist ein sehr mächti- ger Fürst und lebt in großer Pracht; allen benachbar- ten Tartarn und selbst den Russen ist er fürchterlich, die sich genöthiget sehen beträchliche Garnisonen auf
der
Kalmucken.die als eine Wache wider die Streifereyen der Kalmu- ckiſchen Tartarn hierher verlegt ſind, welche Tartarn ein großes Stuͤck Land, zwiſchen der Wolga und dem Fluſſe Jaick nach dem Caspiſchen Meere zu, bewohnen, und die linke Seite der Wolga von hier faſt bis nach Aſtrakan beſitzen, wo man in dieſem un- geheuern Strich Landes nicht ein einziges Haus ſie- het, weil ſie alle in Zelten wohnen, und ſich von ei- nem Orte zum andern begeben, wo ſie Weide fuͤr ihre großen Heerden Vieh ſuchen, die aus Pferden, Ka- meelen, Kuͤhen und Schaafen beſtehen. Sie ſaͤen und aͤrnten nicht, wie ſie denn auch kein Heu fuͤr ihr Vieh machen, ſo daß ſie ohne Brot oder andere Ar- ten von Fruͤchten leben. Jm Winter ſucht ſich ihr Vieh wie andere wilde Thiere zu naͤhren. Jhre Speiſe iſt Fleiſch (beſonders das von Pferden), Fi- ſche, wilde Voͤgel und Wildbret, wie ſie denn auch einen großen Vorrath an Milch, Butter und Kaͤſe haben. Sie ziehen die Milch von Pferden aller an- dern vor, und machen einen ſtarken Branntwein dar- aus, den ſie uͤberaus gern trinken; er ſiehet ſo hell aus wie Waſſer, ich habe aber deſſen Zubereitung niemals erfahren koͤnnen. Die Kalmucken ſind in unendlich viele Horden und Clans vertheilet, davon jede unter ihrem eigenen beſondern Chan ſtehet, die aber alle die Oberherrſchaft eines Haupt-Chans er- kennen, der Otchicurti-Chan, oder der Koͤnig der Koͤnige genennet wird, und ſein Geſchlecht von dem großen Tamerlan herleitet. Er iſt ein ſehr maͤchti- ger Fuͤrſt und lebt in großer Pracht; allen benachbar- ten Tartarn und ſelbſt den Ruſſen iſt er fuͤrchterlich, die ſich genoͤthiget ſehen betraͤchliche Garniſonen auf
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die als eine Wache wider die Streifereyen der Kalmu-
ckiſchen Tartarn hierher verlegt ſind, welche Tartarn
ein großes Stuͤck Land, zwiſchen der Wolga und
dem Fluſſe Jaick nach dem Caspiſchen Meere zu,
bewohnen, und die linke Seite der Wolga von hier
faſt bis nach Aſtrakan beſitzen, wo man in dieſem un-
geheuern Strich Landes nicht ein einziges Haus ſie-
het, weil ſie alle in Zelten wohnen, und ſich von ei-
nem Orte zum andern begeben, wo ſie Weide fuͤr ihre
großen Heerden Vieh ſuchen, die aus Pferden, Ka-
meelen, Kuͤhen und Schaafen beſtehen. Sie ſaͤen
und aͤrnten nicht, wie ſie denn auch kein Heu fuͤr ihr
Vieh machen, ſo daß ſie ohne Brot oder andere Ar-
ten von Fruͤchten leben. Jm Winter ſucht ſich ihr
Vieh wie andere wilde Thiere zu naͤhren. Jhre
Speiſe iſt Fleiſch (beſonders das von Pferden), Fi-
ſche, wilde Voͤgel und Wildbret, wie ſie denn auch
einen großen Vorrath an Milch, Butter und Kaͤſe
haben. Sie ziehen die Milch von Pferden aller an-
dern vor, und machen einen ſtarken Branntwein dar-
aus, den ſie uͤberaus gern trinken; er ſiehet ſo hell
aus wie Waſſer, ich habe aber deſſen Zubereitung
niemals erfahren koͤnnen. Die Kalmucken ſind in
unendlich viele Horden und Clans vertheilet, davon
jede unter ihrem eigenen beſondern Chan ſtehet, die
aber alle die Oberherrſchaft eines Haupt-Chans er-
kennen, der Otchicurti-Chan, oder der Koͤnig der
Koͤnige genennet wird, und ſein Geſchlecht von dem
großen Tamerlan herleitet. Er iſt ein ſehr maͤchti-
ger Fuͤrſt und lebt in großer Pracht; allen benachbar-
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/292>, abgerufen am 21.11.2024.
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