nach der Festung geschickte Parthey die darinn be- findliche Besatzung, machte sie nieder, zerstörte die Festung und verbrannte die Schiffe, und ließ nicht die geringste Spur übrig, daß jemals etwas von dieser Art daselbst gewesen sey.
Dieses Unglück verursachte in ganz Rußland verschiedene Muthmaßungen und Betrachtungen, indem nicht die geringste Nachricht weder von der Mannschaft noch von den Schiffern eingegangen war, bis endlich geschlossen wurde, daß sie alle auf dem Caspischen Meere umgekommen seyn müßten. Die ganze Sache wurde endlich dem Czar von einem Officier hinterbracht, der von Geburt ein Deutscher war, in dem Treffen bey Pultawa in Schwedischen Diensten war gefangen worden, und mit dem Ge- neral als Capitän und Adjutant auf diese Expedition gegangen, auch vom Anfange bis zu Ende bey die- sem Vorfalle ein Augenzeuge gewesen war. Er war in dem allgemeinen Blutbade von seinem Wir- the, um ihn zu verkaufen, erhalten worden. Weil er aber keiner schweren Arbeit gewohnt war, so ward er oft von einem Herrn an den andern ver- kauft, bis er endlich an einen Armenischen Kauf- mann kam, der eine Correspondenz mit Armenia- nern in Astracan hatte. Diesem entdeckte er sich, der ihm denn, nachdem er seines Geldes wegen, das er ihn gekostet hatte, Sicherheit bekommen, seine Freyheit gab. Von ihm erhielten wir also diese Nachricht, die vielleicht sonst ewig würde ver- borgen geblieben seyn.
Der
nach der Feſtung geſchickte Parthey die darinn be- findliche Beſatzung, machte ſie nieder, zerſtoͤrte die Feſtung und verbrannte die Schiffe, und ließ nicht die geringſte Spur uͤbrig, daß jemals etwas von dieſer Art daſelbſt geweſen ſey.
Dieſes Ungluͤck verurſachte in ganz Rußland verſchiedene Muthmaßungen und Betrachtungen, indem nicht die geringſte Nachricht weder von der Mannſchaft noch von den Schiffern eingegangen war, bis endlich geſchloſſen wurde, daß ſie alle auf dem Caspiſchen Meere umgekommen ſeyn muͤßten. Die ganze Sache wurde endlich dem Czar von einem Officier hinterbracht, der von Geburt ein Deutſcher war, in dem Treffen bey Pultawa in Schwediſchen Dienſten war gefangen worden, und mit dem Ge- neral als Capitaͤn und Adjutant auf dieſe Expedition gegangen, auch vom Anfange bis zu Ende bey die- ſem Vorfalle ein Augenzeuge geweſen war. Er war in dem allgemeinen Blutbade von ſeinem Wir- the, um ihn zu verkaufen, erhalten worden. Weil er aber keiner ſchweren Arbeit gewohnt war, ſo ward er oft von einem Herrn an den andern ver- kauft, bis er endlich an einen Armeniſchen Kauf- mann kam, der eine Correſpondenz mit Armenia- nern in Aſtracan hatte. Dieſem entdeckte er ſich, der ihm denn, nachdem er ſeines Geldes wegen, das er ihn gekoſtet hatte, Sicherheit bekommen, ſeine Freyheit gab. Von ihm erhielten wir alſo dieſe Nachricht, die vielleicht ſonſt ewig wuͤrde ver- borgen geblieben ſeyn.
Der
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nach der Feſtung geſchickte Parthey die darinn be-
findliche Beſatzung, machte ſie nieder, zerſtoͤrte
die Feſtung und verbrannte die Schiffe, und ließ
nicht die geringſte Spur uͤbrig, daß jemals etwas
von dieſer Art daſelbſt geweſen ſey.
Dieſes Ungluͤck verurſachte in ganz Rußland
verſchiedene Muthmaßungen und Betrachtungen,
indem nicht die geringſte Nachricht weder von der
Mannſchaft noch von den Schiffern eingegangen
war, bis endlich geſchloſſen wurde, daß ſie alle auf
dem Caspiſchen Meere umgekommen ſeyn muͤßten.
Die ganze Sache wurde endlich dem Czar von einem
Officier hinterbracht, der von Geburt ein Deutſcher
war, in dem Treffen bey Pultawa in Schwediſchen
Dienſten war gefangen worden, und mit dem Ge-
neral als Capitaͤn und Adjutant auf dieſe Expedition
gegangen, auch vom Anfange bis zu Ende bey die-
ſem Vorfalle ein Augenzeuge geweſen war. Er
war in dem allgemeinen Blutbade von ſeinem Wir-
the, um ihn zu verkaufen, erhalten worden. Weil
er aber keiner ſchweren Arbeit gewohnt war, ſo
ward er oft von einem Herrn an den andern ver-
kauft, bis er endlich an einen Armeniſchen Kauf-
mann kam, der eine Correſpondenz mit Armenia-
nern in Aſtracan hatte. Dieſem entdeckte er ſich,
der ihm denn, nachdem er ſeines Geldes wegen,
das er ihn gekoſtet hatte, Sicherheit bekommen,
ſeine Freyheit gab. Von ihm erhielten wir alſo
dieſe Nachricht, die vielleicht ſonſt ewig wuͤrde ver-
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/218>, abgerufen am 24.11.2024.
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