Als die Festung fertig war, wollte der Fürst auf dem Flusse weiter herauf gehen und die Erzgruben entde- cken; allein die Tartarn sagten ihm, als sie dieses merkten, daß er den Fluß, wenn er seinem Lause zu folgen gesonnen sey, wegen seiner vielen Wendungen und Krümmen unfahrbar finden würde; wenn er aber bloß zu den Erzgruben wollte, so gebe es einen viel nähern Weg zu Lande, den sie in drey Tagen zurück legen könnten, und daß sie ihn denselben führen wollten. Der Fürst, der ihrer scheinbaren Freundschaft trauete, und wegen ihrer unbeträchtlichen Anzahl auch keine Ursache sich zu fürchten hatte, ließ einen Capitän mit 200 Mann zurück, der die Festung besetzen und die Schiffe bewachen sollte, und marschirte mit seinen tartarischen Führern durch eine Wüste ab. Als sie, anstatt drey, sieben Tage marschiret waren, befanden sie sich, wegen Mangel an Wasser, in der äußersten Verlegenheit, und kamen endlich nach vielen Be- schwerlichkeiten zu den Bergwerken, fanden aber vor denselben den Cham von Usbeck mit 50000 Mann seiner Tartarn, der mit allem Scheine der Freund- schaft dem Fürsten von Beckewitz allen Beystand, so viel ihm nur möglich sey, anbot. Da er auch merk- te, daß der Fürst eine Festung daselbst anlegen wollte, so versprach er, seinem Volke Befehl zu geben, Bau- materialien anzuschaffen, und erbot sich, die Armee, da sie auf ihrem Marsche durch die Wüste wegen Mangel am Wasser viel ausgestanden hätte, und nun wegen des Proviants in Verlegenheit kommen könnte, bey seinen eigenen Leuten in den Kibbits oder Zelten cantoniren zu lassen. Der Cham begegnete dem Fürsten und allen seinen Officieren mit so vieler schein-
baren
Als die Feſtung fertig war, wollte der Fuͤrſt auf dem Fluſſe weiter herauf gehen und die Erzgruben entde- cken; allein die Tartarn ſagten ihm, als ſie dieſes merkten, daß er den Fluß, wenn er ſeinem Lauſe zu folgen geſonnen ſey, wegen ſeiner vielen Wendungen und Kruͤmmen unfahrbar finden wuͤrde; wenn er aber bloß zu den Erzgruben wollte, ſo gebe es einen viel naͤhern Weg zu Lande, den ſie in drey Tagen zuruͤck legen koͤnnten, und daß ſie ihn denſelben fuͤhren wollten. Der Fuͤrſt, der ihrer ſcheinbaren Freundſchaft trauete, und wegen ihrer unbetraͤchtlichen Anzahl auch keine Urſache ſich zu fuͤrchten hatte, ließ einen Capitaͤn mit 200 Mann zuruͤck, der die Feſtung beſetzen und die Schiffe bewachen ſollte, und marſchirte mit ſeinen tartariſchen Fuͤhrern durch eine Wuͤſte ab. Als ſie, anſtatt drey, ſieben Tage marſchiret waren, befanden ſie ſich, wegen Mangel an Waſſer, in der aͤußerſten Verlegenheit, und kamen endlich nach vielen Be- ſchwerlichkeiten zu den Bergwerken, fanden aber vor denſelben den Cham von Usbeck mit 50000 Mann ſeiner Tartarn, der mit allem Scheine der Freund- ſchaft dem Fuͤrſten von Beckewitz allen Beyſtand, ſo viel ihm nur moͤglich ſey, anbot. Da er auch merk- te, daß der Fuͤrſt eine Feſtung daſelbſt anlegen wollte, ſo verſprach er, ſeinem Volke Befehl zu geben, Bau- materialien anzuſchaffen, und erbot ſich, die Armee, da ſie auf ihrem Marſche durch die Wuͤſte wegen Mangel am Waſſer viel ausgeſtanden haͤtte, und nun wegen des Proviants in Verlegenheit kommen koͤnnte, bey ſeinen eigenen Leuten in den Kibbits oder Zelten cantoniren zu laſſen. Der Cham begegnete dem Fuͤrſten und allen ſeinen Officieren mit ſo vieler ſchein-
baren
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0215"n="205"/>
Als die Feſtung fertig war, wollte der Fuͤrſt auf dem<lb/>
Fluſſe weiter herauf gehen und die Erzgruben entde-<lb/>
cken; allein die Tartarn ſagten ihm, als ſie dieſes<lb/>
merkten, daß er den Fluß, wenn er ſeinem Lauſe zu<lb/>
folgen geſonnen ſey, wegen ſeiner vielen Wendungen<lb/>
und Kruͤmmen unfahrbar finden wuͤrde; wenn er<lb/>
aber bloß zu den Erzgruben wollte, ſo gebe es einen viel<lb/>
naͤhern Weg zu Lande, den ſie in drey Tagen zuruͤck<lb/>
legen koͤnnten, und daß ſie ihn denſelben fuͤhren wollten.<lb/>
Der Fuͤrſt, der ihrer ſcheinbaren Freundſchaft trauete,<lb/>
und wegen ihrer unbetraͤchtlichen Anzahl auch keine<lb/>
Urſache ſich zu fuͤrchten hatte, ließ einen Capitaͤn mit<lb/>
200 Mann zuruͤck, der die Feſtung beſetzen und die<lb/>
Schiffe bewachen ſollte, und marſchirte mit ſeinen<lb/>
tartariſchen Fuͤhrern durch eine Wuͤſte ab. Als ſie,<lb/>
anſtatt drey, ſieben Tage marſchiret waren, befanden<lb/>ſie ſich, wegen Mangel an Waſſer, in der aͤußerſten<lb/>
Verlegenheit, und kamen endlich nach vielen Be-<lb/>ſchwerlichkeiten zu den Bergwerken, fanden aber vor<lb/>
denſelben den Cham von Usbeck mit 50000 Mann<lb/>ſeiner Tartarn, der mit allem Scheine der Freund-<lb/>ſchaft dem Fuͤrſten von Beckewitz allen Beyſtand, ſo<lb/>
viel ihm nur moͤglich ſey, anbot. Da er auch merk-<lb/>
te, daß der Fuͤrſt eine Feſtung daſelbſt anlegen wollte,<lb/>ſo verſprach er, ſeinem Volke Befehl zu geben, Bau-<lb/>
materialien anzuſchaffen, und erbot ſich, die Armee,<lb/>
da ſie auf ihrem Marſche durch die Wuͤſte wegen<lb/>
Mangel am Waſſer viel ausgeſtanden haͤtte, und nun<lb/>
wegen des Proviants in Verlegenheit kommen koͤnnte,<lb/>
bey ſeinen eigenen Leuten in den Kibbits oder Zelten<lb/>
cantoniren zu laſſen. Der Cham begegnete dem<lb/>
Fuͤrſten und allen ſeinen Officieren mit ſo vieler ſchein-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">baren</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[205/0215]
Als die Feſtung fertig war, wollte der Fuͤrſt auf dem
Fluſſe weiter herauf gehen und die Erzgruben entde-
cken; allein die Tartarn ſagten ihm, als ſie dieſes
merkten, daß er den Fluß, wenn er ſeinem Lauſe zu
folgen geſonnen ſey, wegen ſeiner vielen Wendungen
und Kruͤmmen unfahrbar finden wuͤrde; wenn er
aber bloß zu den Erzgruben wollte, ſo gebe es einen viel
naͤhern Weg zu Lande, den ſie in drey Tagen zuruͤck
legen koͤnnten, und daß ſie ihn denſelben fuͤhren wollten.
Der Fuͤrſt, der ihrer ſcheinbaren Freundſchaft trauete,
und wegen ihrer unbetraͤchtlichen Anzahl auch keine
Urſache ſich zu fuͤrchten hatte, ließ einen Capitaͤn mit
200 Mann zuruͤck, der die Feſtung beſetzen und die
Schiffe bewachen ſollte, und marſchirte mit ſeinen
tartariſchen Fuͤhrern durch eine Wuͤſte ab. Als ſie,
anſtatt drey, ſieben Tage marſchiret waren, befanden
ſie ſich, wegen Mangel an Waſſer, in der aͤußerſten
Verlegenheit, und kamen endlich nach vielen Be-
ſchwerlichkeiten zu den Bergwerken, fanden aber vor
denſelben den Cham von Usbeck mit 50000 Mann
ſeiner Tartarn, der mit allem Scheine der Freund-
ſchaft dem Fuͤrſten von Beckewitz allen Beyſtand, ſo
viel ihm nur moͤglich ſey, anbot. Da er auch merk-
te, daß der Fuͤrſt eine Feſtung daſelbſt anlegen wollte,
ſo verſprach er, ſeinem Volke Befehl zu geben, Bau-
materialien anzuſchaffen, und erbot ſich, die Armee,
da ſie auf ihrem Marſche durch die Wuͤſte wegen
Mangel am Waſſer viel ausgeſtanden haͤtte, und nun
wegen des Proviants in Verlegenheit kommen koͤnnte,
bey ſeinen eigenen Leuten in den Kibbits oder Zelten
cantoniren zu laſſen. Der Cham begegnete dem
Fuͤrſten und allen ſeinen Officieren mit ſo vieler ſchein-
baren
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/215>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.