Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

gegen Norden, wohnen die asiatischen Kaufleute,
nämlich, Armenianer, Persianer, Türken, Tartarn,
Chineser und Jndianer; aber Juden ist es nicht er-
laubt im Russischen Reiche zu handeln oder zu wohnen.
Dem Senathause gegenüber, auf einer kleinen Jnsel,
stehet die Festung, und da sie in der Mitte liegt, so
kann sie die ganze Stadt beschießen. Die Festung
ist ein mit Ravelinen verstärkter Sechseck; die Wälle
sind alle gewölbt und bombenfest. Sie hat Häuser
für die Officiers und Baraken für die Soldaten von
der Garnison, ein großes Zeughaus, Vorrathshäu-
ser und Magazine, und eine schöne große Kirche, mit
einem sehr hohen Thurme, worauf sich ein Glocken-
spiel befindet, welches alle Tage von 11 Uhr bis
12 spielet. Jn dieser Kirche ist ein großes Begräb-
niß für die Kaiserliche Familie. Die Werke, und
alle inwendige Gebäude sind von Mauersteinen, und
man kann nur auf Zugbrücken, die dem Senathause
gegen über sind, hineinkommen. Weiter unter der
Festung, auf eben der Seite des Flusses, ist Wasilio-
Ostrof (oder Jnsel), darauf der Fürst Menzikof einen
sehr großen Pallast, und eine Menge Häuser aus Zie-
geln zur Bequemlichkeit seiner Hofleute hat erbauen
lassen. Diese Jnsel ist groß, und mit schönen Gär-
ten und Spatziergängen gezieret, und hier siehet man
alle Kaiserliche Pracht, und alle fremde Gesandten
und Minister haben hier Audienz. Bey dieser Gele-
genheit erscheint der Czar allemal als eine Privatper-
son, wie auch sonst überall, und wird nur von einem
Pagen und einem Bedienten begleitet, der ihm seine
mathematischen Jnstrumente und Zeichnungen trägt,
denn er ist ein vortrefflicher Zeichner und verstehet alle

Zweige

gegen Norden, wohnen die aſiatiſchen Kaufleute,
naͤmlich, Armenianer, Perſianer, Tuͤrken, Tartarn,
Chineſer und Jndianer; aber Juden iſt es nicht er-
laubt im Ruſſiſchen Reiche zu handeln oder zu wohnen.
Dem Senathauſe gegenuͤber, auf einer kleinen Jnſel,
ſtehet die Feſtung, und da ſie in der Mitte liegt, ſo
kann ſie die ganze Stadt beſchießen. Die Feſtung
iſt ein mit Ravelinen verſtaͤrkter Sechseck; die Waͤlle
ſind alle gewoͤlbt und bombenfeſt. Sie hat Haͤuſer
fuͤr die Officiers und Baraken fuͤr die Soldaten von
der Garniſon, ein großes Zeughaus, Vorrathshaͤu-
ſer und Magazine, und eine ſchoͤne große Kirche, mit
einem ſehr hohen Thurme, worauf ſich ein Glocken-
ſpiel befindet, welches alle Tage von 11 Uhr bis
12 ſpielet. Jn dieſer Kirche iſt ein großes Begraͤb-
niß fuͤr die Kaiſerliche Familie. Die Werke, und
alle inwendige Gebaͤude ſind von Mauerſteinen, und
man kann nur auf Zugbruͤcken, die dem Senathauſe
gegen uͤber ſind, hineinkommen. Weiter unter der
Feſtung, auf eben der Seite des Fluſſes, iſt Waſilio-
Oſtrof (oder Jnſel), darauf der Fuͤrſt Menzikof einen
ſehr großen Pallaſt, und eine Menge Haͤuſer aus Zie-
geln zur Bequemlichkeit ſeiner Hofleute hat erbauen
laſſen. Dieſe Jnſel iſt groß, und mit ſchoͤnen Gaͤr-
ten und Spatziergaͤngen gezieret, und hier ſiehet man
alle Kaiſerliche Pracht, und alle fremde Geſandten
und Miniſter haben hier Audienz. Bey dieſer Gele-
genheit erſcheint der Czar allemal als eine Privatper-
ſon, wie auch ſonſt uͤberall, und wird nur von einem
Pagen und einem Bedienten begleitet, der ihm ſeine
mathematiſchen Jnſtrumente und Zeichnungen traͤgt,
denn er iſt ein vortrefflicher Zeichner und verſtehet alle

Zweige
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0146" n="136"/>
gegen Norden, wohnen die a&#x017F;iati&#x017F;chen Kaufleute,<lb/>
na&#x0364;mlich, Armenianer, Per&#x017F;ianer, Tu&#x0364;rken, Tartarn,<lb/>
Chine&#x017F;er und Jndianer; aber Juden i&#x017F;t es nicht er-<lb/>
laubt im Ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Reiche zu handeln oder zu wohnen.<lb/>
Dem Senathau&#x017F;e gegenu&#x0364;ber, auf einer kleinen Jn&#x017F;el,<lb/>
&#x017F;tehet die Fe&#x017F;tung, und da &#x017F;ie in der Mitte liegt, &#x017F;o<lb/>
kann &#x017F;ie die ganze Stadt be&#x017F;chießen. Die Fe&#x017F;tung<lb/>
i&#x017F;t ein mit Ravelinen ver&#x017F;ta&#x0364;rkter Sechseck; die Wa&#x0364;lle<lb/>
&#x017F;ind alle gewo&#x0364;lbt und bombenfe&#x017F;t. Sie hat Ha&#x0364;u&#x017F;er<lb/>
fu&#x0364;r die Officiers und Baraken fu&#x0364;r die Soldaten von<lb/>
der Garni&#x017F;on, ein großes Zeughaus, Vorrathsha&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;er und Magazine, und eine &#x017F;cho&#x0364;ne große Kirche, mit<lb/>
einem &#x017F;ehr hohen Thurme, worauf &#x017F;ich ein Glocken-<lb/>
&#x017F;piel befindet, welches alle Tage von 11 Uhr bis<lb/>
12 &#x017F;pielet. Jn die&#x017F;er Kirche i&#x017F;t ein großes Begra&#x0364;b-<lb/>
niß fu&#x0364;r die Kai&#x017F;erliche Familie. Die Werke, und<lb/>
alle inwendige Geba&#x0364;ude &#x017F;ind von Mauer&#x017F;teinen, und<lb/>
man kann nur auf Zugbru&#x0364;cken, die dem Senathau&#x017F;e<lb/>
gegen u&#x0364;ber &#x017F;ind, hineinkommen. Weiter unter der<lb/>
Fe&#x017F;tung, auf eben der Seite des Flu&#x017F;&#x017F;es, i&#x017F;t Wa&#x017F;ilio-<lb/>
O&#x017F;trof (oder Jn&#x017F;el), darauf der Fu&#x0364;r&#x017F;t Menzikof einen<lb/>
&#x017F;ehr großen Palla&#x017F;t, und eine Menge Ha&#x0364;u&#x017F;er aus Zie-<lb/>
geln zur Bequemlichkeit &#x017F;einer Hofleute hat erbauen<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;e Jn&#x017F;el i&#x017F;t groß, und mit &#x017F;cho&#x0364;nen Ga&#x0364;r-<lb/>
ten und Spatzierga&#x0364;ngen gezieret, und hier &#x017F;iehet man<lb/>
alle Kai&#x017F;erliche Pracht, und alle fremde Ge&#x017F;andten<lb/>
und Mini&#x017F;ter haben hier Audienz. Bey die&#x017F;er Gele-<lb/>
genheit er&#x017F;cheint der Czar allemal als eine Privatper-<lb/>
&#x017F;on, wie auch &#x017F;on&#x017F;t u&#x0364;berall, und wird nur von einem<lb/>
Pagen und einem Bedienten begleitet, der ihm &#x017F;eine<lb/>
mathemati&#x017F;chen Jn&#x017F;trumente und Zeichnungen tra&#x0364;gt,<lb/>
denn er i&#x017F;t ein vortrefflicher Zeichner und ver&#x017F;tehet alle<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Zweige</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0146] gegen Norden, wohnen die aſiatiſchen Kaufleute, naͤmlich, Armenianer, Perſianer, Tuͤrken, Tartarn, Chineſer und Jndianer; aber Juden iſt es nicht er- laubt im Ruſſiſchen Reiche zu handeln oder zu wohnen. Dem Senathauſe gegenuͤber, auf einer kleinen Jnſel, ſtehet die Feſtung, und da ſie in der Mitte liegt, ſo kann ſie die ganze Stadt beſchießen. Die Feſtung iſt ein mit Ravelinen verſtaͤrkter Sechseck; die Waͤlle ſind alle gewoͤlbt und bombenfeſt. Sie hat Haͤuſer fuͤr die Officiers und Baraken fuͤr die Soldaten von der Garniſon, ein großes Zeughaus, Vorrathshaͤu- ſer und Magazine, und eine ſchoͤne große Kirche, mit einem ſehr hohen Thurme, worauf ſich ein Glocken- ſpiel befindet, welches alle Tage von 11 Uhr bis 12 ſpielet. Jn dieſer Kirche iſt ein großes Begraͤb- niß fuͤr die Kaiſerliche Familie. Die Werke, und alle inwendige Gebaͤude ſind von Mauerſteinen, und man kann nur auf Zugbruͤcken, die dem Senathauſe gegen uͤber ſind, hineinkommen. Weiter unter der Feſtung, auf eben der Seite des Fluſſes, iſt Waſilio- Oſtrof (oder Jnſel), darauf der Fuͤrſt Menzikof einen ſehr großen Pallaſt, und eine Menge Haͤuſer aus Zie- geln zur Bequemlichkeit ſeiner Hofleute hat erbauen laſſen. Dieſe Jnſel iſt groß, und mit ſchoͤnen Gaͤr- ten und Spatziergaͤngen gezieret, und hier ſiehet man alle Kaiſerliche Pracht, und alle fremde Geſandten und Miniſter haben hier Audienz. Bey dieſer Gele- genheit erſcheint der Czar allemal als eine Privatper- ſon, wie auch ſonſt uͤberall, und wird nur von einem Pagen und einem Bedienten begleitet, der ihm ſeine mathematiſchen Jnſtrumente und Zeichnungen traͤgt, denn er iſt ein vortrefflicher Zeichner und verſtehet alle Zweige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/146
Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/146>, abgerufen am 24.11.2024.