Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

541 Englische Meilen, oder 812 Russische Werste
von Petersburg entfernt.

Stadt Pe-
tersburg.

Der Adel, die vornehmen und reichen Personen,
die sich mit ihren Familien von Moskau hieher bege-
ben hatten, fanden hier einen traurigen Tausch ihrer
Umstände. Anstatt ihrer geraumen Palläste und ho-
hen Häuser in Moskau, und ihrer Landhäuser und
Güter in deren Nachbarschaft, wo sie alles im Ueber-
fluß hatten, fanden sie hier allen Vorrath selten und
die meisten Bequemlichkeiten fehlten. Allein da die-
ser Ort sowohl den Absichten als auch der Gemüths-
beschaffenheit des Czars gemäß war, so achtete er
die Klagen derjenigen wenig, die mehr auf ihre Ruhe
und Schwelgerey als auf den Nutzen ihres Landes
sahen. Die Kaufleute machten ihr Glück in dieser
neuen Stadt, wo alles außerordentlich theuer war.

Diese Stadt war jetzt in ihrer Kindheit, da es
kaum zehn Jahr war, daß der Grund dazu war gele-
get worden. Als der Czar Nöteburg und Neu-
Schanz eingenommen hatte, gieng er bis an den Aus-
fluß der Newa, wo sie in das Baltische Meer fällt
und durch verschiedene Ströme viel Jnseln macht.
Diese Lage gefiel ihm so sehr, daß er diese Stadt zu
bauen beschloß. Er fand hier nur 4 Fischerhütten;
zu diesen setzte er ein Haus für sich auf eine Jnsel ge-
gen Norden des Flusses, und nannte es Petersburg.
Dieses Haus war nur eine Zuflucht vor dem Wetter
und darinn zu ruhen; es ist ein niedriger von Holz ge-
bauter und mit einem hölzernen Gange umgebener
Saal, wo über der Thüre das Jahr 1704 ausge-
hauen ist. Es ist aber zum Andenken dieses großen
Unternehmens seit der Zeit immer beybehalten worden.

Der

541 Engliſche Meilen, oder 812 Ruſſiſche Werſte
von Petersburg entfernt.

Stadt Pe-
tersburg.

Der Adel, die vornehmen und reichen Perſonen,
die ſich mit ihren Familien von Moskau hieher bege-
ben hatten, fanden hier einen traurigen Tauſch ihrer
Umſtaͤnde. Anſtatt ihrer geraumen Pallaͤſte und ho-
hen Haͤuſer in Moskau, und ihrer Landhaͤuſer und
Guͤter in deren Nachbarſchaft, wo ſie alles im Ueber-
fluß hatten, fanden ſie hier allen Vorrath ſelten und
die meiſten Bequemlichkeiten fehlten. Allein da die-
ſer Ort ſowohl den Abſichten als auch der Gemuͤths-
beſchaffenheit des Czars gemaͤß war, ſo achtete er
die Klagen derjenigen wenig, die mehr auf ihre Ruhe
und Schwelgerey als auf den Nutzen ihres Landes
ſahen. Die Kaufleute machten ihr Gluͤck in dieſer
neuen Stadt, wo alles außerordentlich theuer war.

Dieſe Stadt war jetzt in ihrer Kindheit, da es
kaum zehn Jahr war, daß der Grund dazu war gele-
get worden. Als der Czar Noͤteburg und Neu-
Schanz eingenommen hatte, gieng er bis an den Aus-
fluß der Newa, wo ſie in das Baltiſche Meer faͤllt
und durch verſchiedene Stroͤme viel Jnſeln macht.
Dieſe Lage gefiel ihm ſo ſehr, daß er dieſe Stadt zu
bauen beſchloß. Er fand hier nur 4 Fiſcherhuͤtten;
zu dieſen ſetzte er ein Haus fuͤr ſich auf eine Jnſel ge-
gen Norden des Fluſſes, und nannte es Petersburg.
Dieſes Haus war nur eine Zuflucht vor dem Wetter
und darinn zu ruhen; es iſt ein niedriger von Holz ge-
bauter und mit einem hoͤlzernen Gange umgebener
Saal, wo uͤber der Thuͤre das Jahr 1704 ausge-
hauen iſt. Es iſt aber zum Andenken dieſes großen
Unternehmens ſeit der Zeit immer beybehalten worden.

Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0144" n="134"/>
541 Engli&#x017F;che Meilen, oder 812 Ru&#x017F;&#x017F;i&#x017F;che Wer&#x017F;te<lb/>
von Petersburg entfernt.</p><lb/>
        <note place="left">Stadt Pe-<lb/>
tersburg.</note>
        <p>Der Adel, die vornehmen und reichen Per&#x017F;onen,<lb/>
die &#x017F;ich mit ihren Familien von Moskau hieher bege-<lb/>
ben hatten, fanden hier einen traurigen Tau&#x017F;ch ihrer<lb/>
Um&#x017F;ta&#x0364;nde. An&#x017F;tatt ihrer geraumen Palla&#x0364;&#x017F;te und ho-<lb/>
hen Ha&#x0364;u&#x017F;er in Moskau, und ihrer Landha&#x0364;u&#x017F;er und<lb/>
Gu&#x0364;ter in deren Nachbar&#x017F;chaft, wo &#x017F;ie alles im Ueber-<lb/>
fluß hatten, fanden &#x017F;ie hier allen Vorrath &#x017F;elten und<lb/>
die mei&#x017F;ten Bequemlichkeiten fehlten. Allein da die-<lb/>
&#x017F;er Ort &#x017F;owohl den Ab&#x017F;ichten als auch der Gemu&#x0364;ths-<lb/>
be&#x017F;chaffenheit des Czars gema&#x0364;ß war, &#x017F;o achtete er<lb/>
die Klagen derjenigen wenig, die mehr auf ihre Ruhe<lb/>
und Schwelgerey als auf den Nutzen ihres Landes<lb/>
&#x017F;ahen. Die Kaufleute machten ihr Glu&#x0364;ck in die&#x017F;er<lb/>
neuen Stadt, wo alles außerordentlich theuer war.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Stadt war jetzt in ihrer Kindheit, da es<lb/>
kaum zehn Jahr war, daß der Grund dazu war gele-<lb/>
get worden. Als der Czar No&#x0364;teburg und Neu-<lb/>
Schanz eingenommen hatte, gieng er bis an den Aus-<lb/>
fluß der Newa, wo &#x017F;ie in das Balti&#x017F;che Meer fa&#x0364;llt<lb/>
und durch ver&#x017F;chiedene Stro&#x0364;me viel Jn&#x017F;eln macht.<lb/>
Die&#x017F;e Lage gefiel ihm &#x017F;o &#x017F;ehr, daß er die&#x017F;e Stadt zu<lb/>
bauen be&#x017F;chloß. Er fand hier nur 4 Fi&#x017F;cherhu&#x0364;tten;<lb/>
zu die&#x017F;en &#x017F;etzte er ein Haus fu&#x0364;r &#x017F;ich auf eine Jn&#x017F;el ge-<lb/>
gen Norden des Flu&#x017F;&#x017F;es, und nannte es Petersburg.<lb/>
Die&#x017F;es Haus war nur eine Zuflucht vor dem Wetter<lb/>
und darinn zu ruhen; es i&#x017F;t ein niedriger von Holz ge-<lb/>
bauter und mit einem ho&#x0364;lzernen Gange umgebener<lb/>
Saal, wo u&#x0364;ber der Thu&#x0364;re das Jahr 1704 ausge-<lb/>
hauen i&#x017F;t. Es i&#x017F;t aber zum Andenken die&#x017F;es großen<lb/>
Unternehmens &#x017F;eit der Zeit immer beybehalten worden.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0144] 541 Engliſche Meilen, oder 812 Ruſſiſche Werſte von Petersburg entfernt. Der Adel, die vornehmen und reichen Perſonen, die ſich mit ihren Familien von Moskau hieher bege- ben hatten, fanden hier einen traurigen Tauſch ihrer Umſtaͤnde. Anſtatt ihrer geraumen Pallaͤſte und ho- hen Haͤuſer in Moskau, und ihrer Landhaͤuſer und Guͤter in deren Nachbarſchaft, wo ſie alles im Ueber- fluß hatten, fanden ſie hier allen Vorrath ſelten und die meiſten Bequemlichkeiten fehlten. Allein da die- ſer Ort ſowohl den Abſichten als auch der Gemuͤths- beſchaffenheit des Czars gemaͤß war, ſo achtete er die Klagen derjenigen wenig, die mehr auf ihre Ruhe und Schwelgerey als auf den Nutzen ihres Landes ſahen. Die Kaufleute machten ihr Gluͤck in dieſer neuen Stadt, wo alles außerordentlich theuer war. Dieſe Stadt war jetzt in ihrer Kindheit, da es kaum zehn Jahr war, daß der Grund dazu war gele- get worden. Als der Czar Noͤteburg und Neu- Schanz eingenommen hatte, gieng er bis an den Aus- fluß der Newa, wo ſie in das Baltiſche Meer faͤllt und durch verſchiedene Stroͤme viel Jnſeln macht. Dieſe Lage gefiel ihm ſo ſehr, daß er dieſe Stadt zu bauen beſchloß. Er fand hier nur 4 Fiſcherhuͤtten; zu dieſen ſetzte er ein Haus fuͤr ſich auf eine Jnſel ge- gen Norden des Fluſſes, und nannte es Petersburg. Dieſes Haus war nur eine Zuflucht vor dem Wetter und darinn zu ruhen; es iſt ein niedriger von Holz ge- bauter und mit einem hoͤlzernen Gange umgebener Saal, wo uͤber der Thuͤre das Jahr 1704 ausge- hauen iſt. Es iſt aber zum Andenken dieſes großen Unternehmens ſeit der Zeit immer beybehalten worden. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/144
Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/144>, abgerufen am 24.11.2024.