Städten, stehen. Es wurden viele eingezogen, und auf eine sehr ungewöhnliche Art hingerichtet, indem sie mit einer Ribbe an einem eisernen Haken aufge- hangen wurden, und in dieser Quaal acht oder neun Tage lebten: ich habe sie zu Dutzenden an einem Tage aufhängen sehen. Diese Hinrichtungen thaten solche Wirkungen, daß man überall bey Tage und bey Nacht, so sicher als in einem andern Lande, in Ruß- land reisen konnte.
1714. Petersburg wird die Re- sidenz.
Der General Bruce kam den ersten Januar 1714 nach Moskau, seine Familie nach Petersburg abzuholen, nachdem 1000 der besten und reichsten Fa- milien Befehl erhalten hatten, sich dazu gefaßt zu ma- chen, die zur Kaiserlichen Residenz bestimmte Stadt zu bevölkern. Es reiseten also diesen Frühling nach Petersburg ab, die verwittwete Kaiserinn, Gemah- linn des Czars Feodor, (die Schwester des Generals Apraxin) mit ihrer Hofstatt, die Kaiserliche Wittwe des Czars Johannes, nebst ihren drey Töchtern, nämlich, der Prinzessinn Anna, verwittweten Herzo- ginn von Curland (nachmaligen Kaiserinn von Ruß- land), der Prinzessinn Catharina, nachmaligen Her- zoginn von Mecklenburg, und der Prinzessinn Prosco- via, (die unvermählt gestorben ist,) die Prinzessinn Natalia, des Czars einige Schwester mütterlicher Seits, und seine zwey Töchter die Prinzessinn Anna und Elisabeth; wie auch alle Familien vom Range und Stande, nebst allen ausländischen Kaufleuten, indem nun keine Waaren mehr über Archangel nach Moskau kommen durften, so daß diese Hauptstadt, eine der angenehmsten Städte in Rußland, ganz wüste ward, und niemand als gemeine Leute darinn
blieben.
Staͤdten, ſtehen. Es wurden viele eingezogen, und auf eine ſehr ungewoͤhnliche Art hingerichtet, indem ſie mit einer Ribbe an einem eiſernen Haken aufge- hangen wurden, und in dieſer Quaal acht oder neun Tage lebten: ich habe ſie zu Dutzenden an einem Tage aufhaͤngen ſehen. Dieſe Hinrichtungen thaten ſolche Wirkungen, daß man uͤberall bey Tage und bey Nacht, ſo ſicher als in einem andern Lande, in Ruß- land reiſen konnte.
1714. Petersburg wird die Re- ſidenz.
Der General Bruce kam den erſten Januar 1714 nach Moskau, ſeine Familie nach Petersburg abzuholen, nachdem 1000 der beſten und reichſten Fa- milien Befehl erhalten hatten, ſich dazu gefaßt zu ma- chen, die zur Kaiſerlichen Reſidenz beſtimmte Stadt zu bevoͤlkern. Es reiſeten alſo dieſen Fruͤhling nach Petersburg ab, die verwittwete Kaiſerinn, Gemah- linn des Czars Feodor, (die Schweſter des Generals Apraxin) mit ihrer Hofſtatt, die Kaiſerliche Wittwe des Czars Johannes, nebſt ihren drey Toͤchtern, naͤmlich, der Prinzeſſinn Anna, verwittweten Herzo- ginn von Curland (nachmaligen Kaiſerinn von Ruß- land), der Prinzeſſinn Catharina, nachmaligen Her- zoginn von Mecklenburg, und der Prinzeſſinn Prosco- via, (die unvermaͤhlt geſtorben iſt,) die Prinzeſſinn Natalia, des Czars einige Schweſter muͤtterlicher Seits, und ſeine zwey Toͤchter die Prinzeſſinn Anna und Eliſabeth; wie auch alle Familien vom Range und Stande, nebſt allen auslaͤndiſchen Kaufleuten, indem nun keine Waaren mehr uͤber Archangel nach Moskau kommen durften, ſo daß dieſe Hauptſtadt, eine der angenehmſten Staͤdte in Rußland, ganz wuͤſte ward, und niemand als gemeine Leute darinn
blieben.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0126"n="116"/>
Staͤdten, ſtehen. Es wurden viele eingezogen, und<lb/>
auf eine ſehr ungewoͤhnliche Art hingerichtet, indem<lb/>ſie mit einer Ribbe an einem eiſernen Haken aufge-<lb/>
hangen wurden, und in dieſer Quaal acht oder neun<lb/>
Tage lebten: ich habe ſie zu Dutzenden an einem Tage<lb/>
aufhaͤngen ſehen. Dieſe Hinrichtungen thaten ſolche<lb/>
Wirkungen, daß man uͤberall bey Tage und bey<lb/>
Nacht, ſo ſicher als in einem andern Lande, in Ruß-<lb/>
land reiſen konnte.</p><lb/><noteplace="left">1714.<lb/>
Petersburg<lb/>
wird die Re-<lb/>ſidenz.</note><p>Der General Bruce kam den erſten Januar<lb/>
1714 nach Moskau, ſeine Familie nach Petersburg<lb/>
abzuholen, nachdem 1000 der beſten und reichſten Fa-<lb/>
milien Befehl erhalten hatten, ſich dazu gefaßt zu ma-<lb/>
chen, die zur Kaiſerlichen Reſidenz beſtimmte Stadt<lb/>
zu bevoͤlkern. Es reiſeten alſo dieſen Fruͤhling nach<lb/>
Petersburg ab, die verwittwete Kaiſerinn, Gemah-<lb/>
linn des Czars Feodor, (die Schweſter des Generals<lb/>
Apraxin) mit ihrer Hofſtatt, die Kaiſerliche Wittwe<lb/>
des Czars Johannes, nebſt ihren drey Toͤchtern,<lb/>
naͤmlich, der Prinzeſſinn Anna, verwittweten Herzo-<lb/>
ginn von Curland (nachmaligen Kaiſerinn von Ruß-<lb/>
land), der Prinzeſſinn Catharina, nachmaligen Her-<lb/>
zoginn von Mecklenburg, und der Prinzeſſinn Prosco-<lb/>
via, (die unvermaͤhlt geſtorben iſt,) die Prinzeſſinn<lb/>
Natalia, des Czars einige Schweſter muͤtterlicher<lb/>
Seits, und ſeine zwey Toͤchter die Prinzeſſinn Anna<lb/>
und Eliſabeth; wie auch alle Familien vom Range<lb/>
und Stande, nebſt allen auslaͤndiſchen Kaufleuten,<lb/>
indem nun keine Waaren mehr uͤber Archangel nach<lb/>
Moskau kommen durften, ſo daß dieſe Hauptſtadt,<lb/>
eine der angenehmſten Staͤdte in Rußland, ganz<lb/>
wuͤſte ward, und niemand als gemeine Leute darinn<lb/><fwplace="bottom"type="catch">blieben.</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[116/0126]
Staͤdten, ſtehen. Es wurden viele eingezogen, und
auf eine ſehr ungewoͤhnliche Art hingerichtet, indem
ſie mit einer Ribbe an einem eiſernen Haken aufge-
hangen wurden, und in dieſer Quaal acht oder neun
Tage lebten: ich habe ſie zu Dutzenden an einem Tage
aufhaͤngen ſehen. Dieſe Hinrichtungen thaten ſolche
Wirkungen, daß man uͤberall bey Tage und bey
Nacht, ſo ſicher als in einem andern Lande, in Ruß-
land reiſen konnte.
Der General Bruce kam den erſten Januar
1714 nach Moskau, ſeine Familie nach Petersburg
abzuholen, nachdem 1000 der beſten und reichſten Fa-
milien Befehl erhalten hatten, ſich dazu gefaßt zu ma-
chen, die zur Kaiſerlichen Reſidenz beſtimmte Stadt
zu bevoͤlkern. Es reiſeten alſo dieſen Fruͤhling nach
Petersburg ab, die verwittwete Kaiſerinn, Gemah-
linn des Czars Feodor, (die Schweſter des Generals
Apraxin) mit ihrer Hofſtatt, die Kaiſerliche Wittwe
des Czars Johannes, nebſt ihren drey Toͤchtern,
naͤmlich, der Prinzeſſinn Anna, verwittweten Herzo-
ginn von Curland (nachmaligen Kaiſerinn von Ruß-
land), der Prinzeſſinn Catharina, nachmaligen Her-
zoginn von Mecklenburg, und der Prinzeſſinn Prosco-
via, (die unvermaͤhlt geſtorben iſt,) die Prinzeſſinn
Natalia, des Czars einige Schweſter muͤtterlicher
Seits, und ſeine zwey Toͤchter die Prinzeſſinn Anna
und Eliſabeth; wie auch alle Familien vom Range
und Stande, nebſt allen auslaͤndiſchen Kaufleuten,
indem nun keine Waaren mehr uͤber Archangel nach
Moskau kommen durften, ſo daß dieſe Hauptſtadt,
eine der angenehmſten Staͤdte in Rußland, ganz
wuͤſte ward, und niemand als gemeine Leute darinn
blieben.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/126>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.