Das Frauenzimmer willigte in seinen Vorschlag, und er begab sich sogleich zu ihnen, und erfreute sie durch diese glückliche Entdeckung. Der Erfolg ihrer Be- rathschlagungen war, die Madame Catharine, (wie sie damals noch genannt wurde,) um Rath zu fragen, auf welche Art man dem Czar die Sache hinterbrin- gen sollte. Der Oberste nahm also das Geschäft über sich, und erhielt von der Madame die Antwort, morgen wieder zu kommen, da sie ihn denn zu seiner Majestät führen wolle, er aber ihm diese Entdeckung machen und die versprochene Belohnung fordern sollte. Er gieng abgeredeter Maßen hin, und erzählte, nach- dem er war eingeführet worden, den Zufall, durch welchen er das Frauenzimmer entdeckt habe, und stell- te die elende Lage, in der er sie gefunden, vor, und was sie wegen der Zärtlichkeit ihres Geschlechts aus- gestanden haben müsse, da sie so lange an einem so schlechten Orte eingesperret gewesen. Der Czar be- zeugte eine große Reue darüber, daß er die Ursache zu ihrem Leiden gewesen sey, und versprach es wieder gut zu machen. Hier sagte Madame Catharine, sie glaube, der beste Ersatz, den ihr Seine Majestät machen könne, sey, ihr ein ansehnliches Heirathsgut, und den Obersten, der das größte Recht dazu habe, da er sie in Verfolgung seines Wildprets gefangen hätte, zum Manne zu geben. Der Czar war mit dem Vorschla- ge der Madame Catharine vollkommen zufrieden, und gab einem von seinen Lieblingen Befehl, mit dem Obersten zu gehen, und das Frauenzimmer zurück zu bringen, da sie denn, zu unaussprechlicher Freude ihrer Aeltern und Anverwandten, ankam, die alle um sie getrauert hatten. Der Czar machte alle An-
stalten
Das Frauenzimmer willigte in ſeinen Vorſchlag, und er begab ſich ſogleich zu ihnen, und erfreute ſie durch dieſe gluͤckliche Entdeckung. Der Erfolg ihrer Be- rathſchlagungen war, die Madame Catharine, (wie ſie damals noch genannt wurde,) um Rath zu fragen, auf welche Art man dem Czar die Sache hinterbrin- gen ſollte. Der Oberſte nahm alſo das Geſchaͤft uͤber ſich, und erhielt von der Madame die Antwort, morgen wieder zu kommen, da ſie ihn denn zu ſeiner Majeſtaͤt fuͤhren wolle, er aber ihm dieſe Entdeckung machen und die verſprochene Belohnung fordern ſollte. Er gieng abgeredeter Maßen hin, und erzaͤhlte, nach- dem er war eingefuͤhret worden, den Zufall, durch welchen er das Frauenzimmer entdeckt habe, und ſtell- te die elende Lage, in der er ſie gefunden, vor, und was ſie wegen der Zaͤrtlichkeit ihres Geſchlechts aus- geſtanden haben muͤſſe, da ſie ſo lange an einem ſo ſchlechten Orte eingeſperret geweſen. Der Czar be- zeugte eine große Reue daruͤber, daß er die Urſache zu ihrem Leiden geweſen ſey, und verſprach es wieder gut zu machen. Hier ſagte Madame Catharine, ſie glaube, der beſte Erſatz, den ihr Seine Majeſtaͤt machen koͤnne, ſey, ihr ein anſehnliches Heirathsgut, und den Oberſten, der das groͤßte Recht dazu habe, da er ſie in Verfolgung ſeines Wildprets gefangen haͤtte, zum Manne zu geben. Der Czar war mit dem Vorſchla- ge der Madame Catharine vollkommen zufrieden, und gab einem von ſeinen Lieblingen Befehl, mit dem Oberſten zu gehen, und das Frauenzimmer zuruͤck zu bringen, da ſie denn, zu unausſprechlicher Freude ihrer Aeltern und Anverwandten, ankam, die alle um ſie getrauert hatten. Der Czar machte alle An-
ſtalten
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Das Frauenzimmer willigte in ſeinen Vorſchlag, und
er begab ſich ſogleich zu ihnen, und erfreute ſie durch
dieſe gluͤckliche Entdeckung. Der Erfolg ihrer Be-
rathſchlagungen war, die Madame Catharine, (wie
ſie damals noch genannt wurde,) um Rath zu fragen,
auf welche Art man dem Czar die Sache hinterbrin-
gen ſollte. Der Oberſte nahm alſo das Geſchaͤft
uͤber ſich, und erhielt von der Madame die Antwort,
morgen wieder zu kommen, da ſie ihn denn zu ſeiner
Majeſtaͤt fuͤhren wolle, er aber ihm dieſe Entdeckung
machen und die verſprochene Belohnung fordern ſollte.
Er gieng abgeredeter Maßen hin, und erzaͤhlte, nach-
dem er war eingefuͤhret worden, den Zufall, durch
welchen er das Frauenzimmer entdeckt habe, und ſtell-
te die elende Lage, in der er ſie gefunden, vor, und
was ſie wegen der Zaͤrtlichkeit ihres Geſchlechts aus-
geſtanden haben muͤſſe, da ſie ſo lange an einem ſo
ſchlechten Orte eingeſperret geweſen. Der Czar be-
zeugte eine große Reue daruͤber, daß er die Urſache
zu ihrem Leiden geweſen ſey, und verſprach es wieder
gut zu machen. Hier ſagte Madame Catharine, ſie
glaube, der beſte Erſatz, den ihr Seine Majeſtaͤt machen
koͤnne, ſey, ihr ein anſehnliches Heirathsgut, und den
Oberſten, der das groͤßte Recht dazu habe, da er ſie
in Verfolgung ſeines Wildprets gefangen haͤtte, zum
Manne zu geben. Der Czar war mit dem Vorſchla-
ge der Madame Catharine vollkommen zufrieden, und
gab einem von ſeinen Lieblingen Befehl, mit dem
Oberſten zu gehen, und das Frauenzimmer zuruͤck
zu bringen, da ſie denn, zu unausſprechlicher Freude
ihrer Aeltern und Anverwandten, ankam, die alle
um ſie getrauert hatten. Der Czar machte alle An-
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/118>, abgerufen am 24.11.2024.
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