Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

Anleitung

Jnzwischen folge Seneca. "Sey allezeit darauf be-
dacht,

"Daß du dein Sterben nimmer fürchtest, und wenn
dein Geist den Tod betracht,

"Sieh ihn nicht an als eine Strafe, nein, als das Ende
der Natur."

Es ist dein kümmerliches Aengsten und aller Gram ver-
gebens nur,

Ja höchstens schädlich, da er dir die gegenwärtge Süs-
sigkeit

Und Nutzen deines Lebens raubet, und dennoch die Be-
schaffenheit

Von deinem Tode nicht verbessert. So laßt uns denn
vernünftig handeln,

Und thun, was uns zu thun gebührt, so lang wir leben,
redlich wandeln;

Und endlich auch das Glück erwerben,
Daß wir, wenn unsre Stunde kommt, gelassen, ruhig,
willig sterben.

Wann die Todesstunde kommt, so befleißi-
ge dich, daß du wohl, das ist, f[r]öhlich
sterbest. Auch werden die Handlungen
erkläret, welche ein Sterbender vorneh-
men soll.

Wann es nun mit dir dereinst wird zur Sterbens-
stunde kommen,

Dann so sey das Einzige wohl von dir in Acht genom-
men,
Und

Anleitung

Jnzwiſchen folge Seneca. „Sey allezeit darauf be-
dacht,

„Daß du dein Sterben nimmer fuͤrchteſt, und wenn
dein Geiſt den Tod betracht,

„Sieh ihn nicht an als eine Strafe, nein, als das Ende
der Natur.“

Es iſt dein kuͤmmerliches Aengſten und aller Gram ver-
gebens nur,

Ja hoͤchſtens ſchaͤdlich, da er dir die gegenwaͤrtge Suͤſ-
ſigkeit

Und Nutzen deines Lebens raubet, und dennoch die Be-
ſchaffenheit

Von deinem Tode nicht verbeſſert. So laßt uns denn
vernuͤnftig handeln,

Und thun, was uns zu thun gebuͤhrt, ſo lang wir leben,
redlich wandeln;

Und endlich auch das Gluͤck erwerben,
Daß wir, wenn unſre Stunde kommt, gelaſſen, ruhig,
willig ſterben.

Wann die Todesſtunde kommt, ſo befleißi-
ge dich, daß du wohl, das iſt, f[r]oͤhlich
ſterbeſt. Auch werden die Handlungen
erklaͤret, welche ein Sterbender vorneh-
men ſoll.

Wann es nun mit dir dereinſt wird zur Sterbens-
ſtunde kommen,

Dann ſo ſey das Einzige wohl von dir in Acht genom-
men,
Und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg>
              <l>
                <pb facs="#f0638" n="618"/>
                <fw place="top" type="header">Anleitung</fw>
              </l><lb/>
              <l>Jnzwi&#x017F;chen folge Seneca. &#x201E;Sey allezeit darauf be-<lb/><hi rendition="#et">dacht,</hi></l><lb/>
              <l>&#x201E;Daß du dein Sterben nimmer fu&#x0364;rchte&#x017F;t, und wenn<lb/><hi rendition="#et">dein Gei&#x017F;t den Tod betracht,</hi></l><lb/>
              <l>&#x201E;Sieh ihn nicht an als eine Strafe, nein, als das Ende<lb/><hi rendition="#et">der Natur.&#x201C;</hi></l><lb/>
              <l>Es i&#x017F;t dein ku&#x0364;mmerliches Aeng&#x017F;ten und aller Gram ver-<lb/><hi rendition="#et">gebens nur,</hi></l><lb/>
              <l>Ja ho&#x0364;ch&#x017F;tens &#x017F;cha&#x0364;dlich, da er dir die gegenwa&#x0364;rtge Su&#x0364;&#x017F;-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;igkeit</hi></l><lb/>
              <l>Und Nutzen deines Lebens raubet, und dennoch die Be-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;chaffenheit</hi></l><lb/>
              <l>Von deinem Tode nicht verbe&#x017F;&#x017F;ert. So laßt uns denn<lb/><hi rendition="#et">vernu&#x0364;nftig handeln,</hi></l><lb/>
              <l>Und thun, was uns zu thun gebu&#x0364;hrt, &#x017F;o lang wir leben,<lb/><hi rendition="#et">redlich wandeln;</hi></l><lb/>
              <l>Und endlich auch das Glu&#x0364;ck erwerben,</l><lb/>
              <l>Daß wir, wenn un&#x017F;re Stunde kommt, gela&#x017F;&#x017F;en, ruhig,<lb/><hi rendition="#et">willig &#x017F;terben.</hi></l>
            </lg><lb/>
            <p>Wann die Todes&#x017F;tunde kommt, &#x017F;o befleißi-<lb/>
ge dich, daß du wohl, das i&#x017F;t, f<supplied>r</supplied>o&#x0364;hlich<lb/>
&#x017F;terbe&#x017F;t. Auch werden die Handlungen<lb/>
erkla&#x0364;ret, welche ein Sterbender vorneh-<lb/>
men &#x017F;oll.</p><lb/>
            <lg>
              <l><hi rendition="#in">W</hi>ann es nun mit dir derein&#x017F;t wird zur Sterbens-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;tunde kommen,</hi></l><lb/>
              <l>Dann &#x017F;o &#x017F;ey das Einzige wohl von dir in Acht genom-<lb/><hi rendition="#et">men,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/></l>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[618/0638] Anleitung Jnzwiſchen folge Seneca. „Sey allezeit darauf be- dacht, „Daß du dein Sterben nimmer fuͤrchteſt, und wenn dein Geiſt den Tod betracht, „Sieh ihn nicht an als eine Strafe, nein, als das Ende der Natur.“ Es iſt dein kuͤmmerliches Aengſten und aller Gram ver- gebens nur, Ja hoͤchſtens ſchaͤdlich, da er dir die gegenwaͤrtge Suͤſ- ſigkeit Und Nutzen deines Lebens raubet, und dennoch die Be- ſchaffenheit Von deinem Tode nicht verbeſſert. So laßt uns denn vernuͤnftig handeln, Und thun, was uns zu thun gebuͤhrt, ſo lang wir leben, redlich wandeln; Und endlich auch das Gluͤck erwerben, Daß wir, wenn unſre Stunde kommt, gelaſſen, ruhig, willig ſterben. Wann die Todesſtunde kommt, ſo befleißi- ge dich, daß du wohl, das iſt, froͤhlich ſterbeſt. Auch werden die Handlungen erklaͤret, welche ein Sterbender vorneh- men ſoll. Wann es nun mit dir dereinſt wird zur Sterbens- ſtunde kommen, Dann ſo ſey das Einzige wohl von dir in Acht genom- men, Und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/638
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/638>, abgerufen am 22.11.2024.