Jndem durch starke Zückungen sein Bau zerstört wird und verdirbt, Doch mit nicht heftigem Empfinden des Sterbenden, indem er stirbt.
So schmäl' auf unsers Todes Boten, die Krankheit, denn hinfüro nicht, Jndem sie wirklich eine Wohlthat der sich zerstörenden Natur, Da selbige mit Fleiß erfunden zu diesem großen End- zweck nur, Damit du sterbest, weil du sterblich, und weil das Sterben deine Pflicht, Auch daß du zur bestimmten Zeit, nicht eh', auch später nicht, erblassest, Nicht minder, daß du sonder Murren sodann die Seele von dir lassest, Und endlich, daß es sanft geschehe. So dulde denn der Krankheit Plagen, Da du erduldest, daß du sterblich. Die Art des Todes zu ertragen, Darum zerbrich dir nicht den Kopf. Du weißt nicht, was dir nützlich ist, Auch kennst du deine Kräfte nicht. Laß dem, der alles wohl ermißt, Und der für alle sorgt, dieß über. Es heischet deine Schuldigkeit, Auf den, der deine Kräft' und Krankheit, in unfehlba- rer Richtigkeit, Zu messen, zu vergleichen weis, bey deinem einstigen Erblassen Mit möglichster Gelassenheit dich unterwürfig zu verlassen.
Es
zum vergnuͤgten und gelaſſenen Sterben.
Jndem durch ſtarke Zuͤckungen ſein Bau zerſtoͤrt wird und verdirbt, Doch mit nicht heftigem Empfinden des Sterbenden, indem er ſtirbt.
So ſchmaͤl’ auf unſers Todes Boten, die Krankheit, denn hinfuͤro nicht, Jndem ſie wirklich eine Wohlthat der ſich zerſtoͤrenden Natur, Da ſelbige mit Fleiß erfunden zu dieſem großen End- zweck nur, Damit du ſterbeſt, weil du ſterblich, und weil das Sterben deine Pflicht, Auch daß du zur beſtimmten Zeit, nicht eh’, auch ſpaͤter nicht, erblaſſeſt, Nicht minder, daß du ſonder Murren ſodann die Seele von dir laſſeſt, Und endlich, daß es ſanft geſchehe. So dulde denn der Krankheit Plagen, Da du erduldeſt, daß du ſterblich. Die Art des Todes zu ertragen, Darum zerbrich dir nicht den Kopf. Du weißt nicht, was dir nuͤtzlich iſt, Auch kennſt du deine Kraͤfte nicht. Laß dem, der alles wohl ermißt, Und der fuͤr alle ſorgt, dieß uͤber. Es heiſchet deine Schuldigkeit, Auf den, der deine Kraͤft’ und Krankheit, in unfehlba- rer Richtigkeit, Zu meſſen, zu vergleichen weis, bey deinem einſtigen Erblaſſen Mit moͤglichſter Gelaſſenheit dich unterwuͤrfig zu verlaſſen.
Es
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zum vergnuͤgten und gelaſſenen Sterben.
Jndem durch ſtarke Zuͤckungen ſein Bau zerſtoͤrt wird
und verdirbt,
Doch mit nicht heftigem Empfinden des Sterbenden,
indem er ſtirbt.
So ſchmaͤl’ auf unſers Todes Boten, die Krankheit,
denn hinfuͤro nicht,
Jndem ſie wirklich eine Wohlthat der ſich zerſtoͤrenden
Natur,
Da ſelbige mit Fleiß erfunden zu dieſem großen End-
zweck nur,
Damit du ſterbeſt, weil du ſterblich, und weil das
Sterben deine Pflicht,
Auch daß du zur beſtimmten Zeit, nicht eh’, auch
ſpaͤter nicht, erblaſſeſt,
Nicht minder, daß du ſonder Murren ſodann die
Seele von dir laſſeſt,
Und endlich, daß es ſanft geſchehe. So dulde denn
der Krankheit Plagen,
Da du erduldeſt, daß du ſterblich. Die Art des Todes
zu ertragen,
Darum zerbrich dir nicht den Kopf. Du weißt nicht,
was dir nuͤtzlich iſt,
Auch kennſt du deine Kraͤfte nicht. Laß dem, der alles
wohl ermißt,
Und der fuͤr alle ſorgt, dieß uͤber. Es heiſchet deine
Schuldigkeit,
Auf den, der deine Kraͤft’ und Krankheit, in unfehlba-
rer Richtigkeit,
Zu meſſen, zu vergleichen weis, bey deinem einſtigen
Erblaſſen
Mit moͤglichſter Gelaſſenheit dich unterwuͤrfig zu verlaſſen.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/623>, abgerufen am 18.07.2024.
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