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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

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zum vergnügten und gelassenen Sterben.
"Dieß wär entsetzlich." A. Nun wohlan,
Was fängt man mit so fremdem Geist, als wie der dei-
nige, doch an?

Du willt zwar sterben, aber doch nicht schnell und auch
gewaltsam nicht,

Auch langsam nicht, nicht allgemach. So gieb mir selbst
den Unterricht.

Gesund verabscheu'st du den Tod, durch Krankheit soll er
auch nicht kommen,

Auf welche Weise willt du denn, daß dir das Leben sey
genommen?

So laß denn sehn, du, der du Pein im Tod' und alle
Krankheit hassest,

Als seine Boten und Begleiter, ob du hierinn dich wohl
befassest?

Du hältst es billig, daß wir sterben. Jst dieß sonst
was, als aufzuhören?

Des ganzen Körpers festen Bau auf einmal plötzlich zu
zerstören,

Sey hart, gewaltsam, sagest du. Was für ein' herr-
liche Erfindung

Jst denn dieß Mittel der Natur, und in ihr, Gottes!
die Verbindung

Des Menschenkörpers so gefügt, so wunderbar vereint
zu haben,

Daß, selbst durch den Gebrauch zerrieben und abgenützt,
er allgemach,

Und ohn ein sonderbar Empfinden und strenge Schmerzen,
nach und nach

Verschwind' und aufgelöset werde? dieß thut die Krank-
heit. Alle schaben
Am
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zum vergnuͤgten und gelaſſenen Sterben.
„Dieß waͤr entſetzlich.“ A. Nun wohlan,
Was faͤngt man mit ſo fremdem Geiſt, als wie der dei-
nige, doch an?

Du willt zwar ſterben, aber doch nicht ſchnell und auch
gewaltſam nicht,

Auch langſam nicht, nicht allgemach. So gieb mir ſelbſt
den Unterricht.

Geſund verabſcheu’ſt du den Tod, durch Krankheit ſoll er
auch nicht kommen,

Auf welche Weiſe willt du denn, daß dir das Leben ſey
genommen?

So laß denn ſehn, du, der du Pein im Tod’ und alle
Krankheit haſſeſt,

Als ſeine Boten und Begleiter, ob du hierinn dich wohl
befaſſeſt?

Du haͤltſt es billig, daß wir ſterben. Jſt dieß ſonſt
was, als aufzuhoͤren?

Des ganzen Koͤrpers feſten Bau auf einmal ploͤtzlich zu
zerſtoͤren,

Sey hart, gewaltſam, ſageſt du. Was fuͤr ein’ herr-
liche Erfindung

Jſt denn dieß Mittel der Natur, und in ihr, Gottes!
die Verbindung

Des Menſchenkoͤrpers ſo gefuͤgt, ſo wunderbar vereint
zu haben,

Daß, ſelbſt durch den Gebrauch zerrieben und abgenuͤtzt,
er allgemach,

Und ohn ein ſonderbar Empfinden und ſtrenge Schmerzen,
nach und nach

Verſchwind’ und aufgeloͤſet werde? dieß thut die Krank-
heit. Alle ſchaben
Am
P p
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[593/0613] zum vergnuͤgten und gelaſſenen Sterben. „Dieß waͤr entſetzlich.“ A. Nun wohlan, Was faͤngt man mit ſo fremdem Geiſt, als wie der dei- nige, doch an? Du willt zwar ſterben, aber doch nicht ſchnell und auch gewaltſam nicht, Auch langſam nicht, nicht allgemach. So gieb mir ſelbſt den Unterricht. Geſund verabſcheu’ſt du den Tod, durch Krankheit ſoll er auch nicht kommen, Auf welche Weiſe willt du denn, daß dir das Leben ſey genommen? So laß denn ſehn, du, der du Pein im Tod’ und alle Krankheit haſſeſt, Als ſeine Boten und Begleiter, ob du hierinn dich wohl befaſſeſt? Du haͤltſt es billig, daß wir ſterben. Jſt dieß ſonſt was, als aufzuhoͤren? Des ganzen Koͤrpers feſten Bau auf einmal ploͤtzlich zu zerſtoͤren, Sey hart, gewaltſam, ſageſt du. Was fuͤr ein’ herr- liche Erfindung Jſt denn dieß Mittel der Natur, und in ihr, Gottes! die Verbindung Des Menſchenkoͤrpers ſo gefuͤgt, ſo wunderbar vereint zu haben, Daß, ſelbſt durch den Gebrauch zerrieben und abgenuͤtzt, er allgemach, Und ohn ein ſonderbar Empfinden und ſtrenge Schmerzen, nach und nach Verſchwind’ und aufgeloͤſet werde? dieß thut die Krank- heit. Alle ſchaben Am P p

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Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 593. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/613>, abgerufen am 22.11.2024.