Quälen und zerfoltern werden. Es wird dir vielleicht geraubt Aller Reichthum, all dein Gut. Ja vielleicht schwebt der Verlust Deiner Ehre, deiner Würde, über dein veraltert Haupt, So, daß du den andern Menschen zum Gespötte werden mußt. Man wird bey verlängtem Leben dich vielleicht ins Elend schicken. Die Entehrung deiner Kinder harr't vielleicht dereinst auf dich. Es zerfoltert dich vielleicht Stein und Lähmung jämmerlich. Und vielleicht wird dich die Last einer bittern Armuth drücken. B. "Nein, dieß alles will ich nicht; "Aber wie so ungewiß ist, daß dieß dereinst geschicht." A. Jch gesteh' es. Aber hör: Klagtest du nicht bittre Klagen: Es fiel dir ein solches Leben fast nicht möglich zu ertragen, Da dein Sterben ungewiß? Nun es sey. Doch ist ein Leben, Worinn wir in solchen Plagen stets in Ungewißheit schweben, Die noch ärger als der Tod, so vergnüglich? merke doch, Wie dein Wunsch so ungerecht: Du verlangst ein Leben nicht, Wo das Sterben ungewiß, und verlangest jedennoch Ein, und zwar ein langes, Leben, wo dein Glück so leicht zerbricht, Seine Dauer ungewiß, und womit, zu deinem Scha- den, Du leicht könntest elend seyn und mit langer Last bela- den.
Daß
Anleitung
Quaͤlen und zerfoltern werden. Es wird dir vielleicht geraubt Aller Reichthum, all dein Gut. Ja vielleicht ſchwebt der Verluſt Deiner Ehre, deiner Wuͤrde, uͤber dein veraltert Haupt, So, daß du den andern Menſchen zum Geſpoͤtte werden mußt. Man wird bey verlaͤngtem Leben dich vielleicht ins Elend ſchicken. Die Entehrung deiner Kinder harr’t vielleicht dereinſt auf dich. Es zerfoltert dich vielleicht Stein und Laͤhmung jaͤmmerlich. Und vielleicht wird dich die Laſt einer bittern Armuth druͤcken. B. „Nein, dieß alles will ich nicht; „Aber wie ſo ungewiß iſt, daß dieß dereinſt geſchicht.“ A. Jch geſteh’ es. Aber hoͤr: Klagteſt du nicht bittre Klagen: Es fiel dir ein ſolches Leben faſt nicht moͤglich zu ertragen, Da dein Sterben ungewiß? Nun es ſey. Doch iſt ein Leben, Worinn wir in ſolchen Plagen ſtets in Ungewißheit ſchweben, Die noch aͤrger als der Tod, ſo vergnuͤglich? merke doch, Wie dein Wunſch ſo ungerecht: Du verlangſt ein Leben nicht, Wo das Sterben ungewiß, und verlangeſt jedennoch Ein, und zwar ein langes, Leben, wo dein Gluͤck ſo leicht zerbricht, Seine Dauer ungewiß, und womit, zu deinem Scha- den, Du leicht koͤnnteſt elend ſeyn und mit langer Laſt bela- den.
Daß
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Anleitung
Quaͤlen und zerfoltern werden. Es wird dir vielleicht
geraubt
Aller Reichthum, all dein Gut. Ja vielleicht ſchwebt
der Verluſt
Deiner Ehre, deiner Wuͤrde, uͤber dein veraltert Haupt,
So, daß du den andern Menſchen zum Geſpoͤtte werden
mußt.
Man wird bey verlaͤngtem Leben dich vielleicht ins Elend
ſchicken.
Die Entehrung deiner Kinder harr’t vielleicht dereinſt
auf dich.
Es zerfoltert dich vielleicht Stein und Laͤhmung jaͤmmerlich.
Und vielleicht wird dich die Laſt einer bittern Armuth
druͤcken.
B. „Nein, dieß alles will ich nicht;
„Aber wie ſo ungewiß iſt, daß dieß dereinſt geſchicht.“
A. Jch geſteh’ es. Aber hoͤr: Klagteſt du nicht bittre
Klagen:
Es fiel dir ein ſolches Leben faſt nicht moͤglich zu ertragen,
Da dein Sterben ungewiß? Nun es ſey. Doch iſt ein
Leben,
Worinn wir in ſolchen Plagen ſtets in Ungewißheit
ſchweben,
Die noch aͤrger als der Tod, ſo vergnuͤglich? merke doch,
Wie dein Wunſch ſo ungerecht: Du verlangſt ein Leben
nicht,
Wo das Sterben ungewiß, und verlangeſt jedennoch
Ein, und zwar ein langes, Leben, wo dein Gluͤck ſo leicht
zerbricht,
Seine Dauer ungewiß, und womit, zu deinem Scha-
den,
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/604>, abgerufen am 22.11.2024.
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