Jch bin vordem ein Menschenfeind, So gut als Timon selbst, gewesen. Seit ich die Pamela gelesen, Bin ich ihr, und der Menschen, Freund.
Seit ich die Pamela gelesen, Kömmt, nebst dem Bau der Erden, mir Die ganze Menschheit schöner für, Als mir dieselbe sonst gewesen. An Voll- und Unvollkommenheiten Hat jedes Ding bey uns zwo Seiten. Vorhero sah ich jedermann Von seiner schlimmen Seiten an: Jetzt wird mein Blick, von ihr belehrt, Meist auf die gute hingekehrt. Sie zeigt mir zur Vollkommenheit Nicht nur die Möglichkeit allein; Zugleich auch eine Leichtigkeit Beglückt und tugendhaft zu seyn; Auch in uns eine Fähigkeit Jm Guten weiter fortzugehen, Wenn wir nur gut' Exempel sehen. Man merke doch des Beyspiels Kraft, Das von der Pamela zu nehmen: Das Laster selber lernt sich schämen; Ein ganzes Land wird tugendhaft.
Sprich, deutscher Witz, sprich, deutsche Tugend, was ist, das dich hinfort erregt? Sieht Pamela seit dreyen Jahren sich doch kaum einmal aufgelegt!
W.
Der
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Jch bin vordem ein Menſchenfeind, So gut als Timon ſelbſt, geweſen. Seit ich die Pamela geleſen, Bin ich ihr, und der Menſchen, Freund.
Seit ich die Pamela geleſen, Koͤmmt, nebſt dem Bau der Erden, mir Die ganze Menſchheit ſchoͤner fuͤr, Als mir dieſelbe ſonſt geweſen. An Voll- und Unvollkommenheiten Hat jedes Ding bey uns zwo Seiten. Vorhero ſah ich jedermann Von ſeiner ſchlimmen Seiten an: Jetzt wird mein Blick, von ihr belehrt, Meiſt auf die gute hingekehrt. Sie zeigt mir zur Vollkommenheit Nicht nur die Moͤglichkeit allein; Zugleich auch eine Leichtigkeit Begluͤckt und tugendhaft zu ſeyn; Auch in uns eine Faͤhigkeit Jm Guten weiter fortzugehen, Wenn wir nur gut’ Exempel ſehen. Man merke doch des Beyſpiels Kraft, Das von der Pamela zu nehmen: Das Laſter ſelber lernt ſich ſchaͤmen; Ein ganzes Land wird tugendhaft.
Sprich, deutſcher Witz, ſprich, deutſche Tugend, was iſt, das dich hinfort erregt? Sieht Pamela ſeit dreyen Jahren ſich doch kaum einmal aufgelegt!
W.
Der
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Jch bin vordem ein Menſchenfeind,
So gut als Timon ſelbſt, geweſen.
Seit ich die Pamela geleſen,
Bin ich ihr, und der Menſchen, Freund.
Seit ich die Pamela geleſen,
Koͤmmt, nebſt dem Bau der Erden, mir
Die ganze Menſchheit ſchoͤner fuͤr,
Als mir dieſelbe ſonſt geweſen.
An Voll- und Unvollkommenheiten
Hat jedes Ding bey uns zwo Seiten.
Vorhero ſah ich jedermann
Von ſeiner ſchlimmen Seiten an:
Jetzt wird mein Blick, von ihr belehrt,
Meiſt auf die gute hingekehrt.
Sie zeigt mir zur Vollkommenheit
Nicht nur die Moͤglichkeit allein;
Zugleich auch eine Leichtigkeit
Begluͤckt und tugendhaft zu ſeyn;
Auch in uns eine Faͤhigkeit
Jm Guten weiter fortzugehen,
Wenn wir nur gut’ Exempel ſehen.
Man merke doch des Beyſpiels Kraft,
Das von der Pamela zu nehmen:
Das Laſter ſelber lernt ſich ſchaͤmen;
Ein ganzes Land wird tugendhaft.
Sprich, deutſcher Witz, ſprich, deutſche Tugend, was
iſt, das dich hinfort erregt?
Sieht Pamela ſeit dreyen Jahren ſich doch kaum einmal
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/577>, abgerufen am 16.07.2024.
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