Wem Gesundheit nicht gebricht, Der ist reich, und weis es nicht.
Warum giebt, um so kurze Freuden, der Mensch sich doch so große Müh? Die meisten Lüste gleichen Blumen, wenn sie gepflückt sind, sterben sie.
Der wilde Zorn entsteht aus Leiden, ist selbst ein Leid, gebieret Leiden, Er kann vergangne, gegenwärtge, auch künftge Plagen nicht vermeiden.
Kein Wunder ist es, daß die Liebe, von jeher, wenig Anmuth gab: Wenn wir verliebt, hängt unsre Ruhe von eines andern Willkühr ab.
Ach taugte doch die Ueberlegung, uns für den giftgen Neid zu schützen! Ein Unrecht sucht der Zorn zu rächen: die Lieb', ein Gu- tes zu besitzen, Die Furcht, das Böse zu vermeiden: nur ganz allein der schiele Neid Sucht, als sein allerhöchstes Gut, des Nächsten Plag und Herzeleid.
Bey
Vermiſchte Gedichte
Wem Geſundheit nicht gebricht, Der iſt reich, und weis es nicht.
Warum giebt, um ſo kurze Freuden, der Menſch ſich doch ſo große Muͤh? Die meiſten Luͤſte gleichen Blumen, wenn ſie gepfluͤckt ſind, ſterben ſie.
Der wilde Zorn entſteht aus Leiden, iſt ſelbſt ein Leid, gebieret Leiden, Er kann vergangne, gegenwaͤrtge, auch kuͤnftge Plagen nicht vermeiden.
Kein Wunder iſt es, daß die Liebe, von jeher, wenig Anmuth gab: Wenn wir verliebt, haͤngt unſre Ruhe von eines andern Willkuͤhr ab.
Ach taugte doch die Ueberlegung, uns fuͤr den giftgen Neid zu ſchuͤtzen! Ein Unrecht ſucht der Zorn zu raͤchen: die Lieb’, ein Gu- tes zu beſitzen, Die Furcht, das Boͤſe zu vermeiden: nur ganz allein der ſchiele Neid Sucht, als ſein allerhoͤchſtes Gut, des Naͤchſten Plag und Herzeleid.
Bey
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Vermiſchte Gedichte
Wem Geſundheit nicht gebricht,
Der iſt reich, und weis es nicht.
Warum giebt, um ſo kurze Freuden, der Menſch ſich
doch ſo große Muͤh?
Die meiſten Luͤſte gleichen Blumen, wenn ſie gepfluͤckt
ſind, ſterben ſie.
Der wilde Zorn entſteht aus Leiden, iſt ſelbſt ein Leid,
gebieret Leiden,
Er kann vergangne, gegenwaͤrtge, auch kuͤnftge Plagen
nicht vermeiden.
Kein Wunder iſt es, daß die Liebe, von jeher, wenig
Anmuth gab:
Wenn wir verliebt, haͤngt unſre Ruhe von eines andern
Willkuͤhr ab.
Ach taugte doch die Ueberlegung, uns fuͤr den giftgen
Neid zu ſchuͤtzen!
Ein Unrecht ſucht der Zorn zu raͤchen: die Lieb’, ein Gu-
tes zu beſitzen,
Die Furcht, das Boͤſe zu vermeiden: nur ganz allein der
ſchiele Neid
Sucht, als ſein allerhoͤchſtes Gut, des Naͤchſten Plag
und Herzeleid.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/564>, abgerufen am 25.11.2024.
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