Es scheint der wilden Thiere Grimm gerechter noch, als unsre Wut, Sie spornt die Noth nur gegen andre, wir wüten gegen unser Blut, Aus Hunger nicht, aus Geiz und Stolz. Sie sind auch in der That noch größer, Den Vorzug, eine größre Macht und Kraft schenkt ihnen die Natur, Ein Reicher aber ist bey uns so wenig größer als auch besser, Und dennoch ist er mächtiger: Man schmiegt sich vor ihm überall, Um seiner eignen Größe nicht: ein wenig glänzendes Metall, Das er besitzt, macht ihn nur groß. Verliert er die- ses, ist er klein An Ehr und Größ', er wird gleich dumm, verächtlich und ein Narre seyn.
Beym Erndten seh ich das Betragen der Menschen mit Betrübniß an, Dann hat die Unerkenntlichkeit und unser Undank keine Schranken; Ja, minder, als zur Erndtezeit der Mensch dem Schö- pfer danket, kann Bey seinem Korn kein Hammster danken.
Jndem
Vermiſchte Gedichte
Es ſcheint der wilden Thiere Grimm gerechter noch, als unſre Wut, Sie ſpornt die Noth nur gegen andre, wir wuͤten gegen unſer Blut, Aus Hunger nicht, aus Geiz und Stolz. Sie ſind auch in der That noch groͤßer, Den Vorzug, eine groͤßre Macht und Kraft ſchenkt ihnen die Natur, Ein Reicher aber iſt bey uns ſo wenig groͤßer als auch beſſer, Und dennoch iſt er maͤchtiger: Man ſchmiegt ſich vor ihm uͤberall, Um ſeiner eignen Groͤße nicht: ein wenig glaͤnzendes Metall, Das er beſitzt, macht ihn nur groß. Verliert er die- ſes, iſt er klein An Ehr und Groͤß’, er wird gleich dumm, veraͤchtlich und ein Narre ſeyn.
Beym Erndten ſeh ich das Betragen der Menſchen mit Betruͤbniß an, Dann hat die Unerkenntlichkeit und unſer Undank keine Schranken; Ja, minder, als zur Erndtezeit der Menſch dem Schoͤ- pfer danket, kann Bey ſeinem Korn kein Hammſter danken.
Jndem
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Vermiſchte Gedichte
Es ſcheint der wilden Thiere Grimm gerechter noch,
als unſre Wut,
Sie ſpornt die Noth nur gegen andre, wir wuͤten gegen
unſer Blut,
Aus Hunger nicht, aus Geiz und Stolz. Sie ſind auch
in der That noch groͤßer,
Den Vorzug, eine groͤßre Macht und Kraft ſchenkt ihnen
die Natur,
Ein Reicher aber iſt bey uns ſo wenig groͤßer als auch
beſſer,
Und dennoch iſt er maͤchtiger: Man ſchmiegt ſich vor
ihm uͤberall,
Um ſeiner eignen Groͤße nicht: ein wenig glaͤnzendes
Metall,
Das er beſitzt, macht ihn nur groß. Verliert er die-
ſes, iſt er klein
An Ehr und Groͤß’, er wird gleich dumm, veraͤchtlich
und ein Narre ſeyn.
Beym Erndten ſeh ich das Betragen der Menſchen
mit Betruͤbniß an,
Dann hat die Unerkenntlichkeit und unſer Undank keine
Schranken;
Ja, minder, als zur Erndtezeit der Menſch dem Schoͤ-
pfer danket, kann
Bey ſeinem Korn kein Hammſter danken.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/558>, abgerufen am 25.11.2024.
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