Jch schließe dieß mein sehnlichs Wünschen mit dem er- baulichen Gesang, Der ehemals in Thomsons Schriften ganz unnachahm- lichschön erklang.
Lob sey dir, allgemeine Seele des Himmels und der Erden! Wesen, Das mächtig und allgegenwärtig! Nur dir sey Ehre, Lob und Preis! Dir beug ich meine Knie. Dich hab ich zum Vorwurf mir erlesen, Wohin mein Denken einzig steigt. Nur bloß dein Meister- finger weis Dieß große Ganze zu formiren in solcher Vollenkommenheit. Durch dich ziehn alle Zweig' und Kräuter, gehüllet in ein Blätterkleid, Bedeckt von löcherichter Haut, die Himmelsluft, und trinken Thau. Durch dich stehn, als in Hochzeitbetten, die Pflanzen in der Erden Bau. Es sauget seine saftge Kost ein fester Klump gedrehter Röhren. Auf dein Befehlen muß die Sonn', wenn wir im Früh- ling zu ihr kehren, Die starrverdickten Säft' erwecken, die, durch des Win- ters kalten Wind, Bis in das Unterste der Wurzel gedrücket und getrieben sind, Die itzo flüßig circuliren, die durch die sanfte Gährung steigen, Und ungezählte Form- und Farben nunmehr in allen Dingen zeigen.
Nächst diesem will ich mich, gerührt, durch aller Ga- ben große Zahl, Die du mir im verwichnen Jahr, o Herr, geschenket, abermal
Zum
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Jch ſchließe dieß mein ſehnlichs Wuͤnſchen mit dem er- baulichen Geſang, Der ehemals in Thomſons Schriften ganz unnachahm- lichſchoͤn erklang.
Lob ſey dir, allgemeine Seele des Himmels und der Erden! Weſen, Das maͤchtig und allgegenwaͤrtig! Nur dir ſey Ehre, Lob und Preis! Dir beug ich meine Knie. Dich hab ich zum Vorwurf mir erleſen, Wohin mein Denken einzig ſteigt. Nur bloß dein Meiſter- finger weis Dieß große Ganze zu formiren in ſolcher Vollenkommenheit. Durch dich ziehn alle Zweig’ und Kraͤuter, gehuͤllet in ein Blaͤtterkleid, Bedeckt von loͤcherichter Haut, die Himmelsluft, und trinken Thau. Durch dich ſtehn, als in Hochzeitbetten, die Pflanzen in der Erden Bau. Es ſauget ſeine ſaftge Koſt ein feſter Klump gedrehter Roͤhren. Auf dein Befehlen muß die Sonn’, wenn wir im Fruͤh- ling zu ihr kehren, Die ſtarrverdickten Saͤft’ erwecken, die, durch des Win- ters kalten Wind, Bis in das Unterſte der Wurzel gedruͤcket und getrieben ſind, Die itzo fluͤßig circuliren, die durch die ſanfte Gaͤhrung ſteigen, Und ungezaͤhlte Form- und Farben nunmehr in allen Dingen zeigen.
Naͤchſt dieſem will ich mich, geruͤhrt, durch aller Ga- ben große Zahl, Die du mir im verwichnen Jahr, o Herr, geſchenket, abermal
Zum
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Jch ſchließe dieß mein ſehnlichs Wuͤnſchen mit dem er-
baulichen Geſang,
Der ehemals in Thomſons Schriften ganz unnachahm-
lichſchoͤn erklang.
Lob ſey dir, allgemeine Seele des Himmels und der
Erden! Weſen,
Das maͤchtig und allgegenwaͤrtig! Nur dir ſey Ehre,
Lob und Preis!
Dir beug ich meine Knie. Dich hab ich zum Vorwurf
mir erleſen,
Wohin mein Denken einzig ſteigt. Nur bloß dein Meiſter-
finger weis
Dieß große Ganze zu formiren in ſolcher Vollenkommenheit.
Durch dich ziehn alle Zweig’ und Kraͤuter, gehuͤllet in ein
Blaͤtterkleid,
Bedeckt von loͤcherichter Haut, die Himmelsluft, und
trinken Thau.
Durch dich ſtehn, als in Hochzeitbetten, die Pflanzen
in der Erden Bau.
Es ſauget ſeine ſaftge Koſt ein feſter Klump gedrehter Roͤhren.
Auf dein Befehlen muß die Sonn’, wenn wir im Fruͤh-
ling zu ihr kehren,
Die ſtarrverdickten Saͤft’ erwecken, die, durch des Win-
ters kalten Wind,
Bis in das Unterſte der Wurzel gedruͤcket und getrieben ſind,
Die itzo fluͤßig circuliren, die durch die ſanfte Gaͤhrung ſteigen,
Und ungezaͤhlte Form- und Farben nunmehr in allen
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Naͤchſt dieſem will ich mich, geruͤhrt, durch aller Ga-
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/539>, abgerufen am 16.07.2024.
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