Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

zum irdischen Vergnügen in Gott.

Gefällt er sich jedoch noch mehr. Er scheint ein' Art
Selbständigkeit

Jn seinem Wesen zu besitzen, er findet einen Unterscheid
Jn sich, der ihn von allem trennt, was in der ganzen
Welt vorhanden.

Dieß findet er, doch weis er nicht, wie er und alle
Ding' entstanden.

Von einer Gottheit weis er nichts, so lang' als er sich
selbst gelassen.

Doch wird, durch Schlüsse der Vernunft, er leichtlich,
daß ein Gott sey, fassen.

Sie lehret ihn, aus der Erfahrung, daß überall, in
allen Dingen,

Kein einzigs Ding sich selber bilden, und nichts sich könn'
in Ordnung bringen;

Daß folglich, noch vor aller Ordnung, ein weises über-
legend Wesen,

Die Quelle von der Ordnung selbst, sich einen weisen
Zweck erlesen,

Wornach die Körper einzurichten. Hieraus nun folget
sonnenklar:

Daß Gott, in den geschaffnen Werken, sich unsern
Seelen offenbar.

Das wunderbare Weltgebäude, und seine Herrlichkeit allein,
Zeigt uns in seiner Ordnung Gott und sein unwider-
sprechlichs Seyn.

Sein Wesen, als den Urstand, Ursprung, und den Re-
gierer aller Dinge,

Bey dem der Welten Heer nicht groß, doch auch kein
Staub nicht zu geringe

Und seiner Aufsicht unwerth ist, da er von ihm sein
Seyn empfinge.

Je

zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.

Gefaͤllt er ſich jedoch noch mehr. Er ſcheint ein’ Art
Selbſtaͤndigkeit

Jn ſeinem Weſen zu beſitzen, er findet einen Unterſcheid
Jn ſich, der ihn von allem trennt, was in der ganzen
Welt vorhanden.

Dieß findet er, doch weis er nicht, wie er und alle
Ding’ entſtanden.

Von einer Gottheit weis er nichts, ſo lang’ als er ſich
ſelbſt gelaſſen.

Doch wird, durch Schluͤſſe der Vernunft, er leichtlich,
daß ein Gott ſey, faſſen.

Sie lehret ihn, aus der Erfahrung, daß uͤberall, in
allen Dingen,

Kein einzigs Ding ſich ſelber bilden, und nichts ſich koͤnn’
in Ordnung bringen;

Daß folglich, noch vor aller Ordnung, ein weiſes uͤber-
legend Weſen,

Die Quelle von der Ordnung ſelbſt, ſich einen weiſen
Zweck erleſen,

Wornach die Koͤrper einzurichten. Hieraus nun folget
ſonnenklar:

Daß Gott, in den geſchaffnen Werken, ſich unſern
Seelen offenbar.

Das wunderbare Weltgebaͤude, und ſeine Herrlichkeit allein,
Zeigt uns in ſeiner Ordnung Gott und ſein unwider-
ſprechlichs Seyn.

Sein Weſen, als den Urſtand, Urſprung, und den Re-
gierer aller Dinge,

Bey dem der Welten Heer nicht groß, doch auch kein
Staub nicht zu geringe

Und ſeiner Aufſicht unwerth iſt, da er von ihm ſein
Seyn empfinge.

Je
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg n="22">
            <l>
              <pb facs="#f0527" n="507"/>
              <fw place="top" type="header">zum irdi&#x017F;chen Vergnu&#x0364;gen in Gott.</fw>
            </l><lb/>
            <l>Gefa&#x0364;llt er &#x017F;ich jedoch noch mehr. Er &#x017F;cheint ein&#x2019; Art<lb/><hi rendition="#et">Selb&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit</hi></l><lb/>
            <l>Jn &#x017F;einem We&#x017F;en zu be&#x017F;itzen, er findet einen Unter&#x017F;cheid</l><lb/>
            <l>Jn &#x017F;ich, der ihn von allem trennt, was in der ganzen<lb/><hi rendition="#et">Welt vorhanden.</hi></l><lb/>
            <l>Dieß findet er, doch weis er nicht, wie er und alle<lb/><hi rendition="#et">Ding&#x2019; ent&#x017F;tanden.</hi></l><lb/>
            <l>Von einer Gottheit weis er nichts, &#x017F;o lang&#x2019; als er &#x017F;ich<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;elb&#x017F;t gela&#x017F;&#x017F;en.</hi></l><lb/>
            <l>Doch wird, durch Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der Vernunft, er leichtlich,<lb/><hi rendition="#et">daß ein Gott &#x017F;ey, fa&#x017F;&#x017F;en.</hi></l><lb/>
            <l>Sie lehret ihn, aus der Erfahrung, daß u&#x0364;berall, in<lb/><hi rendition="#et">allen Dingen,</hi></l><lb/>
            <l>Kein einzigs Ding &#x017F;ich &#x017F;elber bilden, und nichts &#x017F;ich ko&#x0364;nn&#x2019;<lb/><hi rendition="#et">in Ordnung bringen;</hi></l><lb/>
            <l>Daß folglich, noch vor aller Ordnung, ein wei&#x017F;es u&#x0364;ber-<lb/><hi rendition="#et">legend We&#x017F;en,</hi></l><lb/>
            <l>Die Quelle von der Ordnung &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ich einen wei&#x017F;en<lb/><hi rendition="#et">Zweck erle&#x017F;en,</hi></l><lb/>
            <l>Wornach die Ko&#x0364;rper einzurichten. Hieraus nun folget<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;onnenklar:</hi></l><lb/>
            <l>Daß Gott, in den ge&#x017F;chaffnen Werken, &#x017F;ich un&#x017F;ern<lb/><hi rendition="#et">Seelen offenbar.</hi></l><lb/>
            <l>Das wunderbare Weltgeba&#x0364;ude, und &#x017F;eine Herrlichkeit allein,</l><lb/>
            <l>Zeigt uns in &#x017F;einer Ordnung Gott und &#x017F;ein unwider-<lb/><hi rendition="#et">&#x017F;prechlichs Seyn.</hi></l><lb/>
            <l>Sein We&#x017F;en, als den Ur&#x017F;tand, Ur&#x017F;prung, und den Re-<lb/><hi rendition="#et">gierer aller Dinge,</hi></l><lb/>
            <l>Bey dem der Welten Heer nicht groß, doch auch kein<lb/><hi rendition="#et">Staub nicht zu geringe</hi></l><lb/>
            <l>Und &#x017F;einer Auf&#x017F;icht unwerth i&#x017F;t, da er von ihm &#x017F;ein<lb/><hi rendition="#et">Seyn empfinge.</hi></l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Je</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[507/0527] zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott. Gefaͤllt er ſich jedoch noch mehr. Er ſcheint ein’ Art Selbſtaͤndigkeit Jn ſeinem Weſen zu beſitzen, er findet einen Unterſcheid Jn ſich, der ihn von allem trennt, was in der ganzen Welt vorhanden. Dieß findet er, doch weis er nicht, wie er und alle Ding’ entſtanden. Von einer Gottheit weis er nichts, ſo lang’ als er ſich ſelbſt gelaſſen. Doch wird, durch Schluͤſſe der Vernunft, er leichtlich, daß ein Gott ſey, faſſen. Sie lehret ihn, aus der Erfahrung, daß uͤberall, in allen Dingen, Kein einzigs Ding ſich ſelber bilden, und nichts ſich koͤnn’ in Ordnung bringen; Daß folglich, noch vor aller Ordnung, ein weiſes uͤber- legend Weſen, Die Quelle von der Ordnung ſelbſt, ſich einen weiſen Zweck erleſen, Wornach die Koͤrper einzurichten. Hieraus nun folget ſonnenklar: Daß Gott, in den geſchaffnen Werken, ſich unſern Seelen offenbar. Das wunderbare Weltgebaͤude, und ſeine Herrlichkeit allein, Zeigt uns in ſeiner Ordnung Gott und ſein unwider- ſprechlichs Seyn. Sein Weſen, als den Urſtand, Urſprung, und den Re- gierer aller Dinge, Bey dem der Welten Heer nicht groß, doch auch kein Staub nicht zu geringe Und ſeiner Aufſicht unwerth iſt, da er von ihm ſein Seyn empfinge. Je

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/527
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 507. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/527>, abgerufen am 22.11.2024.