Denn daß Gott, die ewge Liebe, sollte Kreaturen schaf- fen Zu dem Zweck, so lang' sie dauren, unaufhörlich sie zu strafen, Sonder sich auch ihnen einst, als ein Vater, zu erzeigen, Sonder je mit seiner Güte auch zu ihnen sich zu neigen, Jhnen nimmer Guts zu thun; ein solch sträfliches Ge- richt Fället ein vernünftger Geist von der ewgen Liebe nicht.
Laßt uns denn, wofern wir können, alle Meynungen vergessen, Die Erziehung, Vorurtheil, uns von einer andern Welt Bis dahero vorgestellt, Und nur das zu Rathe nehmen, was wir fassen und er- messen!
Was für ein verändert Bild, stellt sich uns natürlich für, Wenn man an die Menschen denkt, die so gar verschiedlich lebten. Setzet dieß nur, daß sie dauren, daß, von Dingen wel- che hier Mit denselben vorgegangen, noch Begriff' an ihnen kleb- ten. Dieses ist der erste Satz, welchen wir von denen schließen, Die hier Müh und Noth gedrücket, daß nach überstand- nem Leid Sie der Ruhe Süßigkeit Ungestöret nun genießen. Der so bittern Noth zu leben unerträglichem Beschwer Sind sie nun einmal entnommen, und sie quälet sie nicht mehr.
Die
Vermiſchte Gedichte
Denn daß Gott, die ewge Liebe, ſollte Kreaturen ſchaf- fen Zu dem Zweck, ſo lang’ ſie dauren, unaufhoͤrlich ſie zu ſtrafen, Sonder ſich auch ihnen einſt, als ein Vater, zu erzeigen, Sonder je mit ſeiner Guͤte auch zu ihnen ſich zu neigen, Jhnen nimmer Guts zu thun; ein ſolch ſtraͤfliches Ge- richt Faͤllet ein vernuͤnftger Geiſt von der ewgen Liebe nicht.
Laßt uns denn, wofern wir koͤnnen, alle Meynungen vergeſſen, Die Erziehung, Vorurtheil, uns von einer andern Welt Bis dahero vorgeſtellt, Und nur das zu Rathe nehmen, was wir faſſen und er- meſſen!
Was fuͤr ein veraͤndert Bild, ſtellt ſich uns natuͤrlich fuͤr, Wenn man an die Menſchen denkt, die ſo gar verſchiedlich lebten. Setzet dieß nur, daß ſie dauren, daß, von Dingen wel- che hier Mit denſelben vorgegangen, noch Begriff’ an ihnen kleb- ten. Dieſes iſt der erſte Satz, welchen wir von denen ſchließen, Die hier Muͤh und Noth gedruͤcket, daß nach uͤberſtand- nem Leid Sie der Ruhe Suͤßigkeit Ungeſtoͤret nun genießen. Der ſo bittern Noth zu leben unertraͤglichem Beſchwer Sind ſie nun einmal entnommen, und ſie quaͤlet ſie nicht mehr.
Die
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Vermiſchte Gedichte
Denn daß Gott, die ewge Liebe, ſollte Kreaturen ſchaf-
fen
Zu dem Zweck, ſo lang’ ſie dauren, unaufhoͤrlich ſie zu
ſtrafen,
Sonder ſich auch ihnen einſt, als ein Vater, zu erzeigen,
Sonder je mit ſeiner Guͤte auch zu ihnen ſich zu neigen,
Jhnen nimmer Guts zu thun; ein ſolch ſtraͤfliches Ge-
richt
Faͤllet ein vernuͤnftger Geiſt von der ewgen Liebe nicht.
Laßt uns denn, wofern wir koͤnnen, alle Meynungen
vergeſſen,
Die Erziehung, Vorurtheil, uns von einer andern
Welt
Bis dahero vorgeſtellt,
Und nur das zu Rathe nehmen, was wir faſſen und er-
meſſen!
Was fuͤr ein veraͤndert Bild, ſtellt ſich uns natuͤrlich
fuͤr,
Wenn man an die Menſchen denkt, die ſo gar verſchiedlich
lebten.
Setzet dieß nur, daß ſie dauren, daß, von Dingen wel-
che hier
Mit denſelben vorgegangen, noch Begriff’ an ihnen kleb-
ten.
Dieſes iſt der erſte Satz, welchen wir von denen ſchließen,
Die hier Muͤh und Noth gedruͤcket, daß nach uͤberſtand-
nem Leid
Sie der Ruhe Suͤßigkeit
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Der ſo bittern Noth zu leben unertraͤglichem Beſchwer
Sind ſie nun einmal entnommen, und ſie quaͤlet ſie nicht
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 494. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/514>, abgerufen am 22.11.2024.
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