Das Untersagen reizt das Wollen, weil das sich vorge- stellte Gut, Uns, oft daran zu denken, reizt, und dadurch stärkre Wirkung thut.
Man kann demnach mit großem Recht, und ohn die Wahrheit zu verletzen, Sich wohl getrauen, diesen Satz, als einen Grundsatz, fest zu setzen: Gebrauchten wir, bey der Vernunft, von unsrer Phan- tasey die Kraft Die Wahrheit uns recht vorzustellen; wer würde doch wohl lasterhaft, Wer bös und sträflich werden wollen? Ach, laßt uns dieß denn wohl erwägen, Wie an der Kraft uns vorzustellen, uns so unglaublich viel gelegen!
B. Jch habe diese deine Schlüsse mit Ernst und mit Geduld gehört, Und find' ich sie so sträflich nicht, als wie sie mir zuerst geschienen; Soll aber ich derselben sicher, als einer Wahrheit, mich bedienen, So stimm sie erstlich mit den Sätzen, die der berühmte Hollmann * lehrt.
Das
* S. dessen Pnevmatolog. Cap. II. §. LI. seqq.
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Das Unterſagen reizt das Wollen, weil das ſich vorge- ſtellte Gut, Uns, oft daran zu denken, reizt, und dadurch ſtaͤrkre Wirkung thut.
Man kann demnach mit großem Recht, und ohn die Wahrheit zu verletzen, Sich wohl getrauen, dieſen Satz, als einen Grundſatz, feſt zu ſetzen: Gebrauchten wir, bey der Vernunft, von unſrer Phan- taſey die Kraft Die Wahrheit uns recht vorzuſtellen; wer wuͤrde doch wohl laſterhaft, Wer boͤs und ſtraͤflich werden wollen? Ach, laßt uns dieß denn wohl erwaͤgen, Wie an der Kraft uns vorzuſtellen, uns ſo unglaublich viel gelegen!
B. Jch habe dieſe deine Schluͤſſe mit Ernſt und mit Geduld gehoͤrt, Und find’ ich ſie ſo ſtraͤflich nicht, als wie ſie mir zuerſt geſchienen; Soll aber ich derſelben ſicher, als einer Wahrheit, mich bedienen, So ſtimm ſie erſtlich mit den Saͤtzen, die der beruͤhmte Hollmann * lehrt.
Das
* S. deſſen Pnevmatolog. Cap. II. §. LI. ſeqq.
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Das Unterſagen reizt das Wollen, weil das ſich vorge-
ſtellte Gut,
Uns, oft daran zu denken, reizt, und dadurch ſtaͤrkre
Wirkung thut.
Man kann demnach mit großem Recht, und ohn die
Wahrheit zu verletzen,
Sich wohl getrauen, dieſen Satz, als einen Grundſatz,
feſt zu ſetzen:
Gebrauchten wir, bey der Vernunft, von unſrer Phan-
taſey die Kraft
Die Wahrheit uns recht vorzuſtellen; wer wuͤrde doch
wohl laſterhaft,
Wer boͤs und ſtraͤflich werden wollen? Ach, laßt uns
dieß denn wohl erwaͤgen,
Wie an der Kraft uns vorzuſtellen, uns ſo unglaublich
viel gelegen!
B. Jch habe dieſe deine Schluͤſſe mit Ernſt und mit
Geduld gehoͤrt,
Und find’ ich ſie ſo ſtraͤflich nicht, als wie ſie mir zuerſt
geſchienen;
Soll aber ich derſelben ſicher, als einer Wahrheit, mich
bedienen,
So ſtimm ſie erſtlich mit den Saͤtzen, die der beruͤhmte
Hollmann * lehrt.
Das
* S. deſſen Pnevmatolog. Cap. II. §. LI. ſeqq.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/503>, abgerufen am 22.11.2024.
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