Der Kraft, sich etwas vorzustellen, der Phantasey, Be- schaffenheit Jst, in der Kraft des Schöpfers Werke, desselben Macht und Herrlichkeit Sich würdig vorzustellen, fähig; wenn, durch den Glauben der Verstand, Und durchs Gewissen das Gedächtniß den Schöpfer fä- hig zu erheben, Und zu der Pflicht uns anzuhalten, daß wir zu seinen Ehren leben.
B. Ob aber nun zu allen diesen die Kraft des Wil- lens nicht gehört, Jst hier zu untersuchen nöthig. Denn was wär alles andre werth, Wenn mans nicht wohl gebrauchen wollte? A. Was ich dir oben schon erzählet, Wird hier zu wiederholen seyn, das, was man Willen heißet, wählet, Was uns die Phantasey als gut, nütz- oder lieblich vor- gestellt. Es sey nun wahr, es sey ein Scheingut, der Wille wählt, was uns gefällt, Jndem die Eigenliebe bloß uns so zu wollen stets verbin- det, Wie man es dann, wenn man entschließt, es unserm Zustand gut befindet. Es scheint der Wille müsse wollen (so wie ein Stein herunter fährt) Dasjenige, was unsre Einsicht und Phantasey für gut er- klärt. Man wird dahero klärlich sehn, wie viel der Menschheit dran gelegen,
Daß
Vermiſchte Gedichte
Der Kraft, ſich etwas vorzuſtellen, der Phantaſey, Be- ſchaffenheit Jſt, in der Kraft des Schoͤpfers Werke, deſſelben Macht und Herrlichkeit Sich wuͤrdig vorzuſtellen, faͤhig; wenn, durch den Glauben der Verſtand, Und durchs Gewiſſen das Gedaͤchtniß den Schoͤpfer faͤ- hig zu erheben, Und zu der Pflicht uns anzuhalten, daß wir zu ſeinen Ehren leben.
B. Ob aber nun zu allen dieſen die Kraft des Wil- lens nicht gehoͤrt, Jſt hier zu unterſuchen noͤthig. Denn was waͤr alles andre werth, Wenn mans nicht wohl gebrauchen wollte? A. Was ich dir oben ſchon erzaͤhlet, Wird hier zu wiederholen ſeyn, das, was man Willen heißet, waͤhlet, Was uns die Phantaſey als gut, nuͤtz- oder lieblich vor- geſtellt. Es ſey nun wahr, es ſey ein Scheingut, der Wille waͤhlt, was uns gefaͤllt, Jndem die Eigenliebe bloß uns ſo zu wollen ſtets verbin- det, Wie man es dann, wenn man entſchließt, es unſerm Zuſtand gut befindet. Es ſcheint der Wille muͤſſe wollen (ſo wie ein Stein herunter faͤhrt) Dasjenige, was unſre Einſicht und Phantaſey fuͤr gut er- klaͤrt. Man wird dahero klaͤrlich ſehn, wie viel der Menſchheit dran gelegen,
Daß
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><lgn="18"><l><pbfacs="#f0488"n="468"/><fwplace="top"type="header">Vermiſchte Gedichte</fw></l><lb/><l>Der Kraft, ſich etwas vorzuſtellen, der Phantaſey, Be-<lb/><hirendition="#et">ſchaffenheit</hi></l><lb/><l>Jſt, in der Kraft des Schoͤpfers Werke, deſſelben Macht<lb/><hirendition="#et">und Herrlichkeit</hi></l><lb/><l>Sich wuͤrdig vorzuſtellen, faͤhig; wenn, durch den<lb/><hirendition="#et">Glauben der Verſtand,</hi></l><lb/><l>Und durchs Gewiſſen das Gedaͤchtniß den Schoͤpfer faͤ-<lb/><hirendition="#et">hig zu erheben,</hi></l><lb/><l>Und zu der Pflicht uns anzuhalten, daß wir zu ſeinen<lb/><hirendition="#et">Ehren leben.</hi></l></lg><lb/><lgn="19"><l><hirendition="#aq">B.</hi> Ob aber nun zu allen dieſen die Kraft des Wil-<lb/><hirendition="#et">lens nicht gehoͤrt,</hi></l><lb/><l>Jſt hier zu unterſuchen noͤthig. Denn was waͤr alles<lb/><hirendition="#et">andre werth,</hi></l><lb/><l>Wenn mans nicht wohl gebrauchen wollte? <hirendition="#aq">A.</hi> Was<lb/><hirendition="#et">ich dir oben ſchon erzaͤhlet,</hi></l><lb/><l>Wird hier zu wiederholen ſeyn, das, was man Willen<lb/><hirendition="#et">heißet, waͤhlet,</hi></l><lb/><l>Was uns die Phantaſey als gut, nuͤtz- oder lieblich vor-<lb/><hirendition="#et">geſtellt.</hi></l><lb/><l>Es ſey nun wahr, es ſey ein Scheingut, der Wille<lb/><hirendition="#et">waͤhlt, was uns gefaͤllt,</hi></l><lb/><l>Jndem die Eigenliebe bloß uns ſo zu wollen ſtets verbin-<lb/><hirendition="#et">det,</hi></l><lb/><l>Wie man es dann, wenn man entſchließt, es unſerm<lb/><hirendition="#et">Zuſtand gut befindet.</hi></l><lb/><l>Es ſcheint der Wille muͤſſe wollen (ſo wie ein Stein<lb/><hirendition="#et">herunter faͤhrt)</hi></l><lb/><l>Dasjenige, was unſre Einſicht und Phantaſey fuͤr gut er-<lb/><hirendition="#et">klaͤrt.</hi></l><lb/><l>Man wird dahero klaͤrlich ſehn, wie viel der Menſchheit<lb/><hirendition="#et">dran gelegen,</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Daß</fw><lb/></l></lg></div></div></body></text></TEI>
[468/0488]
Vermiſchte Gedichte
Der Kraft, ſich etwas vorzuſtellen, der Phantaſey, Be-
ſchaffenheit
Jſt, in der Kraft des Schoͤpfers Werke, deſſelben Macht
und Herrlichkeit
Sich wuͤrdig vorzuſtellen, faͤhig; wenn, durch den
Glauben der Verſtand,
Und durchs Gewiſſen das Gedaͤchtniß den Schoͤpfer faͤ-
hig zu erheben,
Und zu der Pflicht uns anzuhalten, daß wir zu ſeinen
Ehren leben.
B. Ob aber nun zu allen dieſen die Kraft des Wil-
lens nicht gehoͤrt,
Jſt hier zu unterſuchen noͤthig. Denn was waͤr alles
andre werth,
Wenn mans nicht wohl gebrauchen wollte? A. Was
ich dir oben ſchon erzaͤhlet,
Wird hier zu wiederholen ſeyn, das, was man Willen
heißet, waͤhlet,
Was uns die Phantaſey als gut, nuͤtz- oder lieblich vor-
geſtellt.
Es ſey nun wahr, es ſey ein Scheingut, der Wille
waͤhlt, was uns gefaͤllt,
Jndem die Eigenliebe bloß uns ſo zu wollen ſtets verbin-
det,
Wie man es dann, wenn man entſchließt, es unſerm
Zuſtand gut befindet.
Es ſcheint der Wille muͤſſe wollen (ſo wie ein Stein
herunter faͤhrt)
Dasjenige, was unſre Einſicht und Phantaſey fuͤr gut er-
klaͤrt.
Man wird dahero klaͤrlich ſehn, wie viel der Menſchheit
dran gelegen,
Daß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/488>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.