Es scheint, als ob, auf diese Weise, man stets in uns zween Richterstüle, Des Willens und Verstandes Thron, errichte, setz' und gleichsam fühle. Ob dieses nun die Zahl der Dinge nicht, wider Recht, vermehren heiße, Wird wohl zu untersuchen seyn. So viel ich mich dar- auf befleiße, Die dunkle Wahrheit zu ergründen, so kömmt dennoch der Wille mir Von unseres Verstandes Schluß nur bloß als eine Folge für.
B. So fremd mir deine Meynung klingt, so falsch sie ist, und wenig richtig, So halt ich, sie dir zu benehmen mich zu bemühn, mich dennoch pflichtig. Jch hoff', es wird dein Uebereilen aus meiner Antwort gleich erhellen. Bemüh dich nur, nebst mir, sie dir in ihrer Blöße vor- zustellen. Besäßen wir auch alle Kräfte, und alle Vorzüg' unsrer Seelen, Und fehlt' uns nur die einige, uns zu entschließen und zu wählen; Würd' alles in Verwirrung kommen. Auf Erden würde nichts geschehn, Und alles, in und außer uns, in einer faulen Ruhe stehn. Wir würden immer ungewiß, als wie im Schlaf und Schlummer, wandeln, Von lauter Zweifel umgetrieben, Wir würden schlimmer, als die Thier', in allen unsern Thaten handeln,
Und
zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Es ſcheint, als ob, auf dieſe Weiſe, man ſtets in uns zween Richterſtuͤle, Des Willens und Verſtandes Thron, errichte, ſetz’ und gleichſam fuͤhle. Ob dieſes nun die Zahl der Dinge nicht, wider Recht, vermehren heiße, Wird wohl zu unterſuchen ſeyn. So viel ich mich dar- auf befleiße, Die dunkle Wahrheit zu ergruͤnden, ſo koͤmmt dennoch der Wille mir Von unſeres Verſtandes Schluß nur bloß als eine Folge fuͤr.
B. So fremd mir deine Meynung klingt, ſo falſch ſie iſt, und wenig richtig, So halt ich, ſie dir zu benehmen mich zu bemuͤhn, mich dennoch pflichtig. Jch hoff’, es wird dein Uebereilen aus meiner Antwort gleich erhellen. Bemuͤh dich nur, nebſt mir, ſie dir in ihrer Bloͤße vor- zuſtellen. Beſaͤßen wir auch alle Kraͤfte, und alle Vorzuͤg’ unſrer Seelen, Und fehlt’ uns nur die einige, uns zu entſchließen und zu waͤhlen; Wuͤrd’ alles in Verwirrung kommen. Auf Erden wuͤrde nichts geſchehn, Und alles, in und außer uns, in einer faulen Ruhe ſtehn. Wir wuͤrden immer ungewiß, als wie im Schlaf und Schlummer, wandeln, Von lauter Zweifel umgetrieben, Wir wuͤrden ſchlimmer, als die Thier’, in allen unſern Thaten handeln,
Und
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zum irdiſchen Vergnuͤgen in Gott.
Es ſcheint, als ob, auf dieſe Weiſe, man ſtets in uns
zween Richterſtuͤle,
Des Willens und Verſtandes Thron, errichte, ſetz’ und
gleichſam fuͤhle.
Ob dieſes nun die Zahl der Dinge nicht, wider Recht,
vermehren heiße,
Wird wohl zu unterſuchen ſeyn. So viel ich mich dar-
auf befleiße,
Die dunkle Wahrheit zu ergruͤnden, ſo koͤmmt dennoch
der Wille mir
Von unſeres Verſtandes Schluß nur bloß als eine Folge fuͤr.
B. So fremd mir deine Meynung klingt, ſo falſch
ſie iſt, und wenig richtig,
So halt ich, ſie dir zu benehmen mich zu bemuͤhn, mich
dennoch pflichtig.
Jch hoff’, es wird dein Uebereilen aus meiner Antwort
gleich erhellen.
Bemuͤh dich nur, nebſt mir, ſie dir in ihrer Bloͤße vor-
zuſtellen.
Beſaͤßen wir auch alle Kraͤfte, und alle Vorzuͤg’ unſrer
Seelen,
Und fehlt’ uns nur die einige, uns zu entſchließen und zu
waͤhlen;
Wuͤrd’ alles in Verwirrung kommen. Auf Erden wuͤrde
nichts geſchehn,
Und alles, in und außer uns, in einer faulen Ruhe
ſtehn.
Wir wuͤrden immer ungewiß, als wie im Schlaf und
Schlummer, wandeln,
Von lauter Zweifel umgetrieben,
Wir wuͤrden ſchlimmer, als die Thier’, in allen unſern
Thaten handeln,
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/479>, abgerufen am 16.07.2024.
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