Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.über das Reich der Metalle. Ja recht, eben dieß Bewegen Scheint bey uns die größte Kraft: Dadurch weis es zu erregen Des Geblütes trägen Saft, Daß das Faule sich zertheilet; Mancher wird dadurch geheilet, Wenn, was sonst sich nicht ergeußt, Durch den Speichel von ihm fleußt. Es ist flüßig, reg' und flüchtig, Da die Theilchen rund und klein. Nichts ist es zu zwingen tüchtig, Es durchdringet Fleisch und Bein, Es durchbohrt, bey Mensch und Thieren, Adern, Nerven, Haut und Nieren: Es durchreißet überall Holz und Glas, ja selbst Metall. Fast unzählige Gestalten Nimmt es, wie ein Proteus, an, Da es bald den Leib erhalten, Bald wie Gift uns tödten kann. Wenn es leichtlich fällt und steiget, Und dadurch das Wetter zeiget, Kann man es vorher gar schön Jn den Wettergläsern sehn. Helle sieht man es im Dunkeln, Recht wie einen Phosphorus, Wenns die Luft nicht drücket, funkeln, Daß man sich verwundern muß. Die, so es zu fesseln suchen, Hört man öfters auf ihn fluchen, Da es sie so oft betriegt, Wenns bald ruht, bald fließt, bald fliegt. Der
uͤber das Reich der Metalle. Ja recht, eben dieß Bewegen Scheint bey uns die groͤßte Kraft: Dadurch weis es zu erregen Des Gebluͤtes traͤgen Saft, Daß das Faule ſich zertheilet; Mancher wird dadurch geheilet, Wenn, was ſonſt ſich nicht ergeußt, Durch den Speichel von ihm fleußt. Es iſt fluͤßig, reg’ und fluͤchtig, Da die Theilchen rund und klein. Nichts iſt es zu zwingen tuͤchtig, Es durchdringet Fleiſch und Bein, Es durchbohrt, bey Menſch und Thieren, Adern, Nerven, Haut und Nieren: Es durchreißet uͤberall Holz und Glas, ja ſelbſt Metall. Faſt unzaͤhlige Geſtalten Nimmt es, wie ein Proteus, an, Da es bald den Leib erhalten, Bald wie Gift uns toͤdten kann. Wenn es leichtlich faͤllt und ſteiget, Und dadurch das Wetter zeiget, Kann man es vorher gar ſchoͤn Jn den Wetterglaͤſern ſehn. Helle ſieht man es im Dunkeln, Recht wie einen Phoſphorus, Wenns die Luft nicht druͤcket, funkeln, Daß man ſich verwundern muß. Die, ſo es zu feſſeln ſuchen, Hoͤrt man oͤfters auf ihn fluchen, Da es ſie ſo oft betriegt, Wenns bald ruht, bald fließt, bald fliegt. Der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0047" n="27"/> <fw place="top" type="header">uͤber das Reich der Metalle.</fw><lb/> <lg n="100"> <l>Ja recht, eben dieß Bewegen</l><lb/> <l>Scheint bey uns die groͤßte Kraft:</l><lb/> <l>Dadurch weis es zu erregen</l><lb/> <l>Des Gebluͤtes traͤgen Saft,</l><lb/> <l>Daß das Faule ſich zertheilet;</l><lb/> <l>Mancher wird dadurch geheilet,</l><lb/> <l>Wenn, was ſonſt ſich nicht ergeußt,</l><lb/> <l>Durch den Speichel von ihm fleußt.</l> </lg><lb/> <lg n="101"> <l>Es iſt fluͤßig, reg’ und fluͤchtig,</l><lb/> <l>Da die Theilchen rund und klein.</l><lb/> <l>Nichts iſt es zu zwingen tuͤchtig,</l><lb/> <l>Es durchdringet Fleiſch und Bein,</l><lb/> <l>Es durchbohrt, bey Menſch und Thieren,</l><lb/> <l>Adern, Nerven, Haut und Nieren:</l><lb/> <l>Es durchreißet uͤberall</l><lb/> <l>Holz und Glas, ja ſelbſt Metall.</l> </lg><lb/> <lg n="102"> <l>Faſt unzaͤhlige Geſtalten</l><lb/> <l>Nimmt es, wie ein Proteus, an,</l><lb/> <l>Da es bald den Leib erhalten,</l><lb/> <l>Bald wie Gift uns toͤdten kann.</l><lb/> <l>Wenn es leichtlich faͤllt und ſteiget,</l><lb/> <l>Und dadurch das Wetter zeiget,</l><lb/> <l>Kann man es vorher gar ſchoͤn</l><lb/> <l>Jn den Wetterglaͤſern ſehn.</l> </lg><lb/> <lg n="103"> <l>Helle ſieht man es im Dunkeln,</l><lb/> <l>Recht wie einen Phoſphorus,</l><lb/> <l>Wenns die Luft nicht druͤcket, funkeln,</l><lb/> <l>Daß man ſich verwundern muß.</l><lb/> <l>Die, ſo es zu feſſeln ſuchen,</l><lb/> <l>Hoͤrt man oͤfters auf ihn fluchen,</l><lb/> <l>Da es ſie ſo oft betriegt,</l><lb/> <l>Wenns bald ruht, bald fließt, bald fliegt.</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [27/0047]
uͤber das Reich der Metalle.
Ja recht, eben dieß Bewegen
Scheint bey uns die groͤßte Kraft:
Dadurch weis es zu erregen
Des Gebluͤtes traͤgen Saft,
Daß das Faule ſich zertheilet;
Mancher wird dadurch geheilet,
Wenn, was ſonſt ſich nicht ergeußt,
Durch den Speichel von ihm fleußt.
Es iſt fluͤßig, reg’ und fluͤchtig,
Da die Theilchen rund und klein.
Nichts iſt es zu zwingen tuͤchtig,
Es durchdringet Fleiſch und Bein,
Es durchbohrt, bey Menſch und Thieren,
Adern, Nerven, Haut und Nieren:
Es durchreißet uͤberall
Holz und Glas, ja ſelbſt Metall.
Faſt unzaͤhlige Geſtalten
Nimmt es, wie ein Proteus, an,
Da es bald den Leib erhalten,
Bald wie Gift uns toͤdten kann.
Wenn es leichtlich faͤllt und ſteiget,
Und dadurch das Wetter zeiget,
Kann man es vorher gar ſchoͤn
Jn den Wetterglaͤſern ſehn.
Helle ſieht man es im Dunkeln,
Recht wie einen Phoſphorus,
Wenns die Luft nicht druͤcket, funkeln,
Daß man ſich verwundern muß.
Die, ſo es zu feſſeln ſuchen,
Hoͤrt man oͤfters auf ihn fluchen,
Da es ſie ſo oft betriegt,
Wenns bald ruht, bald fließt, bald fliegt.
Der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |