Die, wie sie alle, voller Schwachheit. Dieß hieß: um einen Weg zu finden Für Blinde, gäbe man denselben, zum Führer, einen an- dern Blinden.
A. Du sprichst: ich handle wie die Riesen, die große Berg' auf Bergen häufen, Um zu der Sonne zu gelangen. Die Gottheit sey nicht zu begreifen. Soll ich denn meinen Geist nicht brauchen? B. Ja. Aber laß ihn nur die Pflichten, Zu welchen er erschaffen worden, vorher mit allem Ernst verrichten, Sich von der Lasterbahn entfernen Und erst sein Herz verbessern, lernen, Auch Gott zum Preise sich vergnügen, und in den uns ge- schenkten Gaben, Die wir, im Vorwurf unsrer Welt, durch jeden Sinn empfangen haben, Jhn froh bewundern, und ihm danken. Wenn dieses erst vorher geschehn; Dann mag dein Geist, wo er so kühn, zu Gottes Wesen sich erhöhn, Und untersuchen: ob es möglich, das, was unendlich, zu verstehn. Doch wirst du denn auch dieß befinden: der Mensch sey, gründlich was zu wissen Und zu begreifen, nicht erschaffen: und daß wir alle glauben müssen.
Betrach-
Vermiſchte Gedichte
Die, wie ſie alle, voller Schwachheit. Dieß hieß: um einen Weg zu finden Fuͤr Blinde, gaͤbe man denſelben, zum Fuͤhrer, einen an- dern Blinden.
A. Du ſprichſt: ich handle wie die Rieſen, die große Berg’ auf Bergen haͤufen, Um zu der Sonne zu gelangen. Die Gottheit ſey nicht zu begreifen. Soll ich denn meinen Geiſt nicht brauchen? B. Ja. Aber laß ihn nur die Pflichten, Zu welchen er erſchaffen worden, vorher mit allem Ernſt verrichten, Sich von der Laſterbahn entfernen Und erſt ſein Herz verbeſſern, lernen, Auch Gott zum Preiſe ſich vergnuͤgen, und in den uns ge- ſchenkten Gaben, Die wir, im Vorwurf unſrer Welt, durch jeden Sinn empfangen haben, Jhn froh bewundern, und ihm danken. Wenn dieſes erſt vorher geſchehn; Dann mag dein Geiſt, wo er ſo kuͤhn, zu Gottes Weſen ſich erhoͤhn, Und unterſuchen: ob es moͤglich, das, was unendlich, zu verſtehn. Doch wirſt du denn auch dieß befinden: der Menſch ſey, gruͤndlich was zu wiſſen Und zu begreifen, nicht erſchaffen: und daß wir alle glauben muͤſſen.
Betrach-
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Vermiſchte Gedichte
Die, wie ſie alle, voller Schwachheit. Dieß hieß: um
einen Weg zu finden
Fuͤr Blinde, gaͤbe man denſelben, zum Fuͤhrer, einen an-
dern Blinden.
A. Du ſprichſt: ich handle wie die Rieſen, die große
Berg’ auf Bergen haͤufen,
Um zu der Sonne zu gelangen. Die Gottheit ſey nicht
zu begreifen.
Soll ich denn meinen Geiſt nicht brauchen? B. Ja.
Aber laß ihn nur die Pflichten,
Zu welchen er erſchaffen worden, vorher mit allem Ernſt
verrichten,
Sich von der Laſterbahn entfernen
Und erſt ſein Herz verbeſſern, lernen,
Auch Gott zum Preiſe ſich vergnuͤgen, und in den uns ge-
ſchenkten Gaben,
Die wir, im Vorwurf unſrer Welt, durch jeden Sinn
empfangen haben,
Jhn froh bewundern, und ihm danken. Wenn dieſes
erſt vorher geſchehn;
Dann mag dein Geiſt, wo er ſo kuͤhn, zu Gottes Weſen
ſich erhoͤhn,
Und unterſuchen: ob es moͤglich, das, was unendlich, zu
verſtehn.
Doch wirſt du denn auch dieß befinden: der Menſch ſey,
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Und zu begreifen, nicht erſchaffen: und daß wir alle
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/466>, abgerufen am 17.07.2024.
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