Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748.

Bild:
<< vorherige Seite
Betrachtungen
Die Maus.
Dieses ist ein kleines, zierlichs, aber ein sehr schäd-
lichs Thier
So im Haus' als auf dem Felde. Es verursacht dort
und hier
Oefters ungemeinen Schaden, so daß sie, mehr uns zu
strafen,
Als uns Nutzen zu verschaffen,
Mehrentheils erzeuget scheinen; sonderlich, wenn sie sich
mehren,
Wie sie denn besonders fruchtbar, da sie leicht die Saat
verheeren
Und des Landmanns ganze Hoffnung oft betrübt genug
verzehren.
Doch wird eine weise Vorsicht auch hiebey mit Recht er-
kannt,
Da sie, welches wir nicht fassen, von sich selber aufzu-
hören
Und als zu verschwinden scheinen, da gewiß ein ganzes
Land
Sonst, wenn dieses nicht geschähe, nur durch Mäuse
bloß, zur Wüste
Werden müßte.
Denn es wäre zu erweisen, daß, von einer Maus
allein,
Auf die Art, wie sie sich mehren, über hundert und noch
mehr
Bloß in einer Jahreszeit würde ausgehecket seyn.
Welche schreckliche Vermehrung! Welch ein ungezähltes
Heer,
Wenn
Betrachtungen
Die Maus.
Dieſes iſt ein kleines, zierlichs, aber ein ſehr ſchaͤd-
lichs Thier
So im Hauſ’ als auf dem Felde. Es verurſacht dort
und hier
Oefters ungemeinen Schaden, ſo daß ſie, mehr uns zu
ſtrafen,
Als uns Nutzen zu verſchaffen,
Mehrentheils erzeuget ſcheinen; ſonderlich, wenn ſie ſich
mehren,
Wie ſie denn beſonders fruchtbar, da ſie leicht die Saat
verheeren
Und des Landmanns ganze Hoffnung oft betruͤbt genug
verzehren.
Doch wird eine weiſe Vorſicht auch hiebey mit Recht er-
kannt,
Da ſie, welches wir nicht faſſen, von ſich ſelber aufzu-
hoͤren
Und als zu verſchwinden ſcheinen, da gewiß ein ganzes
Land
Sonſt, wenn dieſes nicht geſchaͤhe, nur durch Maͤuſe
bloß, zur Wuͤſte
Werden muͤßte.
Denn es waͤre zu erweiſen, daß, von einer Maus
allein,
Auf die Art, wie ſie ſich mehren, uͤber hundert und noch
mehr
Bloß in einer Jahreszeit wuͤrde ausgehecket ſeyn.
Welche ſchreckliche Vermehrung! Welch ein ungezaͤhltes
Heer,
Wenn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0326" n="306"/>
        <fw place="top" type="header">Betrachtungen</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Die Maus.</hi> </head><lb/>
          <lg type="poem">
            <l><hi rendition="#in">D</hi>ie&#x017F;es i&#x017F;t ein kleines, zierlichs, aber ein &#x017F;ehr &#x017F;cha&#x0364;d-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">lichs Thier</hi> </l><lb/>
            <l>So im Hau&#x017F;&#x2019; als auf dem Felde. Es verur&#x017F;acht dort</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">und hier</hi> </l><lb/>
            <l>Oefters ungemeinen Schaden, &#x017F;o daß &#x017F;ie, mehr uns zu</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">&#x017F;trafen,</hi> </l><lb/>
            <l>Als uns Nutzen zu ver&#x017F;chaffen,</l><lb/>
            <l>Mehrentheils erzeuget &#x017F;cheinen; &#x017F;onderlich, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">mehren,</hi> </l><lb/>
            <l>Wie &#x017F;ie denn be&#x017F;onders fruchtbar, da &#x017F;ie leicht die Saat</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">verheeren</hi> </l><lb/>
            <l>Und des Landmanns ganze Hoffnung oft betru&#x0364;bt genug</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">verzehren.</hi> </l><lb/>
            <l>Doch wird eine wei&#x017F;e Vor&#x017F;icht auch hiebey mit Recht er-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">kannt,</hi> </l><lb/>
            <l>Da &#x017F;ie, welches wir nicht fa&#x017F;&#x017F;en, von &#x017F;ich &#x017F;elber aufzu-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">ho&#x0364;ren</hi> </l><lb/>
            <l>Und als zu ver&#x017F;chwinden &#x017F;cheinen, da gewiß ein ganzes</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Land</hi> </l><lb/>
            <l>Son&#x017F;t, wenn die&#x017F;es nicht ge&#x017F;cha&#x0364;he, nur durch Ma&#x0364;u&#x017F;e</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">bloß, zur Wu&#x0364;&#x017F;te</hi> </l><lb/>
            <l>Werden mu&#x0364;ßte.</l><lb/>
            <l>Denn es wa&#x0364;re zu erwei&#x017F;en, daß, von einer Maus</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">allein,</hi> </l><lb/>
            <l>Auf die Art, wie &#x017F;ie &#x017F;ich mehren, u&#x0364;ber hundert und noch</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">mehr</hi> </l><lb/>
            <l>Bloß in einer Jahreszeit wu&#x0364;rde ausgehecket &#x017F;eyn.</l><lb/>
            <l>Welche &#x017F;chreckliche Vermehrung! Welch ein ungeza&#x0364;hltes</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Heer,</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Wenn</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0326] Betrachtungen Die Maus. Dieſes iſt ein kleines, zierlichs, aber ein ſehr ſchaͤd- lichs Thier So im Hauſ’ als auf dem Felde. Es verurſacht dort und hier Oefters ungemeinen Schaden, ſo daß ſie, mehr uns zu ſtrafen, Als uns Nutzen zu verſchaffen, Mehrentheils erzeuget ſcheinen; ſonderlich, wenn ſie ſich mehren, Wie ſie denn beſonders fruchtbar, da ſie leicht die Saat verheeren Und des Landmanns ganze Hoffnung oft betruͤbt genug verzehren. Doch wird eine weiſe Vorſicht auch hiebey mit Recht er- kannt, Da ſie, welches wir nicht faſſen, von ſich ſelber aufzu- hoͤren Und als zu verſchwinden ſcheinen, da gewiß ein ganzes Land Sonſt, wenn dieſes nicht geſchaͤhe, nur durch Maͤuſe bloß, zur Wuͤſte Werden muͤßte. Denn es waͤre zu erweiſen, daß, von einer Maus allein, Auf die Art, wie ſie ſich mehren, uͤber hundert und noch mehr Bloß in einer Jahreszeit wuͤrde ausgehecket ſeyn. Welche ſchreckliche Vermehrung! Welch ein ungezaͤhltes Heer, Wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/326
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/326>, abgerufen am 25.11.2024.