Wie wir denn im Herbst ersehen, Daß, wenn keine Früchte mehr Auf der Bäume Wipfeln stehen, Sich dann auch der Blätter Heer, Weil es nicht mehr nütz, verlieret. Wenn ihr diese Ordnung spüret, Ach, so dankt mit frohem Muth Gott, der nichts als Wunder thut!
Dieß noch klärer darzulegen: Jn der Zona torrida, Die stets in der Sonnen Wegen, Deren Stral ihr immer nah, Jst das Laub, in solcher Hitze, Denen Früchten immer nütze; Darum, wenn ein Blatt vergeht, Stets ein anders dort entsteht.
Wie die Weisen jetzt entdecken, Soll noch eine andre Kraft Jn den frischen Blättern stecken, Da der Früchte Nahrungssaft Jn denselben umgeleitet, Aufbehalten, zubereitet Und gekocht wird; welches man Nimmer gnug bewundern kann.
Wer die Zierlichkeit der Blätter, Und die Mannichfaltigkeit Jhrer Farb', in heiterm Wetter Wohl betrachtet, wird erfreut. Der subtilen Adern Gänge, Jhre Ründe, Läng' und Menge, Rühren billig ein Gemüth, Daß es sie mit Ernst besieht.
Wann
Betrachtungen
Wie wir denn im Herbſt erſehen, Daß, wenn keine Fruͤchte mehr Auf der Baͤume Wipfeln ſtehen, Sich dann auch der Blaͤtter Heer, Weil es nicht mehr nuͤtz, verlieret. Wenn ihr dieſe Ordnung ſpuͤret, Ach, ſo dankt mit frohem Muth Gott, der nichts als Wunder thut!
Dieß noch klaͤrer darzulegen: Jn der Zona torrida, Die ſtets in der Sonnen Wegen, Deren Stral ihr immer nah, Jſt das Laub, in ſolcher Hitze, Denen Fruͤchten immer nuͤtze; Darum, wenn ein Blatt vergeht, Stets ein anders dort entſteht.
Wie die Weiſen jetzt entdecken, Soll noch eine andre Kraft Jn den friſchen Blaͤttern ſtecken, Da der Fruͤchte Nahrungsſaft Jn denſelben umgeleitet, Aufbehalten, zubereitet Und gekocht wird; welches man Nimmer gnug bewundern kann.
Wer die Zierlichkeit der Blaͤtter, Und die Mannichfaltigkeit Jhrer Farb’, in heiterm Wetter Wohl betrachtet, wird erfreut. Der ſubtilen Adern Gaͤnge, Jhre Ruͤnde, Laͤng’ und Menge, Ruͤhren billig ein Gemuͤth, Daß es ſie mit Ernſt beſieht.
Wann
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[108/0128]
Betrachtungen
Wie wir denn im Herbſt erſehen,
Daß, wenn keine Fruͤchte mehr
Auf der Baͤume Wipfeln ſtehen,
Sich dann auch der Blaͤtter Heer,
Weil es nicht mehr nuͤtz, verlieret.
Wenn ihr dieſe Ordnung ſpuͤret,
Ach, ſo dankt mit frohem Muth
Gott, der nichts als Wunder thut!
Dieß noch klaͤrer darzulegen:
Jn der Zona torrida,
Die ſtets in der Sonnen Wegen,
Deren Stral ihr immer nah,
Jſt das Laub, in ſolcher Hitze,
Denen Fruͤchten immer nuͤtze;
Darum, wenn ein Blatt vergeht,
Stets ein anders dort entſteht.
Wie die Weiſen jetzt entdecken,
Soll noch eine andre Kraft
Jn den friſchen Blaͤttern ſtecken,
Da der Fruͤchte Nahrungsſaft
Jn denſelben umgeleitet,
Aufbehalten, zubereitet
Und gekocht wird; welches man
Nimmer gnug bewundern kann.
Wer die Zierlichkeit der Blaͤtter,
Und die Mannichfaltigkeit
Jhrer Farb’, in heiterm Wetter
Wohl betrachtet, wird erfreut.
Der ſubtilen Adern Gaͤnge,
Jhre Ruͤnde, Laͤng’ und Menge,
Ruͤhren billig ein Gemuͤth,
Daß es ſie mit Ernſt beſieht.
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Brockes, Barthold Heinrich: Physikalische und moralische Gedanken über die drey Reiche der Natur. Bd. 9. Hamburg u. a., 1748, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen09_1748/128>, abgerufen am 22.11.2024.
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