Der Himmel weinet Freuden-Thränen, Und tränkt das Land. Die Erde lacht, Und sucht, zu ihrer Frühlings-Pracht, Viel tausend Wege sich zu bähnen.
Bemerkt das liebliche Geräusch Von dem so lang' erseufzten Regen! Erwägt, in ihm, den Nahrungs-Segen: Es tröpfelt Milch, es regnet Fleisch.
Es säuseln jetzt gelinde Winde, Der rauhe Nord-Wind schnaubt nicht mehr; Es öffnet hunderttausend Münde Des Grases und der Kräuter Heer.
Es kömmt dem aufmerksamen Ohr, Beym Frühlings-Regen, gleichsam vor, Als könnt' es, von den zarten Röhren, Das Schmatzen ihres Saugens hören.
Das Land wird schwarz, die Klöße kleben; Wodurch, von Gras und Saat, das Grün, Durch dunklen Grund, sich mehr zu heben, Sich mehr noch zu verschönern, schien: Ja, daß, bey jedem Augenblicke, Das Feld sich immer schöner schmücke.
Es scheint, daß, durch die Feuchtigkeiten, Das Gras gestärkt, sich recht bemüht, Sich zu erhöhn, sich auszubreiten; Ja, daß man es fast wachsen sieht.
Dem
Fruͤhlings-Gedanken bey einem lauen Regen.
Der Himmel weinet Freuden-Thraͤnen, Und traͤnkt das Land. Die Erde lacht, Und ſucht, zu ihrer Fruͤhlings-Pracht, Viel tauſend Wege ſich zu baͤhnen.
Bemerkt das liebliche Geraͤuſch Von dem ſo lang’ erſeufzten Regen! Erwaͤgt, in ihm, den Nahrungs-Segen: Es troͤpfelt Milch, es regnet Fleiſch.
Es ſaͤuſeln jetzt gelinde Winde, Der rauhe Nord-Wind ſchnaubt nicht mehr; Es oͤffnet hunderttauſend Muͤnde Des Graſes und der Kraͤuter Heer.
Es koͤmmt dem aufmerkſamen Ohr, Beym Fruͤhlings-Regen, gleichſam vor, Als koͤnnt’ es, von den zarten Roͤhren, Das Schmatzen ihres Saugens hoͤren.
Das Land wird ſchwarz, die Kloͤße kleben; Wodurch, von Gras und Saat, das Gruͤn, Durch dunklen Grund, ſich mehr zu heben, Sich mehr noch zu verſchoͤnern, ſchien: Ja, daß, bey jedem Augenblicke, Das Feld ſich immer ſchoͤner ſchmuͤcke.
Es ſcheint, daß, durch die Feuchtigkeiten, Das Gras geſtaͤrkt, ſich recht bemuͤht, Sich zu erhoͤhn, ſich auszubreiten; Ja, daß man es faſt wachſen ſieht.
Dem
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Fruͤhlings-Gedanken bey einem
lauen Regen.
Der Himmel weinet Freuden-Thraͤnen,
Und traͤnkt das Land. Die Erde lacht,
Und ſucht, zu ihrer Fruͤhlings-Pracht,
Viel tauſend Wege ſich zu baͤhnen.
Bemerkt das liebliche Geraͤuſch
Von dem ſo lang’ erſeufzten Regen!
Erwaͤgt, in ihm, den Nahrungs-Segen:
Es troͤpfelt Milch, es regnet Fleiſch.
Es ſaͤuſeln jetzt gelinde Winde,
Der rauhe Nord-Wind ſchnaubt nicht mehr;
Es oͤffnet hunderttauſend Muͤnde
Des Graſes und der Kraͤuter Heer.
Es koͤmmt dem aufmerkſamen Ohr,
Beym Fruͤhlings-Regen, gleichſam vor,
Als koͤnnt’ es, von den zarten Roͤhren,
Das Schmatzen ihres Saugens hoͤren.
Das Land wird ſchwarz, die Kloͤße kleben;
Wodurch, von Gras und Saat, das Gruͤn,
Durch dunklen Grund, ſich mehr zu heben,
Sich mehr noch zu verſchoͤnern, ſchien:
Ja, daß, bey jedem Augenblicke,
Das Feld ſich immer ſchoͤner ſchmuͤcke.
Es ſcheint, daß, durch die Feuchtigkeiten,
Das Gras geſtaͤrkt, ſich recht bemuͤht,
Sich zu erhoͤhn, ſich auszubreiten;
Ja, daß man es faſt wachſen ſieht.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/76>, abgerufen am 23.02.2025.
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