Wie, oder es stets zu verstöhren, und, statt der einst geschaffnen Sachen, Beständig neue zu formieren, und immer andere zu machen?
Jm Körperlichen scheint es zwar, als ob die bildende Natur, Was sie hervorgebracht, verstöhre, Und nimmer, wenn sie was hervorbringt, sich zu den- selben Formen kehre; Nein, immer neue Wesen bilde. Ob aber, da sich ja der Geist, Von Körpern, fast in allen Dingen, am Wesen unter- schieden weist, Es eben die Beschaffenheit mit ihm, als mit dem Kör- per, habe, Und er sowohl, als wie die Körper, zu einer kurzen Daur entstehe, Und eben so, wie sie, vergehe; Dieß scheinet dem Begriff zugegen, Den unsre Geister von dem Geist, und von des Schöp- fers Weisheit, hegen.
Nun haben wir uns den Begriff vom Besten ja nicht selbst geschenket; Er ist uns von der Gottheit Selbst, die uns den Geist gab, eingesenket, Jn eines Geists Verbesserung mehr Vollenkommenheit zu finden, Als wenn die Geister wie die Körper vergingen, neue stets entstünden, Und gleichsam, wie die Wasser-Blasen, die Geister kämen, und verschwünden.
So
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Das Leben.
Wie, oder es ſtets zu verſtoͤhren, und, ſtatt der einſt geſchaffnen Sachen, Beſtaͤndig neue zu formieren, und immer andere zu machen?
Jm Koͤrperlichen ſcheint es zwar, als ob die bildende Natur, Was ſie hervorgebracht, verſtoͤhre, Und nimmer, wenn ſie was hervorbringt, ſich zu den- ſelben Formen kehre; Nein, immer neue Weſen bilde. Ob aber, da ſich ja der Geiſt, Von Koͤrpern, faſt in allen Dingen, am Weſen unter- ſchieden weiſt, Es eben die Beſchaffenheit mit ihm, als mit dem Koͤr- per, habe, Und er ſowohl, als wie die Koͤrper, zu einer kurzen Daur entſtehe, Und eben ſo, wie ſie, vergehe; Dieß ſcheinet dem Begriff zugegen, Den unſre Geiſter von dem Geiſt, und von des Schoͤp- fers Weisheit, hegen.
Nun haben wir uns den Begriff vom Beſten ja nicht ſelbſt geſchenket; Er iſt uns von der Gottheit Selbſt, die uns den Geiſt gab, eingeſenket, Jn eines Geiſts Verbeſſerung mehr Vollenkommenheit zu finden, Als wenn die Geiſter wie die Koͤrper vergingen, neue ſtets entſtuͤnden, Und gleichſam, wie die Waſſer-Blaſen, die Geiſter kaͤmen, und verſchwuͤnden.
So
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Das Leben.
Wie, oder es ſtets zu verſtoͤhren, und, ſtatt der einſt
geſchaffnen Sachen,
Beſtaͤndig neue zu formieren, und immer andere zu machen?
Jm Koͤrperlichen ſcheint es zwar, als ob die bildende
Natur,
Was ſie hervorgebracht, verſtoͤhre,
Und nimmer, wenn ſie was hervorbringt, ſich zu den-
ſelben Formen kehre;
Nein, immer neue Weſen bilde. Ob aber, da ſich ja
der Geiſt,
Von Koͤrpern, faſt in allen Dingen, am Weſen unter-
ſchieden weiſt,
Es eben die Beſchaffenheit mit ihm, als mit dem Koͤr-
per, habe,
Und er ſowohl, als wie die Koͤrper, zu einer kurzen Daur
entſtehe,
Und eben ſo, wie ſie, vergehe;
Dieß ſcheinet dem Begriff zugegen,
Den unſre Geiſter von dem Geiſt, und von des Schoͤp-
fers Weisheit, hegen.
Nun haben wir uns den Begriff vom Beſten ja nicht
ſelbſt geſchenket;
Er iſt uns von der Gottheit Selbſt, die uns den Geiſt
gab, eingeſenket,
Jn eines Geiſts Verbeſſerung mehr Vollenkommenheit
zu finden,
Als wenn die Geiſter wie die Koͤrper vergingen, neue
ſtets entſtuͤnden,
Und gleichſam, wie die Waſſer-Blaſen, die Geiſter kaͤmen,
und verſchwuͤnden.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 601. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/615>, abgerufen am 29.06.2024.
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