Es ist unsere Vernunft, in uns, ein lebendigs Licht, Welches das, was wahr und irrig, zeigt, bemerkt und selbft empfindet. Von dem Großen Geist der Geister ist es in uns ange- zündet. Man verachte denn den Wehrt dieser großen Gabe nicht.
Ob nun gleich die helle Fackel ins Unendliche nicht glänzet, Jst sie, bey der ganzen Menschheit, und bey jedem, gleich begränzet; So befugt dieß uns doch nicht, daß wir sie vom Glauben trennen, Weil wir, ohne die Vernunft, nimmermehr recht glauben können. Heiden, Juden, Türken glauben. Bloß nur die Ver- nunft allein Muß, daß unser besser sey, Richtschnur, Prob' und Richter seyn.
Nun ist des Verstandes Kraft, die Erfahrung lehrts hienieden Fast bey jedem andrer Gattung, und unglaublich unter- schieden; Doch besteht dieß nur in Graden, und der Grund ist allgemein. Denn ein Licht bleibt doch ein Licht, ist dieß groß, gleich jenes klein.
Wann
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Vernunft und Glaube.
Es iſt unſere Vernunft, in uns, ein lebendigs Licht, Welches das, was wahr und irrig, zeigt, bemerkt und ſelbft empfindet. Von dem Großen Geiſt der Geiſter iſt es in uns ange- zuͤndet. Man verachte denn den Wehrt dieſer großen Gabe nicht.
Ob nun gleich die helle Fackel ins Unendliche nicht glaͤnzet, Jſt ſie, bey der ganzen Menſchheit, und bey jedem, gleich begraͤnzet; So befugt dieß uns doch nicht, daß wir ſie vom Glauben trennen, Weil wir, ohne die Vernunft, nimmermehr recht glauben koͤnnen. Heiden, Juden, Tuͤrken glauben. Bloß nur die Ver- nunft allein Muß, daß unſer beſſer ſey, Richtſchnur, Prob’ und Richter ſeyn.
Nun iſt des Verſtandes Kraft, die Erfahrung lehrts hienieden Faſt bey jedem andrer Gattung, und unglaublich unter- ſchieden; Doch beſteht dieß nur in Graden, und der Grund iſt allgemein. Denn ein Licht bleibt doch ein Licht, iſt dieß groß, gleich jenes klein.
Wann
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Vernunft und Glaube.
Es iſt unſere Vernunft, in uns, ein lebendigs Licht,
Welches das, was wahr und irrig, zeigt, bemerkt
und ſelbft empfindet.
Von dem Großen Geiſt der Geiſter iſt es in uns ange-
zuͤndet.
Man verachte denn den Wehrt dieſer großen Gabe nicht.
Ob nun gleich die helle Fackel ins Unendliche nicht
glaͤnzet,
Jſt ſie, bey der ganzen Menſchheit, und bey jedem, gleich
begraͤnzet;
So befugt dieß uns doch nicht, daß wir ſie vom Glauben
trennen,
Weil wir, ohne die Vernunft, nimmermehr recht glauben
koͤnnen.
Heiden, Juden, Tuͤrken glauben. Bloß nur die Ver-
nunft allein
Muß, daß unſer beſſer ſey, Richtſchnur, Prob’ und Richter
ſeyn.
Nun iſt des Verſtandes Kraft, die Erfahrung lehrts
hienieden
Faſt bey jedem andrer Gattung, und unglaublich unter-
ſchieden;
Doch beſteht dieß nur in Graden, und der Grund iſt
allgemein.
Denn ein Licht bleibt doch ein Licht, iſt dieß groß, gleich
jenes klein.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/597>, abgerufen am 23.11.2024.
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