Der andre Weg ist weich und schlüpfrig, ein uner- gründlicher Morast: Auf welchem die, so ihn beschritten, von einem Hügel- chen zum andern, Jn einer stetigen Gefahr, bald springen, bald geruhig wandern; Bis sie zuletzt, ermüdet, schwach, gedruckt von ihrer eignen Last, Fast alle, nach und nach, versunken, Und, im verfaulten Wust, ertrunken.
Der dritte senkte sich stets abwärts; und die densel- bigen erwählen, Bemühen sich, die hohle Tiefe beständig mehr noch aus- zuhöhlen: Sie suchen sich hindurch zu graben, sie wollen durch, sie müssen fort; Und dennoch graben sie mit Fleiß, und stets am aller- härtsten Ort. Sie suchen, sonder Ruh' und Rast, bey ihrer Gräberey, von allen, Die Stellen sich vor andern aus, woselbst ergiebige Metallen: Da sie dann theils der giftge Duft, der aus den Minen stieg, erstickte, Und theils die eingeschoßne Last des schwehren Erzes sie erdrückte.
Guter
Die Ausſchweifungen der Leidenſchaften.
Der andre Weg iſt weich und ſchluͤpfrig, ein uner- gruͤndlicher Moraſt: Auf welchem die, ſo ihn beſchritten, von einem Huͤgel- chen zum andern, Jn einer ſtetigen Gefahr, bald ſpringen, bald geruhig wandern; Bis ſie zuletzt, ermuͤdet, ſchwach, gedruckt von ihrer eignen Laſt, Faſt alle, nach und nach, verſunken, Und, im verfaulten Wuſt, ertrunken.
Der dritte ſenkte ſich ſtets abwaͤrts; und die denſel- bigen erwaͤhlen, Bemuͤhen ſich, die hohle Tiefe beſtaͤndig mehr noch aus- zuhoͤhlen: Sie ſuchen ſich hindurch zu graben, ſie wollen durch, ſie muͤſſen fort; Und dennoch graben ſie mit Fleiß, und ſtets am aller- haͤrtſten Ort. Sie ſuchen, ſonder Ruh’ und Raſt, bey ihrer Graͤberey, von allen, Die Stellen ſich vor andern aus, woſelbſt ergiebige Metallen: Da ſie dann theils der giftge Duft, der aus den Minen ſtieg, erſtickte, Und theils die eingeſchoßne Laſt des ſchwehren Erzes ſie erdruͤckte.
Guter
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0525"n="511"/><fwplace="top"type="header">Die Ausſchweifungen der Leidenſchaften.</fw><lb/><lgn="3"><l>Der andre Weg iſt weich und ſchluͤpfrig, ein uner-<lb/><hirendition="#et">gruͤndlicher Moraſt:</hi></l><lb/><l>Auf welchem die, ſo ihn beſchritten, von einem Huͤgel-<lb/><hirendition="#et">chen zum andern,</hi></l><lb/><l>Jn einer ſtetigen Gefahr, bald ſpringen, bald geruhig<lb/><hirendition="#et">wandern;</hi></l><lb/><l>Bis ſie zuletzt, ermuͤdet, ſchwach, gedruckt von ihrer<lb/><hirendition="#et">eignen Laſt,</hi></l><lb/><l>Faſt alle, nach und nach, verſunken,</l><lb/><l>Und, im verfaulten Wuſt, ertrunken.</l></lg><lb/><lgn="4"><l>Der dritte ſenkte ſich ſtets abwaͤrts; und die denſel-<lb/><hirendition="#et">bigen erwaͤhlen,</hi></l><lb/><l>Bemuͤhen ſich, die hohle Tiefe beſtaͤndig mehr noch aus-<lb/><hirendition="#et">zuhoͤhlen:</hi></l><lb/><l>Sie ſuchen ſich hindurch zu graben, ſie wollen durch, ſie<lb/><hirendition="#et">muͤſſen fort;</hi></l><lb/><l>Und dennoch graben ſie mit Fleiß, und ſtets am aller-<lb/><hirendition="#et">haͤrtſten Ort.</hi></l><lb/><l>Sie ſuchen, ſonder Ruh’ und Raſt, bey ihrer Graͤberey,<lb/><hirendition="#et">von allen,</hi></l><lb/><l>Die Stellen ſich vor andern aus, woſelbſt ergiebige<lb/><hirendition="#et">Metallen:</hi></l><lb/><l>Da ſie dann theils der giftge Duft, der aus den Minen<lb/><hirendition="#et">ſtieg, erſtickte,</hi></l><lb/><l>Und theils die eingeſchoßne Laſt des ſchwehren Erzes<lb/><hirendition="#et">ſie erdruͤckte.</hi></l></lg></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Guter</hi></fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[511/0525]
Die Ausſchweifungen der Leidenſchaften.
Der andre Weg iſt weich und ſchluͤpfrig, ein uner-
gruͤndlicher Moraſt:
Auf welchem die, ſo ihn beſchritten, von einem Huͤgel-
chen zum andern,
Jn einer ſtetigen Gefahr, bald ſpringen, bald geruhig
wandern;
Bis ſie zuletzt, ermuͤdet, ſchwach, gedruckt von ihrer
eignen Laſt,
Faſt alle, nach und nach, verſunken,
Und, im verfaulten Wuſt, ertrunken.
Der dritte ſenkte ſich ſtets abwaͤrts; und die denſel-
bigen erwaͤhlen,
Bemuͤhen ſich, die hohle Tiefe beſtaͤndig mehr noch aus-
zuhoͤhlen:
Sie ſuchen ſich hindurch zu graben, ſie wollen durch, ſie
muͤſſen fort;
Und dennoch graben ſie mit Fleiß, und ſtets am aller-
haͤrtſten Ort.
Sie ſuchen, ſonder Ruh’ und Raſt, bey ihrer Graͤberey,
von allen,
Die Stellen ſich vor andern aus, woſelbſt ergiebige
Metallen:
Da ſie dann theils der giftge Duft, der aus den Minen
ſtieg, erſtickte,
Und theils die eingeſchoßne Laſt des ſchwehren Erzes
ſie erdruͤckte.
Guter
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 511. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/525>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.