Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Hochmuth, eine Quelle des menschl. Unglücks. "Bloß durch Bewunderung, geehrt. Die Wissens-Sucht, wornach wir streben, "Dient minder unsers Schöpfers Weisheit, als unsre Weisheit, zu erheben: "Da wir, was Gott uns hier verborgen, und das Ge- heimniß Seiner Macht, "Jhm gleichsam abzulauren suchen. Gott hat die Welt hervorgebracht "Zu unserm Nutzen, uns zur Lust: Wir aber wollen gründlich wissen, "Wie Er gewirkt; und daß Er so, und anders nicht, verfahren müssen. "Steckt nicht, in diesem Unterfangen, "Der Eva sträflichs, ihr vom Teufel selbst eingegebenes, Verlangen, "Zu seyn, wie Gott? Dieß ist die Quelle, woraus so vieles Unglück fließt, "Und Zank, und Ketzerey, und Neid, sich auf die Sterb- lichen ergießt: "Die sonst, gemeinschaftlich, die Wahrheit, auf Erden, ruhig suchen könnten, "Wenn sie das privativsche Wissen, und Stolz, und Eigensinn, nicht trennten. "Ach folgten wir, von der Natur, den wahren un- leugbaren Schlüssen: "Daß Thiere denken, Menschen meynen, und daß allein die Engel wissen! Ver-
Hochmuth, eine Quelle des menſchl. Ungluͤcks. “Bloß durch Bewunderung, geehrt. Die Wiſſens-Sucht, wornach wir ſtreben, “Dient minder unſers Schoͤpfers Weisheit, als unſre Weisheit, zu erheben: “Da wir, was Gott uns hier verborgen, und das Ge- heimniß Seiner Macht, “Jhm gleichſam abzulauren ſuchen. Gott hat die Welt hervorgebracht “Zu unſerm Nutzen, uns zur Luſt: Wir aber wollen gruͤndlich wiſſen, “Wie Er gewirkt; und daß Er ſo, und anders nicht, verfahren muͤſſen. “Steckt nicht, in dieſem Unterfangen, “Der Eva ſtraͤflichs, ihr vom Teufel ſelbſt eingegebenes, Verlangen, “Zu ſeyn, wie Gott? Dieß iſt die Quelle, woraus ſo vieles Ungluͤck fließt, “Und Zank, und Ketzerey, und Neid, ſich auf die Sterb- lichen ergießt: “Die ſonſt, gemeinſchaftlich, die Wahrheit, auf Erden, ruhig ſuchen koͤnnten, “Wenn ſie das privativſche Wiſſen, und Stolz, und Eigenſinn, nicht trennten. “Ach folgten wir, von der Natur, den wahren un- leugbaren Schluͤſſen: “Daß Thiere denken, Menſchen meynen, und daß allein die Engel wiſſen! Ver-
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Hochmuth, eine Quelle des menſchl. Ungluͤcks.
“Bloß durch Bewunderung, geehrt. Die Wiſſens-
Sucht, wornach wir ſtreben,
“Dient minder unſers Schoͤpfers Weisheit, als unſre
Weisheit, zu erheben:
“Da wir, was Gott uns hier verborgen, und das Ge-
heimniß Seiner Macht,
“Jhm gleichſam abzulauren ſuchen. Gott hat die Welt
hervorgebracht
“Zu unſerm Nutzen, uns zur Luſt: Wir aber wollen
gruͤndlich wiſſen,
“Wie Er gewirkt; und daß Er ſo, und anders nicht,
verfahren muͤſſen.
“Steckt nicht, in dieſem Unterfangen,
“Der Eva ſtraͤflichs, ihr vom Teufel ſelbſt eingegebenes,
Verlangen,
“Zu ſeyn, wie Gott? Dieß iſt die Quelle, woraus
ſo vieles Ungluͤck fließt,
“Und Zank, und Ketzerey, und Neid, ſich auf die Sterb-
lichen ergießt:
“Die ſonſt, gemeinſchaftlich, die Wahrheit, auf Erden,
ruhig ſuchen koͤnnten,
“Wenn ſie das privativſche Wiſſen, und Stolz, und
Eigenſinn, nicht trennten.
“Ach folgten wir, von der Natur, den wahren un-
leugbaren Schluͤſſen:
“Daß Thiere denken, Menſchen meynen, und daß
allein die Engel wiſſen!
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