Und fröhlich hüpfen, tanzen, springen; bald vorn, bald seitenwärts, sich drehn: Sie liessen bald die schwarze Seite, und bald die weisse wieder, sehn.
Jch dachte diesem Handel nach; und fiel, bey die- sem Spiel, mir bey: "Wie es, in unsrer ganzen Welt, nicht anders fast bestellet sey. "Es hat ein jedes Ding zwo Seiten: halb ist es häß- lich, und halb schön. "Wer klug ist, suchet stets von sich die weisse Seite vorzudrehn.
"Wenn wir nun recht vernünftig wären; so müßten wir uns auch bemühen, "Von allen Gegenwürfen stets die beste Seite vorzu- ziehen: "Weil, da doch nichts hier völlig weiß, wir, wenigstens mit größern Freuden, "Am Nächsten uns vergnügen könnten, und unser Aug' am Weissen weiden.
Die
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Von der Zweyſeitigkeit aller Dinge.
Und froͤhlich huͤpfen, tanzen, ſpringen; bald vorn, bald ſeitenwaͤrts, ſich drehn: Sie lieſſen bald die ſchwarze Seite, und bald die weiſſe wieder, ſehn.
Jch dachte dieſem Handel nach; und fiel, bey die- ſem Spiel, mir bey: “Wie es, in unſrer ganzen Welt, nicht anders faſt beſtellet ſey. “Es hat ein jedes Ding zwo Seiten: halb iſt es haͤß- lich, und halb ſchoͤn. “Wer klug iſt, ſuchet ſtets von ſich die weiſſe Seite vorzudrehn.
“Wenn wir nun recht vernuͤnftig waͤren; ſo muͤßten wir uns auch bemuͤhen, “Von allen Gegenwuͤrfen ſtets die beſte Seite vorzu- ziehen: “Weil, da doch nichts hier voͤllig weiß, wir, wenigſtens mit groͤßern Freuden, “Am Naͤchſten uns vergnuͤgen koͤnnten, und unſer Aug’ am Weiſſen weiden.
Die
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Von der Zweyſeitigkeit aller Dinge.
Und froͤhlich huͤpfen, tanzen, ſpringen; bald vorn, bald
ſeitenwaͤrts, ſich drehn:
Sie lieſſen bald die ſchwarze Seite, und bald die weiſſe
wieder, ſehn.
Jch dachte dieſem Handel nach; und fiel, bey die-
ſem Spiel, mir bey:
“Wie es, in unſrer ganzen Welt, nicht anders faſt
beſtellet ſey.
“Es hat ein jedes Ding zwo Seiten: halb iſt es haͤß-
lich, und halb ſchoͤn.
“Wer klug iſt, ſuchet ſtets von ſich die weiſſe Seite
vorzudrehn.
“Wenn wir nun recht vernuͤnftig waͤren; ſo muͤßten
wir uns auch bemuͤhen,
“Von allen Gegenwuͤrfen ſtets die beſte Seite vorzu-
ziehen:
“Weil, da doch nichts hier voͤllig weiß, wir, wenigſtens
mit groͤßern Freuden,
“Am Naͤchſten uns vergnuͤgen koͤnnten, und unſer Aug’
am Weiſſen weiden.
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 453. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/467>, abgerufen am 24.11.2024.
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