Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Vertheidigung "Sich, Gott zum Ruhm, daran vergnügen. Wie die Verleger es bewähren, "Die eine neue Auflag bald, bald einen neuen Theil, begehren. "Es ist ja keine Möglichkeit noch Hoffnung, auf der Erden, allen "Mit so verschiednen Meynungen erfüllten Menschen, zu gefallen. Warum ich zu so schwehren Pflichten, so wie du fragst, mich selbst verdammt, Da ich doch kein bestellter Lehrer? So höre: "Mein Betragen stammt "Aus einer allgemeinen Pflicht. Die allgemeine Men- schen-Liebe "Jst einzig, welche mich, für dich und mich, zu dieser Arbeit triebe. Es ist ein Trieb, sich zu vergnügen, bey allen Men- schen, allgemein: Ein jeder wünschet, rennet, laufft, und sehnet sich, ver- gnügt zu seyn. Ein jeder sucht verschiedne Wege, zu seinem Endzweck zu gelangen: Ein jeder irrt in seiner Wahl; fast einen jeden täuscht der Schein. Der eine glaubet: Das Vergnügen besteh' in Hoheit, Pracht und Prangen. Der andre siehet volle Kasten für Quellen des Ver- gnügens an. Der meynt: Daß man ohn Wein und Weiber unmöglich sich vergnügen kann. Dieß
Vertheidigung “Sich, Gott zum Ruhm, daran vergnuͤgen. Wie die Verleger es bewaͤhren, “Die eine neue Auflag bald, bald einen neuen Theil, begehren. “Es iſt ja keine Moͤglichkeit noch Hoffnung, auf der Erden, allen “Mit ſo verſchiednen Meynungen erfuͤllten Menſchen, zu gefallen. Warum ich zu ſo ſchwehren Pflichten, ſo wie du fragſt, mich ſelbſt verdammt, Da ich doch kein beſtellter Lehrer? So hoͤre: “Mein Betragen ſtammt “Aus einer allgemeinen Pflicht. Die allgemeine Men- ſchen-Liebe “Jſt einzig, welche mich, fuͤr dich und mich, zu dieſer Arbeit triebe. Es iſt ein Trieb, ſich zu vergnuͤgen, bey allen Men- ſchen, allgemein: Ein jeder wuͤnſchet, rennet, laufft, und ſehnet ſich, ver- gnuͤgt zu ſeyn. Ein jeder ſucht verſchiedne Wege, zu ſeinem Endzweck zu gelangen: Ein jeder irrt in ſeiner Wahl; faſt einen jeden taͤuſcht der Schein. Der eine glaubet: Das Vergnuͤgen beſteh’ in Hoheit, Pracht und Prangen. Der andre ſiehet volle Kaſten fuͤr Quellen des Ver- gnuͤgens an. Der meynt: Daß man ohn Wein und Weiber unmoͤglich ſich vergnuͤgen kann. Dieß
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Vertheidigung
“Sich, Gott zum Ruhm, daran vergnuͤgen. Wie
die Verleger es bewaͤhren,
“Die eine neue Auflag bald, bald einen neuen Theil,
begehren.
“Es iſt ja keine Moͤglichkeit noch Hoffnung, auf der
Erden, allen
“Mit ſo verſchiednen Meynungen erfuͤllten Menſchen,
zu gefallen.
Warum ich zu ſo ſchwehren Pflichten, ſo wie du fragſt,
mich ſelbſt verdammt,
Da ich doch kein beſtellter Lehrer? So hoͤre: “Mein
Betragen ſtammt
“Aus einer allgemeinen Pflicht. Die allgemeine Men-
ſchen-Liebe
“Jſt einzig, welche mich, fuͤr dich und mich, zu dieſer
Arbeit triebe.
Es iſt ein Trieb, ſich zu vergnuͤgen, bey allen Men-
ſchen, allgemein:
Ein jeder wuͤnſchet, rennet, laufft, und ſehnet ſich, ver-
gnuͤgt zu ſeyn.
Ein jeder ſucht verſchiedne Wege, zu ſeinem Endzweck
zu gelangen:
Ein jeder irrt in ſeiner Wahl; faſt einen jeden taͤuſcht
der Schein.
Der eine glaubet: Das Vergnuͤgen beſteh’ in Hoheit,
Pracht und Prangen.
Der andre ſiehet volle Kaſten fuͤr Quellen des Ver-
gnuͤgens an.
Der meynt: Daß man ohn Wein und Weiber
unmoͤglich ſich vergnuͤgen kann.
Dieß
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