Hörst du denn noch nicht auf, mein Geist! in dei- nen Schriften auszuschweifen? Die Menschen, die doch deines Gleichen, mit Unterricht zu überhäufen? Jhr allgemeines Thun zu tadeln? und einer neuen Wahr- heit Licht Denselben gleichsam aufzudringen? Wer hat doch, zu so schwehrer Pflicht, Dich anders, als du selbst, verdammt? Von wem bist du zu einem Lehrer Des menschlichen Geschlechts bestellt? Bemerkst du nicht, daß deine Hörer So vieler Lehren überdrüßig, dieselbigen nicht ferner lesen; Und, lesen sie sie gleich einmal, doch bleiben, wie sie vor gewesen? Was willt du doch, besinne dich! auf die nicht ungerech- ten Fragen, Die die Erfahrung ja bewährt, betrogner Geist! zur Antwort sagen?
Ja,
8 Theil. E e
Vertheidigung meines vielen Schreibens.
Hoͤrſt du denn noch nicht auf, mein Geiſt! in dei- nen Schriften auszuſchweifen? Die Menſchen, die doch deines Gleichen, mit Unterricht zu uͤberhaͤufen? Jhr allgemeines Thun zu tadeln? und einer neuen Wahr- heit Licht Denſelben gleichſam aufzudringen? Wer hat doch, zu ſo ſchwehrer Pflicht, Dich anders, als du ſelbſt, verdammt? Von wem biſt du zu einem Lehrer Des menſchlichen Geſchlechts beſtellt? Bemerkſt du nicht, daß deine Hoͤrer So vieler Lehren uͤberdruͤßig, dieſelbigen nicht ferner leſen; Und, leſen ſie ſie gleich einmal, doch bleiben, wie ſie vor geweſen? Was willt du doch, beſinne dich! auf die nicht ungerech- ten Fragen, Die die Erfahrung ja bewaͤhrt, betrogner Geiſt! zur Antwort ſagen?
Ja,
8 Theil. E e
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[[433]/0447]
Vertheidigung
meines vielen Schreibens.
Hoͤrſt du denn noch nicht auf, mein Geiſt! in dei-
nen Schriften auszuſchweifen?
Die Menſchen, die doch deines Gleichen, mit Unterricht
zu uͤberhaͤufen?
Jhr allgemeines Thun zu tadeln? und einer neuen Wahr-
heit Licht
Denſelben gleichſam aufzudringen? Wer hat doch, zu
ſo ſchwehrer Pflicht,
Dich anders, als du ſelbſt, verdammt? Von wem biſt
du zu einem Lehrer
Des menſchlichen Geſchlechts beſtellt? Bemerkſt du nicht,
daß deine Hoͤrer
So vieler Lehren uͤberdruͤßig, dieſelbigen nicht ferner
leſen;
Und, leſen ſie ſie gleich einmal, doch bleiben, wie ſie vor
geweſen?
Was willt du doch, beſinne dich! auf die nicht ungerech-
ten Fragen,
Die die Erfahrung ja bewaͤhrt, betrogner Geiſt! zur
Antwort ſagen?
Ja,
8 Theil. E e
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Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. [433]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/447>, abgerufen am 24.11.2024.
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