Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.Die schöne Nacht. Jch trat nachher, im Dunklen, in den Saal, Und fand denselben angefüllet Vom sanften Licht, vom Silber-weissen Strahl, Der aus des Mondes Scheibe quillet, Nebst einigen formirten netten Schatten Von Blättern, die, von angestrahlten Zweigen, Sich überall gebildet hatten, Und sich hier an der Wand, dort auf dem Boden, zeigen. Welch angenehmes Schatten-Spiel, Als ich drauf achtete, mir inniglich gefiel. Die Lust ward noch vermehrt, Als ich mich, linker Hand, Nach den durchstrahlten Fenstern, kehrt', Und alle Scheiben bunt, von Licht und Schatten, fand. Das angestrahlte Glas war nicht, wie sonst, so glatt, Schien minder klar, und etwas matt; Doch schien es weisser noch, als sonst: wodurch die Schatten Der Blätter, welche sich darauf gebildet hatten, Um so viel deutlicher und zierlicher sich zeigten. Wie sich, vom linden West, die wahren Blätter beugten; So beugten, regten sich, und schwebten Die Schatten-Blätter, fast als wenn sie lebten. Jch stund dann auch, durch dieses Glanzes Fülle Nicht weniger gerühret, stille, Und ward, durch diese lichte Pracht, Bey dieser wunderschönen Nacht, Zu folgenden Betrachtungen gebracht. Mein B 5
Die ſchoͤne Nacht. Jch trat nachher, im Dunklen, in den Saal, Und fand denſelben angefuͤllet Vom ſanften Licht, vom Silber-weiſſen Strahl, Der aus des Mondes Scheibe quillet, Nebſt einigen formirten netten Schatten Von Blaͤttern, die, von angeſtrahlten Zweigen, Sich uͤberall gebildet hatten, Und ſich hier an der Wand, dort auf dem Boden, zeigen. Welch angenehmes Schatten-Spiel, Als ich drauf achtete, mir inniglich gefiel. Die Luſt ward noch vermehrt, Als ich mich, linker Hand, Nach den durchſtrahlten Fenſtern, kehrt’, Und alle Scheiben bunt, von Licht und Schatten, fand. Das angeſtrahlte Glas war nicht, wie ſonſt, ſo glatt, Schien minder klar, und etwas matt; Doch ſchien es weiſſer noch, als ſonſt: wodurch die Schatten Der Blaͤtter, welche ſich darauf gebildet hatten, Um ſo viel deutlicher und zierlicher ſich zeigten. Wie ſich, vom linden Weſt, die wahren Blaͤtter beugten; So beugten, regten ſich, und ſchwebten Die Schatten-Blaͤtter, faſt als wenn ſie lebten. Jch ſtund dann auch, durch dieſes Glanzes Fuͤlle Nicht weniger geruͤhret, ſtille, Und ward, durch dieſe lichte Pracht, Bey dieſer wunderſchoͤnen Nacht, Zu folgenden Betrachtungen gebracht. Mein B 5
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Die ſchoͤne Nacht.
Jch trat nachher, im Dunklen, in den Saal,
Und fand denſelben angefuͤllet
Vom ſanften Licht, vom Silber-weiſſen Strahl,
Der aus des Mondes Scheibe quillet,
Nebſt einigen formirten netten Schatten
Von Blaͤttern, die, von angeſtrahlten Zweigen,
Sich uͤberall gebildet hatten,
Und ſich hier an der Wand, dort auf dem Boden, zeigen.
Welch angenehmes Schatten-Spiel,
Als ich drauf achtete, mir inniglich gefiel.
Die Luſt ward noch vermehrt,
Als ich mich, linker Hand,
Nach den durchſtrahlten Fenſtern, kehrt’,
Und alle Scheiben bunt, von Licht und Schatten, fand.
Das angeſtrahlte Glas war nicht, wie ſonſt, ſo glatt,
Schien minder klar, und etwas matt;
Doch ſchien es weiſſer noch, als ſonſt: wodurch die
Schatten
Der Blaͤtter, welche ſich darauf gebildet hatten,
Um ſo viel deutlicher und zierlicher ſich zeigten.
Wie ſich, vom linden Weſt, die wahren Blaͤtter beugten;
So beugten, regten ſich, und ſchwebten
Die Schatten-Blaͤtter, faſt als wenn ſie lebten.
Jch ſtund dann auch, durch dieſes Glanzes Fuͤlle
Nicht weniger geruͤhret, ſtille,
Und ward, durch dieſe lichte Pracht,
Bey dieſer wunderſchoͤnen Nacht,
Zu folgenden Betrachtungen gebracht.
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