Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Die schöne Nacht.
Ein schön- und zierliches Gebäude,
Das oben, wo der Berg am stärksten sich erhöht,
Nebst zween geraden Flügeln, steht,
Jst unsrer Augen Ziel. Vor diesen stehn sechs Bogen
Von Linden, nach der Kunst gezogen,
Auf welchem sechs erhabne Stämme sich,
Jn richtig zugespitzten Zweigen,
Recht zierlich, künst- und meisterlich,
Als wie Laurieren-Kronen, zeigen.
Dieß alles traf, in dieser schönen Nacht,
Des Mondes heller Strahl.
Es stund das Haus in einer weissen Pracht:
Der Bäume Dunkelheit
Erhob des Lichtes Herrlichkeit;
Ja machten solche scharfe Schatten,
Daß wir, am weißlichten Gebäude,
Statt sechs, zu noch vermehrter Freude,
Zwölf Bäume zu bemerken hatten.
Durch diese funkelten, recht wie ein heller Tag,
So hell, daß es nicht zu beschreiben,
Die angestrahlten Fenster-Scheiben,
Vom hellen Mond, im Wiederschlag.
Hiedurch war das Gebäude ganz
Jlluminirt; es fiel und schien,
Erhöhet durch der Bäume Dunkel-Grün,
Jn netter Simmetrie, ein solcher Glanz,
Ein solches Funkeln, solch ein Licht,
Jn unser fast darob erstaunetes Gesicht,
Daß wir, erstarret, stille stunden,
Und uns recht innerlich dadurch gerühret funden.
Jch
Die ſchoͤne Nacht.
Ein ſchoͤn- und zierliches Gebaͤude,
Das oben, wo der Berg am ſtaͤrkſten ſich erhoͤht,
Nebſt zween geraden Fluͤgeln, ſteht,
Jſt unſrer Augen Ziel. Vor dieſen ſtehn ſechs Bogen
Von Linden, nach der Kunſt gezogen,
Auf welchem ſechs erhabne Staͤmme ſich,
Jn richtig zugeſpitzten Zweigen,
Recht zierlich, kuͤnſt- und meiſterlich,
Als wie Laurieren-Kronen, zeigen.
Dieß alles traf, in dieſer ſchoͤnen Nacht,
Des Mondes heller Strahl.
Es ſtund das Haus in einer weiſſen Pracht:
Der Baͤume Dunkelheit
Erhob des Lichtes Herrlichkeit;
Ja machten ſolche ſcharfe Schatten,
Daß wir, am weißlichten Gebaͤude,
Statt ſechs, zu noch vermehrter Freude,
Zwoͤlf Baͤume zu bemerken hatten.
Durch dieſe funkelten, recht wie ein heller Tag,
So hell, daß es nicht zu beſchreiben,
Die angeſtrahlten Fenſter-Scheiben,
Vom hellen Mond, im Wiederſchlag.
Hiedurch war das Gebaͤude ganz
Jlluminirt; es fiel und ſchien,
Erhoͤhet durch der Baͤume Dunkel-Gruͤn,
Jn netter Simmetrie, ein ſolcher Glanz,
Ein ſolches Funkeln, ſolch ein Licht,
Jn unſer faſt darob erſtaunetes Geſicht,
Daß wir, erſtarret, ſtille ſtunden,
Und uns recht innerlich dadurch geruͤhret funden.
Jch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0038" n="24"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Die &#x017F;cho&#x0364;ne Nacht.</hi> </fw><lb/>
              <lg n="5">
                <l>Ein &#x017F;cho&#x0364;n- und zierliches Geba&#x0364;ude,</l><lb/>
                <l>Das oben, wo der Berg am &#x017F;ta&#x0364;rk&#x017F;ten &#x017F;ich erho&#x0364;ht,</l><lb/>
                <l>Neb&#x017F;t zween geraden Flu&#x0364;geln, &#x017F;teht,</l><lb/>
                <l>J&#x017F;t un&#x017F;rer Augen Ziel. Vor die&#x017F;en &#x017F;tehn &#x017F;echs Bogen</l><lb/>
                <l>Von Linden, nach der Kun&#x017F;t gezogen,</l><lb/>
                <l>Auf welchem &#x017F;echs erhabne Sta&#x0364;mme &#x017F;ich,</l><lb/>
                <l>Jn richtig zuge&#x017F;pitzten Zweigen,</l><lb/>
                <l>Recht zierlich, ku&#x0364;n&#x017F;t- und mei&#x017F;terlich,</l><lb/>
                <l>Als wie Laurieren-Kronen, zeigen.</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="6">
                <l>Dieß alles traf, in die&#x017F;er &#x017F;cho&#x0364;nen Nacht,</l><lb/>
                <l>Des Mondes heller Strahl.</l><lb/>
                <l>Es &#x017F;tund das Haus in einer wei&#x017F;&#x017F;en Pracht:</l><lb/>
                <l>Der Ba&#x0364;ume Dunkelheit</l><lb/>
                <l>Erhob des Lichtes Herrlichkeit;</l><lb/>
                <l>Ja machten &#x017F;olche &#x017F;charfe Schatten,</l><lb/>
                <l>Daß wir, am weißlichten Geba&#x0364;ude,</l><lb/>
                <l>Statt &#x017F;echs, zu noch vermehrter Freude,</l><lb/>
                <l>Zwo&#x0364;lf Ba&#x0364;ume zu bemerken hatten.</l><lb/>
                <l>Durch die&#x017F;e funkelten, recht wie ein heller Tag,</l><lb/>
                <l>So hell, daß es nicht zu be&#x017F;chreiben,</l><lb/>
                <l>Die ange&#x017F;trahlten Fen&#x017F;ter-Scheiben,</l><lb/>
                <l>Vom hellen Mond, im Wieder&#x017F;chlag.</l><lb/>
                <l>Hiedurch war das Geba&#x0364;ude ganz</l><lb/>
                <l>Jlluminirt; es fiel und &#x017F;chien,</l><lb/>
                <l>Erho&#x0364;het durch der Ba&#x0364;ume Dunkel-Gru&#x0364;n,</l><lb/>
                <l>Jn netter Simmetrie, ein &#x017F;olcher Glanz,</l><lb/>
                <l>Ein &#x017F;olches Funkeln, &#x017F;olch ein Licht,</l><lb/>
                <l>Jn un&#x017F;er fa&#x017F;t darob er&#x017F;taunetes Ge&#x017F;icht,</l><lb/>
                <l>Daß wir, er&#x017F;tarret, &#x017F;tille &#x017F;tunden,</l><lb/>
                <l>Und uns recht innerlich dadurch geru&#x0364;hret funden.</l>
              </lg><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0038] Die ſchoͤne Nacht. Ein ſchoͤn- und zierliches Gebaͤude, Das oben, wo der Berg am ſtaͤrkſten ſich erhoͤht, Nebſt zween geraden Fluͤgeln, ſteht, Jſt unſrer Augen Ziel. Vor dieſen ſtehn ſechs Bogen Von Linden, nach der Kunſt gezogen, Auf welchem ſechs erhabne Staͤmme ſich, Jn richtig zugeſpitzten Zweigen, Recht zierlich, kuͤnſt- und meiſterlich, Als wie Laurieren-Kronen, zeigen. Dieß alles traf, in dieſer ſchoͤnen Nacht, Des Mondes heller Strahl. Es ſtund das Haus in einer weiſſen Pracht: Der Baͤume Dunkelheit Erhob des Lichtes Herrlichkeit; Ja machten ſolche ſcharfe Schatten, Daß wir, am weißlichten Gebaͤude, Statt ſechs, zu noch vermehrter Freude, Zwoͤlf Baͤume zu bemerken hatten. Durch dieſe funkelten, recht wie ein heller Tag, So hell, daß es nicht zu beſchreiben, Die angeſtrahlten Fenſter-Scheiben, Vom hellen Mond, im Wiederſchlag. Hiedurch war das Gebaͤude ganz Jlluminirt; es fiel und ſchien, Erhoͤhet durch der Baͤume Dunkel-Gruͤn, Jn netter Simmetrie, ein ſolcher Glanz, Ein ſolches Funkeln, ſolch ein Licht, Jn unſer faſt darob erſtaunetes Geſicht, Daß wir, erſtarret, ſtille ſtunden, Und uns recht innerlich dadurch geruͤhret funden. Jch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/38
Zitationshilfe: Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/38>, abgerufen am 24.11.2024.