Daß er nun nicht unfruchtbar, stumpf, ohn Kunst und Wissenschaften, bliebe, Und etwas, diese zu erlangen, ihn unauf hörlich spornt' und triebe, Hat er, zum weisen Zweck, den Mangel ihm, zum Ge- fährten, zugegeben; Damit er sich, stets zu verbessern, und künstlicher zu seyn, bestreben, Und nimmer müßig bleiben möchte. Denn dieß wird jeder zugestehn, Daß, wenn wir nicht auf Speis' und Trank, und uns zu kleiden, müßten sehn, Und alles dieß, im Ueberfluß, sich überall zugegen fünde, Der Menschen Geist, von allen Dingen, unstreitig, we- niger verstünde; Die allerbesten Kräfte würden, mit noch vermehrtem Unvergnügen, Und wo nicht lauter Unkraut tragen, doch unglückselig Braache liegen.
Doch, eh' ich die Gedanken schliesse, muß ich, zum Trost noch für die Armen, Ein Wort der Wahrheit hier erwehnen. Habt ihr auf Erden minder Freuden, Und müßt ihr, bey der Dürftigkeit, ein mehrers, als die Reichen, leiden; So glaubt gewißlich, euer Vater wird sich schon eurer auch erbarmen, Und was ihr, in der kurzen Zeit, Nach Seiner weisen Ordnung, duldet, in jener langen Ewigkeit,
Mit
Nutzen des Mangels,
Daß er nun nicht unfruchtbar, ſtumpf, ohn Kunſt und Wiſſenſchaften, bliebe, Und etwas, dieſe zu erlangen, ihn unauf hoͤrlich ſpornt’ und triebe, Hat er, zum weiſen Zweck, den Mangel ihm, zum Ge- faͤhrten, zugegeben; Damit er ſich, ſtets zu verbeſſern, und kuͤnſtlicher zu ſeyn, beſtreben, Und nimmer muͤßig bleiben moͤchte. Denn dieß wird jeder zugeſtehn, Daß, wenn wir nicht auf Speiſ’ und Trank, und uns zu kleiden, muͤßten ſehn, Und alles dieß, im Ueberfluß, ſich uͤberall zugegen fuͤnde, Der Menſchen Geiſt, von allen Dingen, unſtreitig, we- niger verſtuͤnde; Die allerbeſten Kraͤfte wuͤrden, mit noch vermehrtem Unvergnuͤgen, Und wo nicht lauter Unkraut tragen, doch ungluͤckſelig Braache liegen.
Doch, eh’ ich die Gedanken ſchlieſſe, muß ich, zum Troſt noch fuͤr die Armen, Ein Wort der Wahrheit hier erwehnen. Habt ihr auf Erden minder Freuden, Und muͤßt ihr, bey der Duͤrftigkeit, ein mehrers, als die Reichen, leiden; So glaubt gewißlich, euer Vater wird ſich ſchon eurer auch erbarmen, Und was ihr, in der kurzen Zeit, Nach Seiner weiſen Ordnung, duldet, in jener langen Ewigkeit,
Mit
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0324"n="310"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Nutzen des Mangels,</hi></fw><lb/><lgn="46"><l>Daß er nun nicht unfruchtbar, ſtumpf, ohn Kunſt und<lb/><hirendition="#et">Wiſſenſchaften, bliebe,</hi></l><lb/><l>Und etwas, dieſe zu erlangen, ihn unauf hoͤrlich ſpornt’<lb/><hirendition="#et">und triebe,</hi></l><lb/><l>Hat er, zum weiſen Zweck, den Mangel ihm, zum Ge-<lb/><hirendition="#et">faͤhrten, zugegeben;</hi></l><lb/><l>Damit er ſich, ſtets zu verbeſſern, und kuͤnſtlicher zu ſeyn,<lb/><hirendition="#et">beſtreben,</hi></l><lb/><l>Und nimmer muͤßig bleiben moͤchte. Denn dieß wird<lb/><hirendition="#et">jeder zugeſtehn,</hi></l><lb/><l>Daß, wenn wir nicht auf Speiſ’ und Trank, und uns<lb/><hirendition="#et">zu kleiden, muͤßten ſehn,</hi></l><lb/><l>Und alles dieß, im Ueberfluß, ſich uͤberall zugegen<lb/><hirendition="#et">fuͤnde,</hi></l><lb/><l>Der Menſchen Geiſt, von allen Dingen, unſtreitig, we-<lb/><hirendition="#et">niger verſtuͤnde;</hi></l><lb/><l>Die allerbeſten Kraͤfte wuͤrden, mit noch vermehrtem<lb/><hirendition="#et">Unvergnuͤgen,</hi></l><lb/><l>Und wo nicht lauter Unkraut tragen, doch ungluͤckſelig<lb/><hirendition="#et">Braache liegen.</hi></l></lg><lb/><lgn="47"><l>Doch, eh’ ich die Gedanken ſchlieſſe, muß ich, zum<lb/><hirendition="#et">Troſt noch fuͤr die Armen,</hi></l><lb/><l>Ein Wort der Wahrheit hier erwehnen. Habt ihr auf<lb/><hirendition="#et">Erden minder Freuden,</hi></l><lb/><l>Und muͤßt ihr, bey der Duͤrftigkeit, ein mehrers, als die<lb/><hirendition="#et">Reichen, leiden;</hi></l><lb/><l>So glaubt gewißlich, euer Vater wird ſich ſchon eurer<lb/><hirendition="#et">auch erbarmen,</hi></l><lb/><l>Und was ihr, in der kurzen Zeit,</l><lb/><l>Nach Seiner weiſen Ordnung, duldet, in jener langen<lb/><hirendition="#et">Ewigkeit,</hi></l></lg><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Mit</fw><lb/></lg></div></div></div></body></text></TEI>
[310/0324]
Nutzen des Mangels,
Daß er nun nicht unfruchtbar, ſtumpf, ohn Kunſt und
Wiſſenſchaften, bliebe,
Und etwas, dieſe zu erlangen, ihn unauf hoͤrlich ſpornt’
und triebe,
Hat er, zum weiſen Zweck, den Mangel ihm, zum Ge-
faͤhrten, zugegeben;
Damit er ſich, ſtets zu verbeſſern, und kuͤnſtlicher zu ſeyn,
beſtreben,
Und nimmer muͤßig bleiben moͤchte. Denn dieß wird
jeder zugeſtehn,
Daß, wenn wir nicht auf Speiſ’ und Trank, und uns
zu kleiden, muͤßten ſehn,
Und alles dieß, im Ueberfluß, ſich uͤberall zugegen
fuͤnde,
Der Menſchen Geiſt, von allen Dingen, unſtreitig, we-
niger verſtuͤnde;
Die allerbeſten Kraͤfte wuͤrden, mit noch vermehrtem
Unvergnuͤgen,
Und wo nicht lauter Unkraut tragen, doch ungluͤckſelig
Braache liegen.
Doch, eh’ ich die Gedanken ſchlieſſe, muß ich, zum
Troſt noch fuͤr die Armen,
Ein Wort der Wahrheit hier erwehnen. Habt ihr auf
Erden minder Freuden,
Und muͤßt ihr, bey der Duͤrftigkeit, ein mehrers, als die
Reichen, leiden;
So glaubt gewißlich, euer Vater wird ſich ſchon eurer
auch erbarmen,
Und was ihr, in der kurzen Zeit,
Nach Seiner weiſen Ordnung, duldet, in jener langen
Ewigkeit,
Mit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brockes, Barthold Heinrich: Jrdisches Vergnügen in Gott, bestehend in Physicalisch- und Moralischen Gedichten. Bd. 8. Hamburg, 1746, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brockes_vergnuegen08_1746/324>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.